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Jubiläum im Kürbisdorf

In Ludwigsdorf steigt am Sonntag die zehnte Kürbismeisterschaft. Viele Leute haben ihre Grundstücke schon geschmückt.

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© Nikolai Schmidt

Von Ingo Kramer

Ludwigsdorf. Lottel Mendzigall hat sogar schon Pläne für nächstes Jahr. „Die verrate ich aber noch nicht“, sagt die 75-jährige Ludwigsdorferin. Seit in ihrem Dorf die Offenen Sächsischen Meisterschaften im Kürbiswiegen stattfinden, ist auch die frühere Büroangestellte im Kürbisfieber. „Einmal habe ich mit Kürbissen einen Eisenbahner hergestellt, einmal einen Angler, voriges Jahr Frau Holle“, sagt sie. Der Polizist mit Blitzer vor zwei Jahren war besonders originell: „Da sind die Autos langsamer gefahren.“

Diese fünfköpfige Kürbisfamilie bewacht einen Hauseingang. Jeder Kopf hat seine eigene Farbe. Als Körper dienen alte Milchkannen und andere Metallgefäße.
Diese fünfköpfige Kürbisfamilie bewacht einen Hauseingang. Jeder Kopf hat seine eigene Farbe. Als Körper dienen alte Milchkannen und andere Metallgefäße. © Heimatverein Ludwigsdorf/Ober-Neundorf
Lottel Mendzigall hat dieses Jahr einen Gärtner und weitere Requisiten aus Kürbissen und anderen Materialien hergestellt und vor ihrem Haus aufgebaut.
Lottel Mendzigall hat dieses Jahr einen Gärtner und weitere Requisiten aus Kürbissen und anderen Materialien hergestellt und vor ihrem Haus aufgebaut. © Nikolai Schmidt
Auch mit Zierkürbissen haben einige Ludwigsdorfer in diesem Jahr ihre Zäune und Grundstücke geschmückt.
Auch mit Zierkürbissen haben einige Ludwigsdorfer in diesem Jahr ihre Zäune und Grundstücke geschmückt. © Heimatverein Ludwigsdorf/Ober-Neundorf

Dieses Jahr nun schmückt ein Gärtner ihren Vorgarten an der Neißetalstraße. Lottel Mendzigall hat ihm ein lustiges Gesicht verpasst – und ihm eine ausrangierte Hose ihres Mannes angezogen: „Die passt ihm oben am Bauch nicht mehr“, sagt sie und schmunzelt. Dieter Mendzigall hat auch dieses Jahr wieder mitgeholfen. Der 79-Jährige ist Tischler. Beim Bau kommen ihm seine handwerklichen Fähigkeiten zugute. Doch auch Spaß gehört dazu. „Das Schönste an der Gartenarbeit ist das Gießen“ hat Lottel Mendzigall auf eines der Schilder geschrieben – und dazu zwei Flaschen Lands-kron-Bier in das Gesamtkunstwerk eingearbeitet. Hat sie keine Angst, dass jemand das Bier klaut? „Nein“, sagt die Rentnerin: „Die Flaschen sind leer, wir haben aber die Kronkorken wieder draufgesteckt.“

Es ist das zehnte Jahr, in dem Mendzigalls ihr Grundstück im Herbst mit Kürbissen schmücken – und das zehnte Jahr, in dem ganz Ludwigsdorf und Ober-Neundorf im Kürbisfieber sind. Wobei: 2009 habe alles noch mit eher verhaltenem Besucherinteresse begonnen, sagt Mario Conrad vom Heimatverein Ludwigsdorf/Ober-Neundorf. Inzwischen aber ist das Kürbiswiegen eine beliebte Veranstaltung im Dorfleben geworden, die auch viele Besucher von außerhalb anzieht. An diesem Sonntag laden der Heimatverein, seine Unterstützer und die ortsansässigen Kürbiszüchter zur zehnten Offenen Sächsischen Meisterschaft im Kürbiswiegen am Vereins- und Seminarhaus „Alter Konsum“ an der Neißetalstraße.

Trotz der Dürre gibt es auch dieses Jahr große Kürbisse. „Vor drei Wochen wurde in Thüringen mit über 900 Kilo der deutsche Rekord gebrochen“, sagt Vereinschef Thomas Teichert. Auf Ähnliches hofft er nun auch in Ludwigsdorf. Die Kürbiszüchter aus dem eigenen Ort beteiligen sich aber dieses Jahr nicht. „Wegen des Hausbaus haben sie dieses Jahr ausgesetzt, da fehlt die Zeit für dieses Hobby“, sagt Thomas Teichert. Aus den Nachbarorten erwartet er aber durchaus Züchter, von weiter her sowieso. Mit welchen Gewichten die Züchter aus der Region dieses Jahr aufwarten können, kann er aber nicht sagen. Mario Conrad ergänzt, dass das auch in Dürrejahren ganz unterschiedlichen ausfallen kann – je nach Ort kann es mehr oder weniger geregnet haben, Gewächshaus oder Freiland sei eine andere wichtige Frage. Rekorde schließt auch er deshalb nicht aus.

Doch Gewichte hin oder her: Es geht um den Spaß an der Sache. Der Heimatverein sucht auch die kleinsten, leichtesten, größten, schönsten, längsten und ungewöhnlichsten Kürbisse und anderen Gemüse wie Gurken, Mohrrüben, Rüben, Tomaten, Zucchini und Kohlrabis. Auch riesige Sonnenblumen sowie Sonnenblumenköpfe werden prämiert. Hier zählt nicht das Gewicht, sondern Länge und Durchmesser. Zudem wird es am Sonntag einen Spaßwettbewerb für Jugendliche und Erwachsene geben. Beim lustigen Schubkarren-Geschicklichkeitsparcours winkt dem Sieger sogar ein kleines Präsent.

Neben Kürbissekt und –schnaps, Kürbisketchup sowie verschiedenen Marmeladensorten, dem Kürbisburger und weiteren Appetithappen soll es dieses Jahr eine kulinarische Neuerung geben. „Die bleibt aber bis Sonntag geheim“, sagt Mario Conrad. Außerdem gibt es erstmals das Kochbuch „Ludwigsdorfer und Ober-Neundorfer Kürbisküche“, das der Verein anlässlich des Wiegejubiläums herausgebracht hat.

Der Heimatverein freut sich nach Aussage von Mario Conrad besonders, dass schon jetzt wieder viele Einwohner ihre Grundstücke für das Wiegen mit Kürbisfiguren schmücken. Je näher der Termin heranrückt, umso mehr Kürbisfiguren seien in Ludwigsdorf/Ober-Neundorf zu finden. Die schönsten und originellsten Dekorationen werden im Rahmen des Kürbisschlachtens am 21. Oktober prämiert. Lottel Mendzigall hofft, dass der Gärtner in ihrem Vorgarten bis dahin überlebt. Da der Kopf aufgespießt ist, könnte er aber auch schon vorher schlecht werden. Schlimm wäre das nicht: Lottel Mendzigall hat noch einen Ersatzkopf vorrätig. Nach zehn Jahren Erfahrung überlässt sie nichts dem Zufall.