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Kirchturmspitze ist zurück

In den nächsten zwei Wochen wird das Dach gedeckt. Und alles dafür vorbereitet, dass die beiden Glocken wieder heim können.

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© Norbert Millauer

Von Ines Scholze-Luft

Coswig. Beifall auf offener Szene am Donnerstagvormittag vor der Brockwitzer Kirche. Der Dachreiter – das Türmchen auf dem Turm – sitzt wieder an Ort und Stelle. Hoch oben über dem Ort strahlen Kreuz, Wetterfahne und Turmkugel. Wie die Augen all der Zuschauer, die sich die Rückkehr des Türmchens nicht entgehen lassen wollen. Und eine butterweiche Landung auf dem Dach erleben – für solches Können gibt es auch im Flieger immer wieder Applaus.

Der gilt an diesem sonnigen Herbsttag in Brockwitz den Dachdeckern der Radeburger Firma Görne, dem Team der Zimmerei Förster aus Mautitz und den Gerüstbauern der Dombauhütte Meißen ebenso wie Kranfahrer Ralf Sprung. Der Mitarbeiter des Dresdner Unternehmens Michael Mross hat bereits um 6 Uhr in der Früh mit den Vorbereitungen fürs Heben des reichlich vier Tonnen schweren Bauteils begonnen. Auf 55 Meter wird der Arm des Autokrans ausgefahren.

Was sich bewährt, als die Hebehilfen – Tragrahmen und Schlups genannte Seile – nach getaner Arbeit mit viel Feingefühl weggezogen werden müssen vom Türmchen. Damit sich nichts verhakt. Das hätte noch gefehlt – jetzt ein Schaden. Nachdem der Dachreiter so schön geworden ist. So ein süßes Türmchen, schwärmt eine Zuschauerin ganz begeistert.

Es sieht ja auch wirklich schmuck aus, das sanierte Bauteil. Mit seiner neu vergoldeten Bekrönung, die sich grazil in den blauen Himmel streckt. Mit den grauen, leicht glänzenden Schieferplatten, welche die achteckige Holzkonstruktion elegant verkleiden. Und mit den Sprossenfenstern im grauen Rahmen. Vier sind es wieder, wie im Ursprung. Dass das gute Stück ordnungsgemäß an Ort und Stelle geschwebt ist, freut den Kranfahrer. Es hat alles funktioniert, sagt er und lobt seinen Einweiser am Funk, den Zimmermann oben auf dem Turm. Das Hochheben geht sicher und schnell, dauert nur wenige Minuten.

Da haben die Zuschauer schon anderes erlebt. Auch Pfarrer Matthias Quentin denkt noch mal kurz an die Demontage des Dachreiters Mitte Mai. Als ein technologisches Problem für eine deutlich längere Wartezeit sorgte. Doch was zählt das jetzt noch, wo die Kirche endlich ihr weithin sichtbares Kennzeichen wieder hat. Ihre Turmbekrönung, als Orientierung in alle Himmelsrichtungen. Nicht nur die Brockwitzer haben das vermisst, sagt der Pfarrer. Das Kreuz als Symbol für die Kirche. Für viele ein Wegzeichen, Hilfe beim Zurechtfinden nicht nur in der Landschaft.

Bei der akustischen Orientierung muss sich Brockwitz allerdings noch gedulden. Denn die beiden Glocken warten nach der Sanierung im niederländischen Asten weiterhin auf ihre Heimreise. Zuvor muss der Glockenstuhl im Kirchturm auf Vordermann gebracht werden.

Doch erst einmal werden die Handwerker die restliche Fläche des Dachreiters schiefern. Dann wird das Kirchturmdach neu eingedeckt. Etwa 14 Tage lang haben die Dachdecker ab Montag damit zu tun, sagt Manfred Richter, der kirchliche Baupfleger. Danach ist der Glockenstuhl dran, wird überarbeitet, wegen der künftig anderen Anordnung der Glocken. Seit 1942 ist das große Glockenfeld frei, die große Glocke hängt im kleinen Feld, die Kleine davor. Bald sollen sie am je nach Größe zustehenden Platz hängen, erklärt Pfarrer Quentin. Außerdem bauen die Handwerker demnächst die Turmuhr wieder ein, mit dem von der Dresdner Turmtechnik Vogler aufgearbeiteten Zifferblatt.

Plötzlich scheint sich auch ein großer Rabe für das zu interessieren, was sich da unter ihm auf dem Kirchturm abspielt. Majestätisch schwebt er heran, zieht ein paar Runden. Ahnt er, dass die Kirchturmsanierer an die tierischen Bewohner gedacht haben? Eine aus Holzbrettern bestehende Wärmeglocke für Fledermäuse entsteht direkt unter den Giebel des Kirchenschiffs. Zwei Nistkästen erwarten Turmfalken und Dohlen, denen die Fledermausgaube ebenfalls eine Einflugchance bietet.

Menschliche Besucher müssen immer noch die Treppe nehmen, um bis zu den Glocken und zum Dachreiter zu gelangen. Damit sie sicher unterwegs sind, baut der Zimmermann die Treppe durch die Glockenstube neu, an anderer Stelle als bisher.

Wann genau alles fertig ist, kann Matthias Quentin noch nicht sagen. Er hofft, dass zum 1. Advent, dem ursprünglichen Kirchweihfest, zumindest das Geläut wieder funktioniert. Und dass der endgültige Abschluss nicht mehr zu lange auf sich warten lässt.

Dafür, dass bisher alles gut verlaufen ist, dankt er Mitwirkenden, Spendern und anderen Unterstützern. Immerhin kosten den Bauherrn, die Kirchgemeinde Brockwitz-Sörnewitz, allein die Arbeiten am Turm 170 000 Euro, das Geläut noch mal 26 000 Euro. Da weniger Fördermittel fließen als erwartet, ist auch weiterhin jede Spende willkommen.

Informationen zu Spendenmöglichkeiten gibt es im Brockwitzer Pfarramt, 03523 71744