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Kaffeegeschirr der Christophs kommt ins Museum

Ein Nieskyer Familienschatz, bisher aufbewahrt von der Brüdergemeine, erweitert jetzt die ständige Ausstellung zur Industriegeschichte der Stadt.

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© André Schulze

Von Steffen Gerhardt

Niesky. Die Arbeitswelt des Johann Ehregott Christoph ist es seit gestern nicht mehr allein, die die ständige Ausstellung im Nieskyer Museum prägt. Seit Freitag ist darin auch ein wertvolles Kaffeeservice ausgestellt, aus dem die Fabrikantenfamilie ihren Sonntagskaffee trank. Pfarrerin Christine Pietsch und Brüdergemeine-Archivar Hans-Jürgen Franz brachten das Geschirr am Freitag gut verpackt ins Museum.

Für Museumsleiterin Eva-Maria Bergmann ist das ein großer Schatz, nicht nur wegen der vergoldeten Verzierungen auf dem Porzellan, sondern weil das Service auch ein Stück Stadtgeschichte des 19. Jahrhunderts zeigt. Denn ganz gleich, ob Tassen, Kannen, Milchkännchen oder der große Kuchenteller, auf allen findet sich die Abbildung eines markanten Nieskyer Gebäudes wieder. „Sehr detailgetreu wurden die Bilder von Hand auf das Porzellan gemalt“, erklärt Archivar Franz. Aufgrund der gezeigten Gebäude lässt sich das Herstellungsjahr fast genau lokalisieren. Denn die 1869 eingeweihte neue Maschinenfabrik an der Muskauer Straße steht auf einer Abbildung noch nicht. Auf einer anderen ist der erste Betsaal noch zu sehen. Dieser wurde 1875 abgerissen. „Also muss das Service zwischen diesen Jahren hergestellt worden sein“, schlussfolgert Hans-Jürgen Franz.

Gefertigt wurde das Tafelgeschirr in der schlesischen Porzellanmanufaktur von Carl Tielsch in Waldenburg, dem heutigen Walbrzych. Wie viel Zeit die Porzellanmaler aufgewendet haben, um die rund 20 Motive auf das Geschirr zu bringen, ist nicht überliefert. „Anhand des sehr guten Zustandes war das Kaffeeservice bestimmt kein Alltagsgeschirr bei Christophs“, mutmaßt der Archivar. Bis auf eine Tasse samt Teller ist das Service auch noch vollständig. „Die Tasse fehlte schon, als es uns geschenkt wurde.“ Damit meint Hans-Jürgen Franz die Nieskyer Brüdergemeine. Nach dem Krieg wechselte das Geschirr aus dem Familienbesitz in den der Brüdergemeine. Seither wurde es im Archiv verwahrt, nur ab und zu mal zu Ausstellungen herausgegeben. Die letzte Präsentation war auf Schloss Krobnitz vor zwei Jahren.

Schließlich entschloss sich der Ältestenrat der Brüdergemeine, das Kaffeeservice der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Was lag da näher – nicht nur räumlich gesehen – als das Stadtmuseum. Am Freitag erfolgte die Übergabe und das Geschirr hat fortan seinen Platz in einer Glasvitrine, neben dem Gemälde von Johann Ehregott Christoph (1810-1887). Der spätere Fabrikbesitzer war seit der Geburt im dänischen Christiansfeld zeitlebens mit der Brüder-unität verbunden. Er lernt Kupferschmied, arbeitet als Geselle in Herrnhut und als Meister in der Klempnerei in Gnadenfrei in Schlesien. Als 25-Jähriger erwirbt Christoph die Kühlnsche Kupferschmiede in der Horkaer Straße in Niesky und legt damit den Grundstein zu einem der bekanntesten Industriesöhnen Nieskys über das 19. Jahrhundert hinaus. Zusammen mit dem Architekten Unmack stieg Christoph in die Herstellung von zerlegbaren Holzhäusern ein. Diese wurden in die ganze Welt geliefert und begründeten Nieskys Ruf als Stadt der Holzhäuser. Die Anfänge dieser industriellen Entwicklung sind auf dem Tafelgeschirr bereits zu sehen. Auf der Kaffeekanne ist die neue Maschinenfabrik an der Muskauer Straße bereits abgebildet.

Raschke-Haus am Zinzendorfplatz, geöffnet Montag bis Freitag, 10-17 Uhr (außer feiertags); Sonntag 14-17 Uhr