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Junge Hebamme pendelt lieber

Jasmin Übermuth kehrt in die Heimat zurück. Der Familie und der Liebe wegen. Hier wartet eine Herausforderung auf sie.

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© André Braun

Von Heike Heisig

Roßwein/Niederstriegis. Ein paar Umzugskartons sind noch auszupacken. Dann ist Jasmin Übermuth in ihrer neuen, alten Heimat angekommen. Aufgewachsen ist die 24-Jährige in Roßwein. 2010 schloss sie die Geschwister-Scholl-Oberschule ab. Dass sie danach eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester in Chemnitz beginnen konnte, passte ihr recht gut. „Ich wollte weg, eigentlich ganz weit weg. Mich zog es in die Ferne“, erzählt die junge Frau.

Doch in der nächst größeren Stadt, also beinahe um die Ecke, merkte sie schnell: „Ich bin ein Familienmensch.“ Eltern, Freunde und ihr Freund fehlten ihr doch mehr als erwartet. Was hinzukam, war, dass der Freund Landwirt ist. Seine Besuche in Chemnitz waren also eher selten. „Hier auf dem Hof gibt es immer etwas zu tun“, sagt Jasmin Übermuth. Das sieht sie jetzt jeden Tag. Denn inzwischen ist die 24-Jährige wieder nach Mittelsachsen gezogen – in den Roßwein Ortsteil Niederstriegis, um genau zu sein.

Dort wohnt die junge Frau jetzt sozusagen in einem Mehrgenerationenhaus mit dem Freund, den sie seit Kindertagen kennt und mit dem sie schon acht Jahre lang gemeinsam in die Klasse gegangen ist, dessen Onkel und seiner Lebensgefährtin sowie der über 90-jährigen Großmutter unter einem Dach. „Man macht vieles gemeinsam und es ist immer jemand da.“ Häufig ist die Gesellschaft auch tierischer Art. Ein Hund und mehrere Katzen, teilweise sehr anhänglich und liebebedürftig, gehören zur Hof- und Hausgemeinschaft.

„Ich bin glücklich hier“, sagt sie und zeigt unter dem alten Nussbaum am Wohnhaus sitzend auf das satte Grün der umliegenden Wiesen, auf dem häufig Kühe grasen. Dass Jasmin Übermuth nun viel mehr im Auto sitzt als vor ihrem Umzug, macht ihr angesichts des schönen Zuhauses mit Familienanschluss wenig aus. Nach ihrer Ausbildung hat die 24-Jährige noch zwei Jahre Lehre drangehängt. Sie ist seit 2016 Hebamme, hat mittlerweile rund 250 Babys mit auf die Welt gebracht. Zwischen 1 600 und 1 700 Kinder werden in der Chemnitzer Klinik, in der Jasmin Übermuth angestellt ist, jedes Jahr geboren.

Nach ihrem eigentlichen Dienst in der Klinik ist die 24-Jährige dann noch freiberuflich tätig. Sie kümmert sich um Frauen, die entbunden haben. Zu den Wochenbettbesuchen ist sie nun auch in der Region unterwegs, beispielsweise in Döbeln, Hartha oder gleich im Wohnort. So bekommt sie sozusagen als eine der ersten ihre „neuen Nachbarn“ zu sehen.

Mit dem eigenen Nachwuchs möchte sich Jasmin Übermuth noch ein wenig Zeit lassen, obwohl es im Haus schon Platz für Nachwuchs und nicht nur ein Kinderzimmer gibt. Erst einmal möchte sie weiter anderen Frauen helfen, ihren Nachwuchs auf die Welt zu bringen. „Der Hebammen-Beruf ist sehr vielseitig“, findet sie. „Im Nachhinein gesehen, ist es die richtige Entscheidung gewesen, erst Krankenschwester zu lernen. Nicht nur wegen der Grundlagen.“ Sie habe auch als Person noch wachsen können. Manchmal bräuchten Gebärende doch klare Ansagen. „Gleich nach der Schule als 16- oder 17-Jährige hätte ich mir das so nicht zugetraut“, schätzt sie selbst ein.

Über die Rückkehr der jungen Frau haben sich auch deren Eltern sehr gefreut. Sie wissen, dass das längst nicht mehr die Regel ist. Doch mit Jasmins Entscheidung haben sie nun wieder mehr von ihrer Tochter als bei gelegentlichen Besuchen am Wochenende. Mehr war bisher nicht drin.