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Kinderhaus schließt nach drei Jahren

Die Plätze im ehemaligen Felsenweginstitut in Langenhennersdorf sind nur noch zur Hälfte belegt. Eine schlüssige Erklärung dafür gibt es nicht.

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© Andreas Weihs

Von Heike Sabel und Christian Eissner

Langenhennersdorf. Nach zehn Jahren Leerstand kam vor drei Jahren die Rettung. Doch nun steht das ehemalige Ferienheim und spätere Felsenweginstitut in Langenhennersdorf wieder leer. Die Caritas schließt ihr hier im Frühjahr 2015 eröffnetes Kinderhaus St. Martin. Die Kinderwohngemeinschaft zieht zum 30. Juni aus, zwei Monate später sind auch die Jugendwohngemeinschaft und der Bereich Inobhutnahme raus. Warum kommt nach nur drei Jahren das Aus und was passiert mit den Kindern?

Warum betreibt die Caritas das Kinderheim nicht weiter?

Es rechnet sich schlichtweg nicht mehr. Von den 24 Plätzen für Kinder und Jugendliche ist seit Längerem nur etwa die Hälfte belegt. Über die Belegung entscheidet in erster Linie das Jugendamt des Landratsamtes Pirna. Es weist die Bewohner zu und bezahlt für sie.

Ende 2014 waren 243 Kinder und Jugendliche aus dem Landkreis in Heimen untergebracht. Weil die Betreuungskapazität nicht reichte, wurden sogar immer wieder Kinder in andere Landkreise verschickt, damals betraf das 98 Kinder und Jugendliche. In den ersten drei Monaten 2015, als die Caritas das Heim in Langenhennersdorf einrichtete, gab es bereits 29 neue Fälle, drei mehr als im Jahr davor.

Ist die Zahl der Kinder, die in Heimen untergebracht werden müssen, inzwischen tatsächlich gesunken? Belegen lässt sich das nicht, denn aktuelle Zahlen konnte das Landratsamt auf Nachfrage nicht nennen. Auch eine Stellungnahme zur Schließung der Langenhennersdorfer Einrichtung und zur weiteren Unterbringung der Bewohner war nicht zu erhalten. Insider mutmaßen, der Landkreis, der sich in einer äußerst angespannten Finanzsituation befindet, will die Kinder und Jugendlichen auf weniger Heime konzentrieren, um Geld zu sparen.

Die Caritas selbst spricht lediglich von einem veränderten Umfeld in der Jugendhilfe. Aus Sicht des Sozialverbandes ist die Situation im Kreis heute eine andere als vor drei Jahren. „Die finanziellen Rahmenbedingungen lassen es nicht zu, das Haus betriebswirtschaftlich annähernd gesund zu führen“, heißt es. Alternative Konzepte seien geprüft und verworfen worden.

Kreisrat Ralf Wätzig (SPD), der im Jugendhilfe-Ausschuss des Kreistages sitzt, betrachtet die Entwicklung mit Sorge. „Ende 2017 fehlten noch Heimplätze im Landkreis, und plötzlich soll es zu wenig Bedarf geben, um die Heime auszulasten?“ Seine Fragen dazu ans Landratsamt habe er bisher leider nicht zufriedenstellend beantwortet bekommen, sagt Wätzig.

Stehen die Kinder und Mitarbeiter jetzt auf der Straße?

Nein. Drei der elf noch im Heim wohnenden Kinder gehen planmäßig wieder zu ihren Eltern, zwei in andere Einrichtungen. Für die fünf jugendlichen Bewohner muss das Landratsamt Pirna eine Lösung suchen, ebenso für einen Jugendlichen, der sich hier in Inobhutnahme befindet. Die Caritas hat angeboten, Jugendliche übergangsweise im Dresdner Jugendhilfezentrum aufzunehmen. „Es ist uns bewusst, dass die Kinder und Jugendlichen eine Heimat in unserem Haus St. Martin gefunden haben“, sagt Caritas-Geschäftsführerin Juliana Schneider. Die zehn Langenhennersdorfer Mitarbeiter seien informiert worden und bekommen bei der Caritas andere Stellen.

Was wird aus dem Haus?

Die Caritas hat einen langjährigen Mietvertrag abgeschlossen. Sie sucht deshalb nach einem Nachmieter. In der Bad Gottleubaer Stadtverwaltung soll sich bereits ein Interessent gemeldet haben. Natürlich ist auch die Stadt an einer Wieder- bzw. Weiternutzung des Objektes interessiert.

Welche Angebote hat die Caritas im Landkreis noch?

Der katholische Träger unterhält Sozialstationen in Pirna und Glashütte und verschiedene Beratungsangebote. Dazu gehören unter anderem Sozial- und Flüchtlingsberatung. Die im Haus St. Martin angesiedelte ambulante Erziehungshilfe bleibt bestehen und wird dem Büro in Pirna zugeordnet. Die Caritas will Partner für den Kreis bleiben: „Unter anderen Rahmenbedingungen im Landkreis sind wir gern bereit, die Tätigkeiten als erfahrener Träger, auch der Jugendhilfe, in geeigneter Weise weiterzuführen“, heißt es.