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Kaffeehaus statt Kessel Buntes

Ullrich Baudis und Bernd Warkus haben den Umzug vom Markt abgeschlossen. Das wurde gefeiert – mit Schlagergrößen.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson

Meißen. Hans-Jürgen Beyer rückt lieber gleich mit einem Köfferchen an. „Man weiß ja nicht, was ihr noch so vorhabt“, flachst der Schlagersänger zu Kaffeehauschef Ullrich Baudis. Der gönnt sich gerade auf dem breiten Bürgersteig eine Mentholzigarette.

Rosa Krawatte zum dezent gestreiften Hemd, darüber eine Weste, unter den Jeans lugen spitze Schuhe hervor: Auf den ersten Blick ist der Wirt ganz der Alte geblieben. Erst beim näheren Hinschauen wird deutlich, dass die Mühen der vergangenen Wochen deutliche Spuren hinterlassen haben. Die Linien im Gesicht sind etwas tiefer geworden. Ergänzend wird Xylophon-Zauberer Bernd Warkus später sagen, er könne nach diesem Umzug nicht mehr räumen und auch keinen Dreck mehr sehen.

Die Zigarettenlänge hat geholfen. Schnell ins Warme. Während sich Ullrichs Kaffeehaus am Markt in die Tiefe erstreckte, zieht sich der Raum jetzt längs der Fensterfront am Hahnemannplatz entlang. Das gibt dem Café trotz Biedermeierstühlen, Wandtellern und goldgerahmtem Spiegel eine mediterrane Anmutung. Fast fühlt man sich an eine venezianische Espressobar erinnert. Die große Kaffeemaschine hinter dem Tresen verstärkt den Eindruck.

Dem Abschied vom Markt gingen quälende juristische Streitereien voraus. In einer solchen Situation zeigt sich, was gute Freunde wert sind. Vor dem großen Wandspiegel hat Entertainerin Dagmar Frederic mit ihrem fünften Mann, dem Touristikberater Klaus Lenk, Platz genommen. Am Vorabend stand sie noch in Dresden vor der Kamera. Dort wurde die Talkshow Dollwetzels Sternstunden mit Schauspieler Ernst Dollwetzel aufgezeichnet. Bereits am Sonntag wird Dagmar Frederic in Magdeburg wieder im Musical „Höchste Zeit, jetzt wird geheiratet“ zu erleben sein. Der Sängerin und Moderatorin sind die Jahre nicht anzusehen. Dabei fällt ihr Schönheitsrezept vergleichsweise einfach aus: „Ich habe noch nie in meinem Leben ein Kosmetikstudio besucht“, so der frühere DDR-Fernsehstar.

Fast fühlt es sich an diesem Vormittag zur Eröffnung des Kaffeehauses an wie bei einem alten Klassentreffen. Links von Dagmar Frederic hat sich Schlagersänger Gerd Christian positioniert. Rentner haben niemals Zeit. In Kürze kommt sein Studioalbum „Authentisch“ in den Vorverkauf und ab dem 4. Mai in den Handel. Darauf zu hören sein wird auch ein Remake der Peter-Maffay- Coverversion „So bist du“.

Ähnlich umtriebig zeigt sich Hans-Jürgen Beyer. Allein 24 Auftritte weist sein Terminkalender dieses Jahr für die Show „Wiedersehen mit Freunden“ aus. „Statt Kessel Buntes gibt es heute Kaffeehaus“, scherzt Beyer. Das Bonmot erntet zustimmendes Kopfnicken und Lächeln.

Ullrich Baudis bittet verschwörerisch in ein Nebenzimmer links der Eingangstür. Noch reicht von hier der Blick in die hinteren Wirtschaftsräume. Doch das wird sich bald ändern. Eine Tür und ein Weinregal sollen künftig den Durchgang verdecken. Entscheidend sind die beiden Wände im Séparée. Fast vollständig werden sie von Autogrammkarten bedeckt. Die Auswahl reicht von Karel Gott bis zu Hartmut Schulze-Gerlach. Ein Schwarz-Weiß-Bild liegt Baudis besonders am Herzen. Es zeigt die DDR-Kunstpreisträgerin und Schauspielerin Karla Runkehl in jüngeren Jahren. „Mit ihr hat meine Liebe für den großen Auftritt angefangen“, sagt der Kaffeehaus-Chef. 1956 sei er für Aufnahmen zu einem Film über Frauenrechtlerin Luise Otto-Peters als Filmkind an sie ausgeliehen worden.