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Junge lernen von Alten – und umgekehrt

Im Pflegestift Oberland treffen sich Generationen. Vorteile haben alle. Und die Einrichtung hofft auf Berufsnachwuchs.

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© Matthias Weber

Von Gabriela Lachnit

Was ist Glück? Der Glaube, Gesundheit, Zusammenhalt, Zusammenarbeit, ein Lachen und wenn die Mitmenschen zufrieden sind. Die Frage haben Bewohner des Pflegestiftes Oberland in Ebersbach beantwortet. Jeden Dienstagnachmittag treffen sich zehn bis 15 Frauen und Männer aus dem Stift im Begegnungsraum des Altenheims. Die Runde ist aber noch größer. Mit dabei sind Luisa, Leonie, Lisa-Marie und Aline. Die Mädchen sind 14 und 15 Jahre jung. Sie sind Schülerinnen der Andert-Oberschule in Ebersbach. Der wöchentliche Besuch im Altenheim ist für sie ein freiwilliges, schulisches Angebot, das sie im Rahmen des sogenannten GTA – des Ganztagsangebotes – nutzen.

Die Schülerinnen haben schon viel mit den Senioren unternommen: Bei schönem Wetter geht es auch mal ins Freie zum Spaziergang. Alt und Jung haben schon gemeinsam gebacken, gekocht, Salate zubereitet, eine Ecke fürs Erntedankfest geschmückt, gesungen, gespielt und mit Ton gearbeitet. Die Aufzählung ließe sich fortsetzen. Die Mädchen holen die Heimbewohner vor dem Treffen von ihren Zimmern ab und bringen sie danach wieder zurück. „Auf beiden Seiten ist Vorfreude auf die regelmäßigen Begegnungen zu spüren“, merkt Marlies Berndt an. Die Altenpflegerin ist Mitarbeiterin in der Beschäftigungstherapie und Betreuerin der Schülerinnen im GTA im Pflegestift. Die regelmäßigen Treffen der Generationen sind fester Bestandtteil des Wochenplans im Pflegestift – außer in den Ferien. Für Frau Berndt ist es Normalität, dass die jungen Leute zu den alten Menschen kommen. Seit 2011 gibt es dieses GTA-Angebot. Ilona Herzog, Lehrerin an der Andert-Oberschule, hatte die Idee dazu. Sie kam ihr, weil sie damals selbst privat einen Menschen im Pflegestift betreute.

Auch wenn die Schülerinnen – Jungs nutzen dieses Ganztagsangebot nur selten – meist aller zwei Jahre wechseln, hat Marlies Berndt nur gute Erfahrungen gemacht. „Sie sind sehr nett, immer freundlich und hilfsbereit. Sie gehen sehr zuvorkommend und höflich mit den Senioren um und können zuhören. Das kommt an“, sagt sie. So ist es kein Wunder, dass Wolfgang Christgen, einer der Bewohner im Stift, sich sehr lobend über die Einrichtung und den Kontakt mit den jungen Leuten ausspricht. „Die Märchen über Pflegeheime, die draußen erzählt werden, treffen auf das Pflegestift nicht zu. Ich bin sehr froh, dass es diese Einrichtung gibt“, sagt er und erntet die Zustimmung seiner Frau und die der anderen Senioren bei dem Treffen. Jemand in der Runde ergänzt, dass nicht jedes Pflegeheim so gut ausgestattet sei und man sich freut, dass die Schwestern aus Ebersbach-Neugersdorf oder aus Nachbarorten kommen. Und schon machen Beispiele die Runde, wo es eben nicht so läuft.

Die 15-jährige Luisa plant derzeit, eine Ausbildung als Altenpflegerin zu machen, möglichst hier in der Region. Dass sie in diesem Beruf im Schichtdienst, am Wochenende und an Feiertagen arbeiten muss, stört sie nicht. Sie kennt das ja, denn ihre Mutti ist Altenpflegerin. Leonie hat in ihrer Familie niemanden, der in dieser Richtung tätig ist. Die 14-Jährige mag es, mit älteren Leuten zu kommunizieren. Sie will sich jetzt im GTA kundig machen, was alles zum Beruf der Altenpflegerin gehört und dann eine Ausbildung machen. Ob sie danach in der Region bleibt, ist derzeit noch ungewiss. Beide Mädchen sind sich einig, dass es ihnen nützt, nicht nur mit gleichaltrigen Freunden unterwegs zu sein. „Die alten Leute haben Aufmerksamkeit verdient. Sie erzählen, wie es früher war und wie sie gelebt haben“, berichten Luisa und Leonie. So manche Erzählung hat die beiden schon zum Nachdenken und zu Vergleichen mit ihrem eigenen Leben und ihren Ansprüchen angeregt.

Die Zusammenarbeit der Andert-Oberschule und dem Pflegestift umfasst nicht nur das GTA. Andert-Oberschüler sind zum Beispiel auch beim traditionellen internationalen Ostereiermalen im Pflegestift behilflich. Auch Kindereinrichtungen aus der Umgebung kommen regelmäßig in das Heim. „Hier wird das Zusammenleben von Alt und Jung rege praktiziert“, bestätigt Marlies Berndt.