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Jacke an und los

Mithilfe von Kleidung Roboter programmieren? Das Dresdner Start-up Wandelbots zeigt, dass das selbst Laien können.

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© Sven Ellger

Von Jana Mundus

Mensch und Maschine im Gleichtakt. Georg Püschel bewegt ganz langsam seinen Arm. Der Roboter neben ihm kopiert ihn, tut es ihm gleich. Nach links, nach rechts, oben und unten. Es ist keine einstudierte Choreografie. Die Maschine ahmt die Bewegungen exakt nach – und lernt dabei den Ablauf. So wird Programmieren einfach. Statt die Technik mit Codes zu füttern, lernt sie selbst durch Bewegungen. Möglich macht das neueste Sensortechnik, eingenäht in eine Jacke. Die Idee des Dresdner Start-ups Wandelbots ist weltweit einzigartig. Sie könnte bald dort landen, wo Apple und Facebook groß geworden sind – im Silicon Valley.

In den Büroräumen von Wandelbots in der Dresdner Bergstraße ist ständig Tischerücken angesagt. Es muss mehr Platz her für mehr Menschen. Als die Gründer anfingen, waren sie zu sechst. Jetzt sind es bald 15 Mitarbeiter, im nächsten Jahr könnten es laut Püschel schon 50 sein. Bis dahin muss sowieso eine neue Bleibe her. Die jetzigen Räume von Sherpa Dresden sind nur eine Variante auf Zeit. Dort sollen Start-ups aus der Softwarebranche langsam wachsen. Wandelbots ist schon bald raus aus den Kinderschuhen.

Kennengelernt haben sich die Gründer während ihrer Promotion an der TU Dresden, am Institut für Software- und Multimediatechnik. In der Freizeit bauten sie den ersten Demonstrator für ihre Idee. Die klingt erst mal einfach: Laien, die von der Roboter-Programmierung keine Ahnung haben, sollen genau das in Zukunft ganz einfach tun können. „Gerade kleine und mittelständische Unternehmen haben keine Programmierer, die das für sie erledigen können“, erklärt Püschel. Deshalb ließen sich die Dresdner einen Weg einfallen, der genau dabei helfen soll.

Die Idee basiert auf Sensoren, die der Mensch am Körper trägt. Sie messen genau, welche Bewegungen vollführt werden. Getragen werden können sie an einfachen Klettbändern oder eben eingenäht in eine Jacke. Durch die von Wandelbots entwickelte Software erkennt der Roboter die Bewegungsabläufe, kopiert sie ohne größere Verzögerung und merkt sie sich. Die Maschine lernt so ganz schnell neue Arbeitsabläufe – ohne dass ein Computergenie sie programmieren muss.

Als die damaligen Doktoranden ihren ersten Prototypen auf der Hannover-Messe präsentieren, ist das Interesse groß. Die späteren Gründer stellen fest: Auf diese Idee haben wohl viele Unternehmen gewartet. Kein Wunder, denn die Arbeitswelt ist im Wandel. Künftig werden immer mehr Arbeitsschritte in Firmen von Maschinen erledigt werden. Gerade die Kommunikation und der Umgang mit der Technik schreckt aber noch viele ab. Da müssen technische Lösungen einfach zu bedienen sein.

Gute Ausgangslage also für eine Firmengründung. Für die notwendigen Geldmittel findet das Wandelbots-Team Kapitalgeber, die ihnen auf eigenes Risiko Geld für die Startphase geben. Nicht alltäglich für ein deutsches Start-up. Mit einem großen chinesischen Haushaltsgerätehersteller kooperiert Wandelbots heute, in der Gläsernen Manufaktur von VW in Dresden steht ihnen eine Versuchsfläche zur Verfügung. Die Wirtschaftsförderung der Stadt Dresden spendierte vor Kurzem 90 000 Euro für ein Projekt mit der HTW Dresden, das den Wandelbots-Ansatz in die dortige Modellfabrik integrieren soll.

Ende des Jahres wird das erste Software-produkt des Start-ups auf den Markt kommen. Gemeinsam mit der Sensoren-Jacke ermöglicht es dann die Interaktion mit ersten Robotermarken. Schnittstellen zu Produkten weiterer Hersteller sind geplant. Von Dresden aus soll die Innovation um die Welt gehen. Filialgründungen in China oder den USA sind angedacht. Gerade führen die Gründer erste Gespräche mit Interessenten aus dem Silicon Valley. „Wenn wir Fuß fassen wollen, brauchen wir dort einen Standort“, sagt Püschel. Für die Überzeugungsarbeit ziehen die Dresdner ganz einfach ihre Jacke an.