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Kein AKW-Schrott in die Oberlausitz

Die Deponie in Wetro will nun doch keine Reste des Kernkraftwerks Stade annehmen. Fragen aber bleiben.

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© Archivfoto: Uwe Soeder

Von Jana Ulbrich

Wetro. Es ist ein heikles Thema, über das öffentlich wohl nicht so gern gesprochen wird in der Chefetage der P-D Industriegesellschaft. Die betreibt die Deponie im Puschwitzer Ortsteil Wetro, eine Sonderdeponie für Industrieabfälle – vor allem auch für gefährliche. Eine Kleine Anfrage des Sächsischen Landtagsabgeordneten Volkmar Zschocke (Grüne) hat jetzt wieder eine Frage aufgeworfen, die schon einmal für Unruhe und Bürgerproteste in Wetro gesorgt hat: Nimmt die Deponie auch Bauschutt aus rückgebauten Atomkraftwerken an oder nicht?

Nach Auskunft aus dem Sächsischen Umweltministerium dürfte sie das. Der Deponiebetreiber hatte der Landesregierung Anfang Juni 2017 auch tatsächlich bekannt gegeben, bis zum Sommer 2022 jährlich rund 300 Tonnen Abfall vom Rückbau des ehemaligen Atomkraftwerks Stade annehmen zu wollen. Die Landesdirektion, die für solche Vorhaben ihr Einverständnis erklären muss, hatte dafür bereits ihre Zustimmung erteilt. Bei den zu deponierenden Stoffen sollte es sich laut Auskunft aus dem Umweltministerium, um „freigegebene gemischte metallische Abfälle“ handeln, um Schrott also aus dem ehemaligen Kernkraftwerk.

Damit aber hätte Geschäftsführer Johannes Mahr sein eigenes Wort gebrochen. Denn nach Bürgerprotesten hatte das Unternehmen im Sommer 2015 die bisherigen Bauschutt-Lieferungen aus Stade gestoppt, und der Geschäftsführer hatte erklärt, keine weiteren Transporte aus Niedersachsen mehr anzunehmen.

Annahmeerklärung wurde gekündigt

Und auch jetzt, drei Jahre später, dementiert Johannes Mahr ein solches Vorhaben. Auf Nachfrage der SZ schickt er eine kurze, schriftliche Stellungnahme: Zwar bestätigt er darin, dass die Deponie Wetro aus den Jahren 2015 bis 2017 eine noch gültige Annahmeerklärung über die Anlieferung von jährlich 300 Tonnen Abfällen aus dem Kernkraftwerk Stade hat – und das auch bis zum Sommer 2022. Er teilt aber mit: „Diese Annahmeerklärung wurde gekündigt und widerrufen.“ Das sächsische Umweltministerium sei über die Kündigung der Annahmeerklärung informiert. Und der Geschäftsführer fügt auch gleich noch hinzu: „Im Jahr 2018 wurden keine Abfälle aus Kernkraftwerken angenommen.“ Was genau das aber für die Zukunft heißt, lässt er offen. Die kurze schriftliche Stellungnahme muss reichen. Auf weitere Nachfragen der SZ gibt es aus dem Unternehmen keine Auskunft. Zuerst einmal kann man davon ausgehen, dass es bei der Aussage des Wetro-Geschäftsführers bleibt. Aber wird die Deponie auch künftig keine Kernkraftwerksreste aus dem niedersächsischen Stade in die Oberlausitz holen? Warum überhaupt gab es im Sommer 2017 die Annahmeerklärung?

Die Möglichkeit, die AKW-Abfälle in Wetro einzulagern jedenfalls wäre gegeben. Die Deponie ist eine von nur drei Standorten in Sachsen, die überhaupt dazu geeignet sind, Abfälle aus dem Rückbau von Atomkraftwerken anzunehmen. Sie befindet sich in einer 23 Hektar großen stillgelegten Tongrube. Nach Unternehmensangaben entspricht die mehr als einen halben Meter mächtige mineralische Dichtungsschicht allen gesetzlichen Vorgaben. Über 400 Abfallarten können und dürfen in Wetro deponiert werden – auch die Reste von Kernkraftwerken.

Dennoch ist ihre Lieferung umstritten. Noch dazu, wenn diese Abfälle aus anderen Bundesländern stammen. Auch in dieser Hinsicht würde der Deponiebetreiber in Wetro den öffentlichen Aussagen von Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) aus dem Jahr 2015 widersprechen, kritisiert der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Landtag Volkmar Zschocke. Schmidt hatte erklärt, keinen Bauschutt aus AKW-Abrissen anderer Bundesländern mehr in Sachsen anzunehmen. Auch hätten die Deponiebetreiber selbst bekräftigt, keinen weiteren AKW-Abfall mehr annehmen zu wollen.

Zschocke fordert deshalb jetzt ganz klare Regeln: Das Thema müsse auf die Tagesordnung der Umweltministerkonferenz gesetzt werden. „Es muss eine verbindliche Vereinbarung geben, dass Abfälle aus dem Abriss von Atomkraftwerken in den Ländern der Kraftwerksstandorte verbleiben“, sagt Zschocke. Dann gäbe es zu diesem Thema keine Irritationen mehr. Und Wetro-Geschäftsführer Johannes Mahr müsste nicht wieder dementieren.