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Kampfgeist im Blut

Linus Wahlqvist will dabei sein, wenn Dynamo in die Bundesliga zurückkehrt. Dann wäre auch sein nächstes Tattoo fällig.

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© Lutz Hentschel

Von Cornelius de Haas, Herxheim

Die Sorge ist nicht ganz unbegründet. „Hattest du denn überhaupt eine Tasche mit?“, fragt Dynamos Busfahrer und Zeugwart Dietmar Preußer den neuesten Neuzugang. Schließlich war Linus Wahl-qvist am Montag erst wenige Stunden vor dem Abflug ins Trainingslager nach Herxheim zu den Dresdnern gestoßen. Seine Tasche hatte er aber natürlich dabei. Denn ganz so schnell, wie die Verpflichtung erschien, kam sie natürlich nicht zustande.

Das ist es, das Tattoo für den Titel. In Schweden ist Linus Wahlqvist Meister geworden. Jetzt setzt er sich mit Dynamo hohe Ziele.
Das ist es, das Tattoo für den Titel. In Schweden ist Linus Wahlqvist Meister geworden. Jetzt setzt er sich mit Dynamo hohe Ziele. © Lutz Hentschel

Den ersten Kontakt, erzählt Wahlqvist, habe es bereits vor vier Wochen geben. Vor 14 Tagen war er zum ersten Mal in Dresden, um einen Eindruck vom Team, den Bedingungen und der Stadt zu bekommen. In den Gesprächen mit Interims-Sportgeschäftsführer Kristian Walter und Trainer Uwe Neuhaus habe er gespürt, dass sie ähnlich wie er über Fußball denken. „Dazu die Stadt, das Umfeld – das gefiel mir von Anfang an. Deswegen war ich zu einem möglichen Wechsel von Anfang an positiv eingestellt“, sagt der 21-Jährige, der einige lukrativere Angebote anderer Vereine ablehnte.

Dennoch überrascht es, dass er einen Vertrag für vier Jahre bis Juni 2022 unterschrieben hat. Wahlqvist ist Rekord-Juniorennationalspieler seines Landes und zudem schon sechsmal für Schwedens Nationalelf aufgelaufen. Seine Entscheidung für einen deutschen Zweitligisten mutet zumindest auf den ersten Blick eher wie ein Rückschritt an. Das sieht er anders. „Ich mache einen Schritt nach oben“, sagt Wahlqvist voller Überzeugung, und er erklärt: „Die zweite deutsche Liga ist stärker als Schwedens erste.“ Davon haben ihm seine Berater berichtet: Martin Dahlin, einst Torjäger in Mönchengladbach, und Marcus Allbäck, Stürmer bei Hansa Rostock. „Sie haben mir gesagt, dass es in Deutschland intensiver, noch kämpferischer zugeht“, erzählt Wahlqvist, der keinen Grund sieht, die neue Aufgabe deshalb mit allzu großem Respekt anzugehen: „Wir Schweden haben den Kampfgeist im Blut“, sagt er und lacht. „Ich will am Ende meiner Karriere zurückblicken und sagen können, ich habe alles gegeben, was ich konnte. Deshalb will ich sehen, wie gut ich sein kann, und glaube, dass der Schritt nach Dresden gut für meine Karriere ist.“

Angefangen hat die folgerichtig. „Mein Vater hat Fußball gespielt. Ich war als kleiner Junge in der Kabine seines Teams. Meine Mutter hat gespielt, meine Großeltern auch. Außerdem lag das Trainingsgelände meines Jugendvereins gleich um die Ecke – es war ein ganz natürlicher Prozess, dass ich auch angefangen habe, gegen den Ball zu treten.“ Ein anderes Hobby kam mit der Zeit zu kurz: das Angeln. „Ich bin immer wieder mit meinem Vater fischen gegangen, aber in den vergangenen Jahren hat das leider immer seltener geklappt.“

In Dresden könnte er es wieder öfter schaffen. „Das Elbufer, die vielen Grünflächen und Parks – das gefällt mir sehr“, sagt Wahlqvist. Das ist jedoch nicht der Grund, dass er sich so lange an Dynamo gebunden hat. „Ich bin jung, werde dieses Jahr 22 und spiele Profifußball, seit ich 17 bin“, sagt er – und nennt sein ehrgeiziges Ziel: „Ich möchte dabei sein, wenn Dynamo in die Bundesliga zurückkehrt. Ich hoffe, wir schaffen das in den vier Jahren.“

Noch viel Platz für Pokale

Dann wäre das nächste Tattoo auf der Brust fällig. Nach dem Meistertitel mit IFK Norrköpping hat er sich dort vor drei Jahren eine Krone stechen lassen. „Das ist der Platz für die Pokale, die persönlichen Erfolge. Ich würde ganz gern noch ein paar hinzufügen.“ Die soll es aber nicht nur mit Dynamo geben. Auch mit der Nationalmannschaft hat Wahlqvist einiges vor, hofft auf weitere Einsätze schon mit dem Start der EM-Qualifikation im Herbst. Dass er bei der WM in Russland noch nicht dabei war, kann er richtig einordnen. Auf seiner Position spielt mit dem 31 Jahre alten Mikael Lustig von Celtic Glasgow ein namhafter Konkurrent. „Und er hat ja auch ein gutes Turnier gespielt“, sagt Wahlqvist.

Bei Dynamo will er sich nicht so geduldig zeigen und seinem Konkurrenten für die rechte Abwehrseite, Niklas Kreuzer, gleich Druck machen. Die Integration im Team ist Chefsache, als er erfährt, wer sein Mitbewohner im Hotelzimmer ist, ruft er jedenfalls erfreut: „Oh, der Kapitän.“ In die von Marco Hartmann organisierte Spielgruppe ist Wahlqvist bislang nicht aufgenommen worden. Dafür war der Transfer wohl doch zu kurzfristig.

Eine private Angelegenheit ist dagegen gut geplant. Beim Gespräch im Teamhotel fällt ein Silberring an seiner linken Hand auf. „Ich hoffe, dass die Hochzeit in zwei Jahren stattfinden wird“, sagt Wahlqvist. Auf seine Malin muss er ein wenig warten. „Die Woche nach dem Trainingslager werde ich noch allein in Dresden verbringen müssen. Dann kommt sie nach“, sagt der Blondschopf, der mit Entscheidungen offenbar kein Problem hat – auch für Dynamos Spiel sicherlich nicht die schlechteste Eigenschaft.