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Kein Aufnahmestopp bei der Oberlausitzer Tafel

Anders als jetzt in Essen, bekommt in Zittau jeder Bedürftige Hilfe. Flüchtlinge arbeiten sogar in der Einrichtung.

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© Rafael Sampedro

Von Constanze Junghanß

Der Aufnahmestopp von Menschen ohne deutschen Pass bei der Essener Tafel hat in den vergangenen Tagen deutschlandweit Schlagzeilen gemacht. Das geht auch an der hiesigen Hilfseinrichtung für Bedürftige – der Oberlausitzer Tafel – nicht völlig emotionslos vorbei. „Das läuft ja nun durch sämtliche Medien und ist auch bei unseren Ausgabestellen in Zittau, Löbau, Niesky und Ebersbach aktuelles Gesprächsthema“, sagt Frank Grübe.

Der Leiter der Hilfsorganisation erzählt, dass sich vor allem die Mitarbeiter Gedanken darüber machen. Ist es richtig, Menschen von dieser Versorgung auszuschließen? Was sind die Auslöser dafür gewesen? Diese Fragen stellen sich die Helfer. Denn als Grundsatz gelte, dass die Tafeln für alle Menschen da sind. „Wir wollen und dürfen da keinen Unterschied zwischen den Bedürftigen machen“, sagt Frank Grübe. Allerdings sieht er die Entscheidung der Einrichtung in Nordrhein-Westfalen auch als einen Hilferuf. „Wir wissen nicht, wie die Situation dort vor Ort tatsächlich ist und welche Schwierigkeiten gemeistert werden müssen“, sagt er.

Sogenannte Aufnahmestopps und Wartelisten habe es zudem bei den Tafeln im Land schon immer gegeben – und das noch weit vor der Zeit, als die Flüchtlinge in größerer Anzahl nach Deutschland kamen. Die Zittauer Ausgabestelle der Tafel allerdings und auch die im Oberland und den anderen beiden Standorten in Löbau und Niesky habe das bisher noch nicht betroffen, erklärt Frank Grübe. Insofern habe die Entscheidung in Essen auch keine Auswirkungen auf die regionalen Lebensmittel-Ausgabestellen für Bedürftige.

In Zittau und bei den weiteren Standorten der Oberlausitzer Tafel stellt sich die Situation zudem in ganz anderen Dimensionen dar, als das in Essen der Fall ist. Rund 15 Prozent der Bedürftigen und der hiesigen Tafelgäste sind Flüchtlinge. Eine Minderheit also. In Löbau nutzen beispielsweise etwa 30 Asylsuchende das Hilfsangebot, berichtet der Tafel-Chef. Das seien weniger, als noch in den Vorjahren. Grund dafür sei die Fluktuation der Asylsuchenden in andere Städte. Und auch, wenn die Breite der Warenpalette allgemein in der Vergangenheit etwas zurückgegangen ist, habe es dank der Unterstützung der Spender und vor allem dank der Aufstockung an Lebensmitteln durch den Landesverband immer für alle gereicht, so Grübe.

9 000 Menschen sind bei der Oberlausitzer Tafel eingetragen. Zwei Drittel davon – also 6 000 Menschen – holen sich in den Ausgabestellen regelmäßig Lebensmittel ab. Die sind verzehrfähig, haben aber das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten. Am Anfang der sogenannten „Flüchtlingswelle“ habe es auch ab und an Neid gegeben, hat Frank Grübe beobachtet. Das legte sich aber schnell, zumal keiner der hier geborenen Bedürftigen deshalb auf seine Tafelprodukte verzichten musste.

Aus einem anderen Problem wurden Konsequenzen gezogen: „Menschen aus arabischen Ländern essen nicht alles, was angeboten wird“, so die Erfahrung vom Tafelchef. Ganz zu Beginn mit den Asylsuchenden landeten einige Spenden sogar manchmal im Müll. Nämlich dann, wenn die Speisen nicht halal – also religionsbedingt nicht erlaubt – waren. Dazu zählen Produkte, bei denen Schweinefleisch verarbeitet wird. Für alle Beteiligten eine unbefriedigende Angelegenheit.

Schnell stellten sich die Mitarbeiter und die Ehrenamtlichen auf die Situation ein. Eingepackt wurden in die Tüten dann vorrangig Obst und Backwaren. Ein Lernprozess für alle Seiten sei das gewesen. „Wir haben das seit Langem gut im Griff“, sagt Frank Grübe. Probleme gebe es diesbezüglich keine mehr.

Und nicht nur das. Bei der Löbauer Tafel-Ausgabestelle werden Flüchtlinge ab diesem Monat sogar als Helfer mit eingebunden. Ebenso passiert das im Oberland und in Niesky. Das ist ein Projekt in Zusammenarbeit mit dem Görlitzer Landratsamt und dem Jobcenter, welches sechs solcher Stellen möglich macht. Dabei geht es um eine Tätigkeit für 25 Stunden pro Woche. Diese werden mit einer Aufwandsentschädigung vergütet. „Die Aufwandsentschädigung ist geringer als bei den Ein-Euro-Jobs“, sagt Frank Grübe.

In Zittau funktioniert das bereits so. Drei Tschetschenen helfen dort bei der Tafel mit, was auch bestens funktioniere, erzählt der Chef. Die Ehrenamtlichen spielen so oder so eine wichtige Rolle, damit die Oberlausitzer Tafel das leisten kann, was sie leistet. 50 Ehrenamtliche sind aktiv. Dazu kommen zwölf Bundesfreiwilligendienstler, 24 Ein-Euro-Jobber und neun auf geringfügiger Basis Beschäftigte, die die Tafelarbeit zusammen mit zwei Festangestellten unterstützen.