SZ +
Merken

Ist das schon Tierquälerei?

Ein Streitgespräch um den Auftritt der Elefanten im Dresdner Weihnachtszirkus: Zwei Dompteure und der Sprecher der Tierrechtsorganisation Peta zeigen weiche Herzen und klare Kante.

Teilen
Folgen
NEU!
© Christian Juppe

Von Henry Berndt

Eine freundliche Begrüßung am Anfang, ein fester Händedruck am Ende – aber dazwischen viele klare, harte und laute Worte. Elefantentrainer Erwin Frankello (33), sein Vater Sonni (58) und der Sprecher der Tierrechtsorganisation Peta, Krishna Singh (45), treffen im gut geheizten Elefantenzelt des Weihnachtszirkus aufeinander heizten die Stimmung gleich weiter an:

Erwin Frankello: Citta sagt schon mal „Hallo“. Ich stelle erstmal vor: Das sind Sandra und Citta, meine beiden afrikanischen Elefantendamen. Sie sind seit 16 und 15 Jahren in meiner Familie. Zu unserem Familienbetrieb gehören insgesamt zehn Elefanten auf unserem Hof in Mecklenburg. Ich bin mit Elefanten aufgewachsen. Sie haben mich in ihre Herde aufgenommen.

Krishna Singh: Elefanten sind wirklich wunderbare Tiere. Damit hört es aber an gemeinsamen Ansichten bei uns auf. Peta Deutschland ist der Meinung, dass Elefanten und andere Wildtiere nicht in Gefangenschaft gehören. 23 EU-Länder haben bereits bestimmte Wildtierarten in Zirkussen verboten. Auch in Deutschland gab es bereits drei Bundesratsinitiativen, die aber leider noch nicht erfolgreich waren.

Sonni Frankello: Und warum gab es denn diese Initiativen? Doch wegen Ihrer Hetzkampagne.

Erwin Frankello: Sie haben doch von Tuten und Blasen keine Ahnung. Sagen Sie mir doch mal, wie viele Herzschläge ein Elefant in der Minute hat!

Krishna Singh: Mir geht es nicht um irgendwelche Herzfrequenzen, und wir haben auch nichts gegen Zirkusse. Wir haben etwas gegen Wildtiere im Zirkus.

Erwin Frankello: Ein Zirkus ohne Tiere ist ein Varieté.

Sonni Frankello: Dann gehen Sie ins Kasperletheater. Die haben auch keine Tiere.

Krishna Singh: Wir haben gerade Circus Roncalli gelobt, weil er auf Tiere in der Manege verzichtet. Die Bedürfnisse von Wildtieren können in Gefangenschaft nicht befriedigt werden. Die Elefanten werden dressiert, werden häufig transportiert, stehen in engen Ställen.

Erwin Frankello: Ist das hier ein enger Stall? Wo ist das Problem? Die Tiere kennen das. Unsere Tiere kommen von hier aus direkt wieder auf unseren Hof. Hören Sie mir doch zu. Ich will Ihnen doch helfen.

Krishna Singh:Und ich will den Elefanten helfen.

Erwin Frankello: Dann tun sie es doch. Haben Sie schon mal die ganze Nacht neben einem kranken Elefanten gesessen?

Krishna Singh: Können Sie die Lautstärke wieder ein wenig runterfahren?

Erwin Frankello:Kann ich, aber will ich nicht. Wenn es im Tierreich so etwas wie Liebe gibt, dann lieben diese Tiere mich. Und ich liebe sie.

Krishna Singh: Neben den Haltungsbedingungen gibt es immer noch die Frage nach der Gefahr, die durch die Wildtiere ausgeht. Pro Monat gibt es in deutschen Zirkussen zwei Ausbrüche von Wildtieren.

Sonni Frankello: Meinen Sie jetzt Lamas? Die sind natürlich eine riesige Gefahr.

Krishna Singh: Ich meine wilde Tiere, die eine Gefahr im Straßenverkehr sind. Sie sagen, Sie lieben Ihre Tiere. Bei jeder zweiten Kontrolle durch das Veterinäramt gibt es erhebliche Mängel.

Erwin Frankello: Schauen Sie in unser Haltungsbuch. Bei uns gab es noch nie etwas. Sie können doch nicht alle über einen Kamm scheren.

Erwin Frankello legt sich mit geschlossenen Augen vor einen seiner Elefanten.

Krishna Singh: Das mag so sein bei Ihnen. Uns geht es aber um das grundsätzliche Problem von Wildtieren im Zirkus.

Sonni Frankello: Es gibt kein Problem!

Erwin Frankello: Jetzt sei doch mal ruhig. Ich bin selbst Tierschützer. Das, was ich mache, ist aktiver Tierschutz.

Krishna Singh: Die Tierschutzgesetze in Deutschland sind sehr lax und haben keinen Gesetzescharakter. Da gibt es viel zu viel Spielraum für die Zirkusbetriebe.

Sonni Frankello: Hören Sie mal zu. Ich habe fünf Genehmigungen und eine Transportgenehmigung. Wenn Sie Tiere schützen wollen, warum gehen Sie dann nicht nach Afrika?

Krishna Singh: Weil darauf als Peta Deutschland nicht unser Hauptaugenmerk liegt.

Sonni Frankello: Nein, das liegt auf Hetze. Was wäre denn, wenn ich jetzt käme und über Ihren Verein hetzen würde?

Krishna Singh: Das sollten Sie nicht tun.

Sonni Frankello:Sie machen es doch auch.

Krishna Singh: Ich setze mich für Tierrechte ein .

Sonni Frankello:Wenn Sie so viele Millionen haben, dann bauen sie mir doch mal ein schönes Elefantenhaus auf meinen Hof.

Krishna Singh: Das werde ich nicht tun.

Sonni Frankello:Und was machen Sie für die Tiere in Afrika? Gar nichts.

Krishna Singh: Das Geld, das die Leute an der Zirkuskasse ausgeben, um dressierte Tiere zu sehen, könnte auch besser für den Tierschutz in Afrika verwendet werden.

Sonni Frankello: Sie können uns angreifen, weil Sie einen riesengroßen Konzern im Rücken haben. Wir dagegen haben keine Lobby, und damit haben Sie uns am Arsch. Das ist unser Problem.

Krishna Singh: Glauben Sie mir, wenn Sie keine Lobby hätten, dann gäbe es schon lange keine Wildtiere in Zirkussen mehr. Ich hoffe sehr, dass wir auch in Deutschland bald so weit sind.

Sonni Frankello: Es tut mir sehr leid, weil Sie eigentlich ein sympathischer Mensch sind, aber leider sehr verbissen. Wo sollen denn die Tiere dann hin?

Krishna Singh: In Auffangstationen.

Erwin Frankello: Und dort sterben? Was macht das für einen Unterschied? Ich hoffe, dass ich auch in Zukunft weiter mit meinen Tieren arbeiten und leben kann und dass Menschen wie Sie mir nicht mein Leben kaputtmachen. Alles, was ich liebe, sind meine Tiere.

Erwin Frankello kommen die Tränen.

Er kann nicht weitersprechen.

Sonni Frankello: Was Sie mit uns machen, ist nicht mehr menschlich.

Krishna Singh: Machen Sie doch einfach einen super Zirkus.

Sonni Frankello: Machen Sie doch einen anständigen Tierschutz. Sie wollen uns fertigmachen. Aber soll ich Ihnen mal was sagen? Sie schaffen es nicht. Solange ich lebe, schaffen Sie es nicht. Weil wir die Tiere zu den Menschen bringen, und hier ist das Erlebnis. Und nicht in Afrika.

Erwin Frankello:Ich lade Sie ein, heute Abend in die Vorstellung zu kommen und sich selbst ein Bild zu machen.

Krishna Singh: Danke, aber nein.

Aufgeschrieben von Henry Berndt.