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Karpfen kämpfen ums Überleben

Den Moritzburger Teichen fehlen Wasser und Sauerstoff. Füttern ist kaum möglich. Und es gibt noch ein Problem.

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© Arvid Müller

Von Sven Görner

Moritzburg. Jeden Morgen macht Henry Lindner, der Geschäftsführer der Teichwirtschaft Moritzburg, seine Runde um die 24 von ihm bewirtschafteten Teiche. Und das nun schon seit Wochen. Er misst, wie viel Sauerstoff im Wasser ist und welche Temperatur es hat. Dabei hält er Ausschau nach toten Fischen. „Bisher haben wir dadurch kaum Verluste“, sagt der Teichwirtschaftsmeister. „Vor allem keine Karpfen.“ Wenn der Sauerstoff knapp wird, erwische es zuerst die Weißfische – etwa Barsch und Zander. „Vor 14 Tagen hatten wir solch eine Situation am Mittelteich. Doch glücklicherweise hat der Teich sich wieder stabilisiert und ist nicht umgekippt.“

Im Schlossteich suchen die Fische im Schutz von Bäumen etwas Schatten. Obwohl der Sauerstoff im flachen Wasser noch knapper ist.
Im Schlossteich suchen die Fische im Schutz von Bäumen etwas Schatten. Obwohl der Sauerstoff im flachen Wasser noch knapper ist. © Sven Görner

Normal sei in den Moritzburger Gewässern ein Sauerstoffgehalt von sieben bis acht Milligramm je Liter. „Kritisch wird es, wenn es weniger als ein Milligramm wird und das über mehrere Tage so bleibt.“ Das passiert vor allem, wenn Algen massenhaft absterben. „Denn dann produzieren sie keinen Sauerstoff mehr, gleichzeitig wird der vorhandene dem Wasser durch den Zersetzungsprozess der Algen entzogen“, erklärt Henry Lindner.

Die viele Sonne und das damit verbundene warme Wasser lassen die Pflanzen in diesem Jahr besonders üppig sprießen. „Ein paar Teiche mit vielen Algen hatten wir in der Regel auch in den vergangenen Jahren. Aber diesmal sind fast alle betroffen.“ Die Grünalgen entwickeln sich etwa 14 Tage lang, dann werden sie milchig-hell und sterben ab. „Nach zwei, drei Tagen beginnt alles wieder von vorn“, ergänzt der Geschäftsführer der Teichwirtschaft.

Diese Phase sei jetzt gerade im Schlossteich zu beobachten. Dienstag früh lag der Sauerstoffgehalt dort bei einem Milligramm je Liter. Am Donnerstag waren es drei. „Allerdings ist die Konzentration nicht überall gleich.“ Henry Lindner schaut daher bei seinen Kontrollen auch, ob sich größere Mengen Karpfen an der Oberfläche sammeln. „Das kann ein Zeichen dafür sein, dass sie zur Notatmung übergehen.“

Aktuell liegen die Wassertemperaturen in den Teichen um die 25,26 Grad – dank der kühlen Nächte. „Wir hatten an den heißen Tagen aber auch schon 30 Grad.“ Erschwerend kommt hinzu, dass den nur durch Niederschläge gespeisten Teichen aufgrund der langen Trockenheit und Hitze inzwischen ein halber bis ein Meter Wasser fehlen. Dadurch wird die Luft für die Karpfen noch zusätzlich knapp.

Weil die Fische beim Fressen mehr Sauerstoff verbrauchen, hat die Teichwirtschaft schon vor fast vier Wochen das Füttern so gut wie eingestellt. „Derzeit gibt es nur noch eine Art Notfütterung. Wenn es der Sauerstoffanteil und das Entwicklungsstadium der Algen zulassen, bekommen die Karpfen einmal pro Woche etwa ein Viertel der normalen Ration.“

Die Tiere überstehen das. Den Schaden hat die Teichwirtschaft. Henry Lindner: „Das ist jetzt die Hauptfütterungszeit. Von Juli bis September nehmen die Karpfen normalerweise rund 700 Gramm zu.“ Ziel sei, dass die Tiere beim Abfischen mindestens zwei Kilo auf die Waage bringen. „Ich hoffe, dass es diesmal wenigstens 1,5 Kilo werden“, ergänzt der Geschäftsführer. Wie groß die Verluste am Ende tatsächlich sind, lasse sich jetzt allerdings noch nicht einschätzen. „Aber lieber kleine Fische, die leben, als große, die mit dem Bauch nach oben im Wasser schwimmen.“

Durch das wenige Futter werde den Karpfen am Ende allerdings nicht nur Gewicht fehlen. „Sie haben so auch weniger Energiereserven, was sie anfälliger für Krankheiten macht“, sagt der Fachmann. „Damit wird es schwieriger, sie bis zum nächsten Frühjahr in den Hälterbecken für den Verkauf bereitzuhalten.“

Eigentlich wollte Henry Lindner diese Woche mit dem Abfischen beginnen. Im Plan stehen Luisen-, Jäger- und Autobahnteich. Doch daraus wird nichts. Denn in den Hälterbecken ist kein einziger Tropfen Wasser. „Die Promnitz ist fast ausgetrocknet und im Großteich brauchen wir derzeit auch jeden Tropfen.“ Andere Zuflüsse für die Becken gibt es aber nicht. „Wir können momentan nur hoffen, dass es bald regnet. Denn ewig hinausschieben können wir den Beginn des Abfischens auch nicht mehr“, so der Geschäftsführer.