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Kita ohne Namen

Warum eine Einrichtung lieber nicht mehr wie Fabelwesen oder Tiere heißen darf, erschließt sich nicht jedem. Wie geht es weiter?

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© Symbolbild: dpa

Von Marcus Herrmann

Meißen. Um die vor einigen Monaten geäußerte Kritik des Fraktionsvorsitzenden der Grünen/SPD/Freie Bürger Heiko Schulze zu entkräften, dürfte der Sozial- und Kulturausschuss (SKA) der Stadt Meißen am Mittwochabend nicht beigetragen haben. Schulze hatte bemängelt, dass der Ausschuss eine zu geringe Gewichtung habe, zu oft schlecht besucht sei. Das war aber nicht der Grund, warum es am Mittwochabend einiges Kopfschütteln gegeben hatte.

Eigentlich sollte der Name für die vor-aussichtlich im November startende, neue Kita am Kalkberg bestimmt werden. Dafür hatte Familienamtsleiterin Daniela Schliwa drei Vorschläge mitgebracht. Sie lauteten: „Kinderhaus Alte Rebschule“, „Kinder(t)räume Am Kalkberg“ und „Kinderhaus Am Kalkberg“. Zuvor waren Bürger der Stadt im Amtsblatt aufgerufen worden, ihre Vorschläge mitzuteilen. Zehn verschiedene Ideen waren laut Aussage der Amtsleiterin eingegangen. Die drei genannten blieben „nach fachlicher Prüfung“ und dahingehend, inwieweit sie „den rechtlichen und pädagogischen Anforderungen entsprechen“, übrig. Die restlichen sieben haben diesen wohl nicht standgehalten. Gefallen fand jedoch keiner der drei Vorschläge, sodass die Kita vorerst namenlos bliebt.

Allgemeines Unverständnis äußerten die Anwesenden hinsichtlich der Formulierung Kinderhaus. Dies erinnere zu sehr an Frauenhaus oder Kinderheim, befanden die Redner. Auch der Vorschlag „Kinder(t)räume am Kalkberg“ wurde als viel zu sperrig empfunden. Auf die Nachfrage von Oliver Morof (ULM/FDP), warum denn nicht ein Name mit Verniedlichungsform – etwa eines Tieres oder Fabelwesens – infrage kommt, verwies Daniela Schliwa auf den Sächsischen Bildungsplan.

Sächsischer Bildungsplan

Der aktuelle Leitfaden hat 189 Seiten und bietet die Arbeitsgrundlage für die Kindertageseinrichtungen und die Kindertagespflege in Sachsen.

Auftraggeber ist das Ministerium für Kultus. Der Plan soll das Sächsische Gesetz über Kindertageseinrichtungen mit Leben füllen, stellt laut Herausgeber aber kein Dogma dar, sondern „eher einen Kompass für die Weiterentwicklung der pädagogischen Kompetenz“.

Der Plan gibt umfassende pädagogische Handlungshinweise, u.a. zu Kommunikation und Sozialer Bildung. Er wird fortlaufend ergänzt.

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Aus diesem gehe hervor, dass in modernen Kitas den Kindern stets „auf Augenhöhe“ begegnet werden müsse, weshalb Bezeichnungen wie Mäuse, Zwerge, Käfer oder Ähnliches als Namen nicht mehr verwendet werden sollten. In Meißen heißen Kitas zum Beispiel Plossenkäfer, Nassau-Mücken oder Meißner Spatzen – laut Bildungsplan wohl nicht mehr zeitgemäß.

Dieser fast 200 Seiten lange Plan ist ein Leitfaden für pädagogische Fachkräfte in Kinderkrippen und Kindergärten und wurde im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus durch Sozialpädagogen der TU Dresden erarbeitet.

Die SZ wollte aus dem Familienamt wissen, wo genau in dem Plan steht, dass lieber nicht mehr Namen aus dem Tierreich oder vermeintlich anderen unpassenden Bereichen genutzt werden sollen? Leider war Daniela Schliwa nicht zu erreichen. Dafür antwortet Stadtsprecherin Katharina Reso, dass es wohl keinen konkreten Passus zur Namensgebung in Kitas gebe. Ist der Ansatz also nur reine Interpretation des Bildungsplanes?

„Im Wesentlichen geht es darum, angelehnt an die Empfehlungen im Bildungsplan, dass Namen, mit denen man Kinder mit Tieren oder kleinen Fabelwesen gleichsetzt, nicht mehr zeitgemäß sind“, gibt Reso die Ausführungen Schliwas vom Mittwochabend wider. Das Thema Namensgebung wurde indes zurückgestellt und soll nun im SKA im Oktober abgeschlossen werden. Bis dahin, sagte Oberbürgermeister Olaf Raschke, solle nochmals über weitere Vorschläge beraten werden.

Sie haben einen Namensvorschlag für die Kita? Senden Sie ihn an: [email protected]