Von Anja Ehrhartsmann
Dippoldiswalde. Herbstzeit ist Pilzzeit. Speisepilze, ob gekauft oder gesammelt, gelten bei vielen als Köstlichkeit und sind außerdem gesund. Wer selbst in den Wald zum Suchen geht, sollte sich gut mit den verschiedenen Arten auskennen. Sonst kann der Pilzgenuss schlimme Folgen haben. Die SZ hat mit Pilzberater Gunter Redwanz aus Dippoldiswalde darüber gesprochen, welche Pilze hier wo wachsen, worauf man beim Sammeln achten sollte und wo sich die Suche lohnt.
Herr Redwanz, wann ist die beste Zeit im Jahr, um Pilze zu sammeln?
Jetzt im Herbst, aber auch im Frühjahr und Winter gibt es Pilze. Dabei kommt es aufs Wetter an. Dieses Jahr ist extrem gut, weil es feucht und warm ist. Solche Bedingungen haben die Pilze gern.
Dippser Pilzberater
Was für gängige Pilzarten wachsen denn rund um Dippoldiswalde?
Hier findet man viele. Am meisten gesucht werden die Röhrlinge wie Steinpilze, Birkenpilze und Maronen. Aber Vorsicht, es gibt auch unter den Röhrlingen Pilze, die giftig sind oder unbekömmlich wie der Gallenröhrling, der auch Bitterpilz genannt wird. Wie der Name schon sagt, macht er das ganze Essen bitter. Er sieht dem Steinpilz ähnlich und wird gern verwechselt.
Und welche Pilze wachsen wo?
Bei uns in der Region ist der Boden sauer, da wachsen überall Pilze, die solche Böden bevorzugen, wie Hexenröhrlinge und Maronen. Es kommt also immer auf den Untergrund an. In Mitteleuropa gibt es circa 10 000 Pilzarten, 200 davon sind essbar, 150 giftig und davon zehn tödlich. Der Rest ist ungenießbar. Tödlich Giftige kommen bei uns auch vor, wie Knollenblätterpilze und Pantherpilze. Essbar sind viele Pilze, schmackhaft schätzungsweise 25 Arten.
Wie finde ich einen guten Pilzplatz?
Pilze wachsen meist in Symbiose mit Bäumen. Ergiebige Pilzplätze zu finden, passiert meist zufällig. Das Pilz-Myzel fruchtet mehrere Jahre neu. Wer einen guten Platz gefunden hat, kann dort also mehrere Jahre hingehen.
Wo gehen Sie persönlich gerne hin?
Ich sammle gern im Kohlbusch bei Oberfrauendorf. Dort wächst alles, vom Steinpilz, über Hexen-Röhrlinge, Pfifferlinge, Perlpilze, Fichtenreizker bis zu Lärchen-Röhrlingen.
Was sollte man dabei haben, wenn man in den Wald zum Pilzesuchen geht?
Zum Pilzesammeln sollte man einen Korb mitnehmen und keinen Plastikbeutel, weil sich die Pilze darin erhitzen. Außerdem sollte man ein Messer und einen kleinen Pinsel dabeihaben, um die Pilze schon im Wald zu säubern. Wenn man sich bei einem Pilz zu hundert Prozent sicher ist, kann man ihn abschneiden.
Woran erkenne ich, ob ein Pilz essbar oder giftig ist?
Jeder Pilz ist anders. Eine Regel, woran man einen essbaren Pilz erkennt, gibt es nicht. Man muss den Pilz genau bestimmen. Es schadet nie, ein Pilzbuch mitzunehmen. Wichtig ist, dass es aktuell ist, denn es gibt immer wieder neue Erkenntnisse. Und im Zweifelsfall sollte ein Pilzberater hinzugezogen werden, man darf nicht leichtsinnig sein.
Was sollte man tun, wenn man einen giftigen Pilz verspeist hat?
Grundsätzlich gilt, wenn man die Pilze zubereitet, sollten die Reste aufbewahrt werden. Wenn ich merke, irgendetwas stimmt nicht, ist es ratsam, gleich einen Arzt anzurufen. Der wird untersuchen, ob es vielleicht nur an der verzehrten Pilzmenge lag. Denn wenn die Pilze im Plastikbeutel gesammelt werden, beginnt sich das Eiweiß zu zersetzen, und das führt zu akuten Problemen. Man spricht hier von einer unechten Pilzvergiftung.
Haben Sie selbst schon mal einen unverträglichen Pilz gegessen?
Nein. Ich mache damit auch keine Experimente.
Wie sollten die Pilze nach dem Sammeln gelagert werden?
Am Besten ist es, die Pilze sofort zuzubereiten, wenn das möglich ist. Ansonsten kühl aufbewahren.
Muss bei der Zubereitung etwas beachtet werden?
Ist der Pilz sauber, kann er direkt verarbeitet werden. Ansonsten muss man ihn kurz abwaschen. Auf keinen Fall sollte er länger im Wasser liegen, Pilze saugen sich sonst voll und verlieren ihre Aromastoffe. 20 Minuten sollten Pilze mindestens garen.
Wie essen Sie Pilze am Liebsten?
Gern esse ich Mischpilze, knusprig gebraten. Aber da gibt es viele tolle Kochbücher.
Sie sind ehrenamtlicher Pilzberater. In welchen Fällen werden Sie am häufigsten kontaktiert?
Oft geht es um Champignons. Es gibt viele Arten, und manche laufen gelb an, wenn man sie am Stiel kratzt, das irritiert die Leute. Besonders trifft das auf den giftigen Karbolegerling zu. Auch wegen der essbaren Hexen-Röhrlinge werde ich oft angerufen. Die färben sich tiefblau, wenn man sie anschneidet und das erschreckt viele Sammler. Bestimmungen mittels Telefon oder Internet werden nicht vorgenommen. Da ist das Risiko zu hoch.
Wann sollte man einen Pilzberater hinzuziehen?
Wer Pilze sammelt und sich unsicher ist, sollte die Pilze im Ganzen aus dem Boden drehen und dem Pilzberater vorlegen. Zum Beispiel beim Knollenblätterpilz, der sehr gefährlich ist, bleibt sonst das Wichtigste im Boden, und es wird schwer, ihn zu bestimmen.
Wie kann man Sie erreichen? Haben Sie eine Sprechstunde?
Nein. Die Leute kommen auf Anfrage vorbei. Es gibt ja noch mehr Pilzberater hier, die das ehrenamtlich machen. Wir sind hier in unserer Ecke überdurchschnittlich gut besetzt, auch wenn die Pilzberater immer weniger werden.
Woher kommen die Nachwuchsprobleme?
Die Alten scheiden aus, und Nachwuchs gibt es keinen. Um Pilzberater zu werden, muss man sich Kenntnisse aneignen und eine mündliche und schriftliche Prüfung ablegen, die ich 2006 gemacht habe. Das ist eine komplexe Sache.
Welches war der seltenste Pilz, den Sie je gefunden haben?
Da gibt es einige. Vor Kurzem habe ich bei Oberfrauendorf einen Violetten Schleierling entdeckt. Das ist ein super Pilz vom Aussehen her und relativ selten.