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In Zeitlupe unter der Mulde durch

Die Stadtwerke verlegen Mittelspannungskabel für die Versorgung von Mochau. Da müssen Spezialisten ran.

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© Jens Hoyer

Von Jens Hoyer

Döbeln. Auf einer feuchten Wiese bei Sörmitz am Radweg nach Roßwein haben die Bohrspezialisten ihre Maschinen aufgebaut. Das Gestände der Spülbohrmaschine verschwindet schräg im Wiesenboden. Die Spezialisten stoßen auf hartnäckigen Widerstand – nämlich auf festes Gestein. „Wir brauchen eine Stunde und zehn Minuten für eine Stangenlänge“, sagt Michael Medack von der Firma Belingua Systems. Eine Stange, das sind drei Meter. In etwa vier Meter Tiefe hat das Bohrgestänge die Mulde passiert und sich in elf Meter Tiefe unter der Straße an den Roßweiner Anlagen durchgearbeitet. Zwei Rollmeißel, jeder 5000 Euro teuer, haben die Arbeiter dabei verschlissen. Drüben auf der anderen Seite der Mulde, am Hang des Pferdeberges, ist der Bohrer in 140 Meter Entfernung exakt in der Zielgrube gelandet.

Mit solchen Rollmeißeln arbeiten sich die Bohrspezialisten durch das feste Gestein, das im Muldental zu durchqueren ist.
Mit solchen Rollmeißeln arbeiten sich die Bohrspezialisten durch das feste Gestein, das im Muldental zu durchqueren ist. © Jens Hoyer
Michael Medack an einem Leerrohr, das durch die Bohrung unter der Eisenbahnstrecke gezogen wurde. Es wird einmal ein Mittelspannungskabel aufnehmen.
Michael Medack an einem Leerrohr, das durch die Bohrung unter der Eisenbahnstrecke gezogen wurde. Es wird einmal ein Mittelspannungskabel aufnehmen. © Jens Hoyer

Belingua Systems aus Halle arbeitet im Auftrag der Stadtwerke, die eine neue Mittelspannungstrasse vom Schalthaus am Stockhausener Weg bis ins Gewerbegebiet Am Fuchsloch verlegen lässt. Länge: etwa zehn Kilometer. Zum größten Teil können die Kabel übers freie Feld verlegt werden, aber es gibt ein paar neuralgische Punkte, die der Energieversorger per Vertikalbohrungen überwindet. Der Düker unter der Mulde ist die letzte Bohrung, die die Spezialisten aus Halle noch setzen müssen.

Unter der B 175 bei Naußlitz und unter der A 14 haben sich die Bohrspezialisten schon hindurchgearbeitet. Die Unterquerung der Autobahn sei wegen der großen Entfernung, etwa 180 Meter, ziemlich anspruchsvoll gewesen, sagt Michael Medack. Etwas spezieller war auch die Bohrung unter der Eisenbahnlinie Döbeln-Meißen. Wegen der besonderen Vorschriften mussten die Firma dreimal bohren, weil statt einer großen Bohrung drei kleinere für die Verlegung der Leerrohre nötig waren. Zudem lauerte dort eine böse Überraschung. Es wurde dabei eine wasserführende Schicht angekratzt, das Wasser lief scheinbar unaufhaltsam. „Wir haben die Bohrung zum Glück dicht bekommen. Sonst hätten wir eine Drainage verlegen müssen“, sagt Medack.

Die Technik des Vertikalspülbohrens ist ausgeklügelt. Zuerst wird eine kleinere Pilotbohrung gesetzt. Im Bohrkopf, der sich steuern lässt, befindet sich eine Sonde, sodass sich mit einem Messgerät die genaue Position unter der Erde ermitteln lässt. Mit dem Durchmesser dieses Bohrlochs lässt sich aber noch nicht viel anfangen. Es muss in mehreren Schritten bis auf 45 Zentimeter aufgeweitet werden. Gespült wird dabei mit Bentonit, einem Tonmineral in Wasser, das über sehr spezielle Eigenschaften verfügt. Es befördert das Bohrklein nach draußen und stabilisiert die Bohrung, damit sie nicht zusammenfällt. Die Stadtwerke lassen durch die Bohrung drei Leerrohre verlegen. Durch zwei werden Mittelspannungskabel und durch die dritte ein Glasfaserkabel zur Fernüberwachung verlegt.

Voraussichtlich Mitte Oktober wird die neue Mittelspannungstrasse nach Mochau fertiggestellt. „Wir liegen im Plan“, sagte Andreas Richter, Fachabteilungsleiter Netz bei den Stadtwerken. Mit dem neuen Jahr werden die Stadtwerke die Stromversorgung der neuen Ortsteile um Mochau, außerdem von Ziegra und Ebersbach übernehmen. Diese werden bisher von der Envia versorgt. Zur Trennung der Netze war der Neubau der Mittelspannungsleitungen zum Gewerbegebiet Fuchsloch nötig, wo die Anbindung erfolgt. Ganz billig ist das nicht: Döbelns Energieversorger investiert rund fünf Millionen Euro in den technischen Ausbau und noch einmal die gleiche Summe in den Ankauf der Netze von Envia. Aber es lohnt. Der Konzessionsvertrag mit der Stadt Döbeln läuft über einen Zeitraum von 20 Jahren.