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Kein Platz für Klipphausen

Für wachsende Gewerbegebiete und die Flurneuordnung braucht die Gemeinde Flächen, doch die hat die BVVG.

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© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Klipphausen. Seit 1992 privatisiert die Nachfolgerin der Treuhandgesellschaft – die Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) – Äcker, Wiesen, Wälder und Seen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Bis zum Jahr 2030 will die BVVG alle ehemaligen volkseigenen Flächen verkauft haben. Bis Ende vergangenen Jahres hat sie bereits eineinhalb Millionen Hektar verkauft. Ein kleiner Teil von 65 000 Hektar ist an die Länder oder von ihnen benannte Organisationen oder Einrichtungen unentgeltlich übertragen worden. Geradezu winzig nehmen sich da die landwirtschaftlichen Flächen, die der BVVG in der Gemeinde Klipphausen gehören, aus – 286 Hektar. Das hat die Kämmerin Anja Jähnigen ausgerechnet.

So winzig der Anteil der Flächen für die BVVG auch ist, für Klipphausen handelt es sich um eine große Sache. Denn, wenn die Gemeinde Straßen, Fuß- und Radwege baut, Gewerbegebiete erweitert und Flurneuordnungsverfahren durchführt und dabei Flächen verbraucht, muss sie andernorts Ausgleichsflächen vorweisen. Und das fällt der Gemeinde immer schwerer. Schon kurz nach der Wende habe man von der damaligen Treuhand Flächen im Gemeindegebiet kaufen wollen und ist damit gescheitert, so, wie man heute damit scheitert, erklärt Bürgermeister Gerold Mann: „Man kann mit Engelszungen reden, die BVVG verkauft nicht.“ Schuld seien die Regularien der Behörde, die vorsehen, landwirtschaftliche Flächen nur an Landwirte und nicht an Kommunen zu verkaufen. In der Selbstdarstellung der BVVG heißt es dazu: „Nach den Privatisierungsgrundsätzen werden frei werdende Pachtflächen grundsätzlich öffentlich ausgeschrieben. Entsprechend der zwischen Bund und Ländern vereinbarten Änderung der Privatisierungsgrundsätze hat die BVVG die Ausschreibung von Losen mit einer Größe von über 15 Hektar nach Möglichkeit zu vermeiden.“

Mit dieser Regelung soll Bodenspekulanten der Boden entzogen werden. Allerdings verkauft die BVVG nur an den Meistbietenden: „Um keinen Preisdruck zu erzeugen, gibt die BVVG in den bedingungsfreien Ausschreibungen auch keinen Orientierungswert vor. Jeder Bieter entscheidet selbst, wie viel ihm die angebotene Fläche wert ist.“ Das hat allerdings genau zum Gegenteil geführt – zu regelrechten Bieterwettkämpfen.

„Die Gemeinde braucht ständig Flächen, wir arbeiten ja fürs Gemeinwohl“, argumentiert Gerold Mann. In einem schon 2016 an Bundeskanzlerin Merkel geschriebenen Brief führt der Bürgermeister an, dass die Gemeinde nach einem siebenjährigen Flurneuordnungsverfahren für eine Straße im Ortsteil Weistropp statt 1,80 Euro plötzlich 13 Euro pro Quadratmeter bezahlen soll. Und: „Immer häufiger müssen wir mit ansehen, wie Unternehmen mit Strohmännern kostbares Ackerland für Biogas- oder Photovoltaikanlagen kaufen oder pachten können und dadurch konventionelle Landwirte in Bedrängnis bringen, den Gemeinden jedoch jede Möglichkeit zum Landerwerb verwehrt bleibt.“ In seinem Antwortschreiben erklärte der Parlamentarische Staatssekretär Peter Bleser, dass „auch Flächen für öffentliche Vorhaben ausschließlich zum aktuellen Vorhaben veräußert“ werden dürfen. Eine Antwort, warum die Gemeinde Klipphausen selbst zum aktuellen Marktwert keine Flächen kaufen kann, gab er nicht.

Auf SZ-Nachfrage bei der BVVG zum Umgang mit der Gemeinde Klipphausen, erklärt Stabsstellenleiterin Constanze Fiedler: „Seit 1992 hat die BVVG mit der Gemeinde Klipphausen 33 Kaufverträge und sechs Vereinbarungen über entgeltliche Vermögenszuordnungen abgeschlossen. Durch die Gemeinde wurden dabei rund 190 000 Quadratmeter erworben.“ Das sind also 19 Hektar. Warum die Gemeinde nichts von den noch vorhandenen 286 Hektar BVVG-Flächen im Gemeindegebiet erwerben kann, selbst wenn sie als Ausgleichsflächen weiter landwirtschaftlich genutzt werden, erschließt sich nicht.