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Ist Dresdens bester Sportakrobat zirkusreif?

Tim Sebastian wird vom Cirque du Soleil zu einem Workshop eingeladen. Eine Karriere in der Manege kann sich der 22-Jährige vorstellen. Aber jetzt noch nicht.

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© Lourenco Franca

Von Alexander Hiller

Den Vergleich hat Tim Sebastian sicher schon oft gehört: Zirkusreif wirken die Darbietungen des Weltklasse-Sportakrobaten des Dresdner SC mitunter. Der Sieger der World Games von 2017 hat nun mit seinem Partner Michail Kraft vom SC Riesa das Interesse eines Unterhaltungsriesen geweckt. Sebastian war für 14 Tage gemeinsam mit knapp 20 anderen Sportakrobaten zu einem Workshop beim Cirque du Soleil in Porto eingeladen.

Die Kosten für Verpflegung, Unterbringung und An- und Abreise übernahm das Entertainment-Unternehmen, das einen deutlichen dreistelligen Millionen-Betrag Umsatz pro Jahr macht. „Wir haben zusätzlich einen kleinen Teil der Aufwandsentschädigung erhalten, eine Art Taschengeld, als Anreiz, da auch mitzumachen“, erklärt der 22-jährige Tim Sebastian.

Der Chefscout des Unternehmens schaut regelmäßig bei Europa- und Weltmeisterschaften der Sportakrobaten vorbei, um künftige Artisten zu sichten. Der Workshop in Portugal sollte dazu dienen, persönliche Präferenzen, Können und Interesse auszuloten. „Wir haben verschiedenste Dinge aus Shows von Cirque du Soleil eingeübt und täglich ein Tanztraining mit der Chefchoreografin absolviert“, beschreibt Sebastian. Die Akrobaten kreierten dann anhand der neuen Einflüsse und Ideen mithilfe der Zirkus-Profis zum Ende des Trainingslagers eine elfminütige Show, die beim Klubfest des ortsansässigen Akrobatik-Vereins „Acro Clube da Maia“ Uraufführung vor knapp 800 Zuschauern feierte.

Der Trainingsaufwand war für die beiden Vollblut-Akrobaten überschaubar. „Das war recht entspannt. Vormittags drei bis dreieinhalb Stunden Akrobatiktraining, nachmittags dann noch einmal maximal zweieinhalb Stunden Tanztraining“, zählt der Elbestädter auf.

Dass das Zirkus-Unternehmen den Sportakrobaten auf diese Weise gewissermaßen die Athleten abspenstig macht, schließt Tim Sebastian aus. „Für uns ging es in dem Workshop eigentlich darum, zu erleben, was in dem Sport noch so alles möglich ist. Also jetzt neue Ideen einfließen zu lassen. Beim Cirque du Soleil gibt es das Grundprinzip, keine Sportler während ihrer Karrieren aktiv abzuwerben“, erklärt der zweifache EM-Bronzemedaillengewinner. „Signalisiert haben sie ihr Interesse an jedem von uns eingeladenen Athleten, allerdings erst, wenn wir mit dem Sport tatsächlich aufgehört haben“, betont Sebastian.

Für derlei Offerten wäre der Student tatsächlich irgendwann einmal offen. Der Workshop machte Lust auf mehr. „Vielleicht kreuzen sich die Wege irgendwann einmal später. Wenn ich die Möglichkeit dazu bekäme, hätte ich definitiv Interesse an einer Zusammenarbeit, ich fand es megainteressant“, sagt der Student für Bauingenieurwesen. Zunächst einmal wollen er und sein Partner Michail Kraft die gemeinsame Akrobatik-Karriere bis zur EM 2019 fortsetzen, das haben die Sachsen nach der verpatzen WM, als nach einem gravierenden Fehler nur Rang sieben heraussprang, erst im Mai entschieden.

Was zunächst von dem ungewöhnlichen Workshop beim Dresdner hängenbleibt, sind viele neue Ideen, andere Einflüsse – und jede Menge neuer Freunde. „Ganz besonders war die Arbeit in der Gruppe, innerhalb von wenigen Tagen haben sich tiefe Freundschaften entwickelt, wir hatten einen ganz besonderen Geist und enormes Vertrauen“, sagt Sebastian.