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Känguru Max ist wieder zu Hause

Das Benett-Känguru machte sich von Bauda auf in die weite Welt – und kam bis Görzig.

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© Anne Hübschmann

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Vielleicht hätte der Ausreißer auf Leon (12) gehört. Immerhin verwöhnt der Junge seinen Freund mit allerlei Leckerem. Vater Silvio Müller ist sich da sogar ganz sicher. Denn die beiden haben ein inniges Verhältnis zueinander. Känguru Max und der sensible Leon, der durch seine Krankheit viel Zuwendung braucht. Doch das Beuteltier war am Donnerstagabend wohl schon zu weit vom heimischen Gehege weggehüpft, so große Sprünge wie seine riesigen roten Vettern im australischen Busch macht Max nicht, auch wenn er recht zügig unterwegs gewesen sein muss.

Insofern war der Weg bis Görzig schon recht beachtlich, findet auch Karl-Heinz Heyne. Denn Max landete schließlich bei ihm in der Tierpension Niederau, nachdem eine völlig verdutzte Görziger Familie den niedlichen Kerl etwas hilflos auf ihrem Hof stehen sah. Zuvor hatten Leute das Tier vom Bus aus gesehen und waren schon hell aufgeregt. Kurz darauf kam schon der Anruf aus Görzig. Die Polizei wurde angerufen und die informierte gleich die Tierpension. Karl-Heinz Heyne fing das Tier schließlich ein und brachte es in ein sicheres Quartier nach Niederau. Ermittlungsdienstleiter Tilo Hoschopf, diese Woche Urlaubsvertreter im Polizeirevier Großenhain, kann seiner Chefin nächste Woche also von einer ungewöhnlichen Tierrettung berichten. „Hauptsache, es gab keinen Unfall“, so Tilo Hoschopf zufrieden. Tatsächlich ist das die größte Gefahr, ähnlich wie bei jedem ausgebüxten Haushund. Max ist nicht das erste Mal ausgerissen. Doch sonst saß er friedlich auf der anderen Seite des Zauns und wollte eher wieder hinein ins Gehege.

Wurde das Känguru erschreckt?

Ob ihn etwas erschreckt oder gejagt hat? Stress mögen Kängurus überhaupt nicht. Silvio Müller ist ratlos. Am Freitagvormittag hat er sich noch einmal den gesamten Zaun angesehen. Wie Max diesmal entkommen ist, bleibt den Müllers ein Rätsel. Vielleicht hilft ja eine versteckte Kamera, denn die Familie, die im Nebenerwerb auch andere Tiere hält, hatte schon die eine oder andere Überraschung.

Eine Überraschung der bösen Sorte waren Glasscherben im Futtertrog und abgelassenes Trinkwasser. Da sind allerdings andere Zeitgenossen am Werk. Warum? Silvio Müller zuckt mit den Achseln. „Wir haben doch Max nur wegen unserem Jungen“, sagt er. Das auch eher durch Zufall.

Ein Bekannter hatte ein Känguru-Pärchen. Als eines starb, blieb Max zurück und der Besitzer wusste nicht so recht, was er mit einem Tier machen sollte. Im Gehege hat Max wenigstens Gesellschaft anderer Tiere. Doch ein Artgenosse wäre schon wünschenswert, ja, sogar nach Säugetierverordnung vorgeschrieben, erklärt Amtstierarzt Hans-Jörg Klaue. Er kümmert sich als oberster Veterinär im Landkreis nicht nur um Ochs und Schwein, sondern auch um Exoten aller Art. Werden sie artgerecht gehalten? Muss auf besondere Krankheiten geachtet werden oder extra Futter?

So braucht Max frisches Heu, Obst und Möhren. Wichtig sind Weiden- oder Obstbaumzweige. Kängurus fressen nicht nur die Blätter und Knospen, sondern auch die Rinde, und diese ist für ihre Gesundheit unabdingbar. Fragen, die zunehmend eine Rolle spielen, weil sich manche Halter oft wenig Gedanken machen, was ihre Schützlinge wirklich brauchen. Max ist ein Benett-Känguru und vom heimischen Breitengrad seines natürlichen Vorkommens recht gut an unser Klima angepasst, so Klaue. „Etwas Gesellschaft für Max wäre aber schön“, so Klaue.

Max kam sofort zu Leon gehüpft

Vielleicht hat sich der kleine Ausreißer ja auch nur gelangweilt. Andere Tiere wie der Berliner Panda, sind Einzelgänger, die man außerhalb der Paarungszeit nicht zusammenbringen sollte, erzählt Hans-Jörg Klaue. Andere Tiere wiederum wie Papageien müssen einen Partner haben, sonst reißen sie sich die Federn aus und verkümmern. Selbst Wellensittiche oder Meerschweinchen sollten nicht alleine sein. Nur in Wohnungen kontrolliert das eben keiner, so Klaue. Bei Wildtieren gibt es schon den ein oder anderen Hinweis. Sicher wird man sich den Zaun noch einmal gemeinsam genauer ansehen. Doch das ist Leon erst einmal egal. Er ist froh, seinen kuschligen Kumpel wiederzuhaben, der auch sofort beim Abholen zu ihm gehüpft kam.