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In der alten Weberei wird gebaut

Bis Ende des Jahres entstehen in der früheren Großröhrsdorfer Fabrik Wohnungen – und vieles mehr.

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© PB Schubert

Von Reiner Hanke

Großröhrsdorf. Ganz unten im Keller rumort es. Dort bauen die Handwerker gerade an der Heizzentrale für das „Domizil Alte Weberei“ in Großröhrsdorf. Die Bauleute arbeiten sich quasi von unten nach oben in der ehemaligen Fabrik. Im Keller entsteht eine moderne Heizung mit Kraftwärmekopplung. Die wird künftig in der Wohnanlage des „Domizil Alte Weberei“ in Großröhrsdorf für wohlige Wärme in den Appartements sorgen. Bis März 2016 wurden hier Verbandsstoffe hergestellt. Zuletzt unter dem Namen Temedia. Die Firma zog sich jedoch überraschend zurück und ging nach Bischofswerda. Damals ging eine über 200-jährige Webereitradition zu Ende.

Im hinteren Hof sollen unter anderem der Wäscheplatz und auch eine Grillecke entstehen. Fotos:
Im hinteren Hof sollen unter anderem der Wäscheplatz und auch eine Grillecke entstehen. Fotos: © Matthias Schumann
Heizungsbauer Volker Schulze von der Firma Gebrüder Albrecht montiert das Verteilungssystem für das Blockkraftwerk im künftigen Wohnkomplex.
Heizungsbauer Volker Schulze von der Firma Gebrüder Albrecht montiert das Verteilungssystem für das Blockkraftwerk im künftigen Wohnkomplex. © Matthias Schumann

Die Großröhrsdorfer Eigentümerfamilie der Gebäude verharrte nicht lange in Schockstarre, sondern entwickelte ein neues Konzept für den Industriekomplex mit 4 200 Quadratmetern Raum für Ideen. Am Ende sogar mit besseren Zukunftschancen als die Weberei. Dafür startete jetzt der Umbau. Der ist schon sichtbar vorangekommen. An den Details wurde auch in den vergangenen Monaten noch gefeilt. Im Erdgeschoss des Vorderhauses warnte noch vor ein paar Tagen ein Schild, den frischen Estrich nicht zu betreten. Hier haben die Bauleute für die künftigen Nutzer Wände versetzt und neu eingezogen. In diesem Gebäudeteil wird die Verwaltung des „Domizil Alte Weberei“ ihre Räume haben, die Werbeagentur „stilechtanders“ und die Baubetreuung Thomas Schöne einziehen. Er begleitet zugleich als Miteigentümer des früheren Fabrikareals das Projekt.

Zu dem gehört ebenfalls ein ambulanter Pflegedienst im Vorderhaus. Den können natürlich auch die künftigen Bewohner in Anspruch nehmen, versichert Thomas Schöne. Schon im April soll der Pflegedienst starten. Das gesamte Projekt bis Ende 2018 abgeschlossen sein. Über dem Pflegedienst ist ebenfalls Wohnraum geplant. Im Haus 2, dem früheren Produktionsgebäude, plant Thomas Schöne jetzt im ersten Obergeschoss mit Räumen für eine Wohngruppe mit etwa zwölf Plätzen, alles barrierefrei. Gut geeignet für ältere Herrschaften, aber auch offen für alle Altersklassen von Menschen mit Handicaps. Darüber zwölf barrierefreie und altersgerechte Wohnungen. Alles mit Aufzug erreichbar. Außerdem werden Balkons angebaut. In den Obergeschossen pfeift aber derzeit noch der Wind durch die leeren Werkshallen. Vier weitere barrierefreie Wohnungen wird der Nordflügel künftig beherbergen.

Schon erahnen lässt sich nach den ersten Bauwochen, wo einmal die Kitakinder spielen und lernen werden, in der früheren Produktionshalle hinter dem Hauptgebäude. Fest steht schon, dass die Awo Bautzen die Kindereinrichtung übernimmt. Drei Gruppenräume für 48 Mädchen und Jungen sind geplant. Der Bedarf ist momentan groß. Die Front zum künftigen Garten mit Spielplatz der Kindertagesstätte haben die Bauleute bereits geöffnet, sie wird später verglast. Im 5 000 Quadratmeter großen Außengelände sollen zudem Grünanlagen und 60 Parkflächen entstehen.

Im Erdgeschoss des Hauptgebäudes legen die Handwerker unterdessen gerade den Fußboden tiefer. Damit auch die Fußbodenheizung reinpasst. Hier wird eine Physiotherapie einziehen, dazu ein Friseur/Fußpflege. Auf der Verladerampe davor haben die Bauleute derzeit ein schwergewichtiges Relikt aus vergangener Zeit geparkt. Eisern und rostig, eine Luftschutztür, erklärt Thomas Schöne. Sein Baubüro hat er momentan in der früheren Fabrikbesitzervilla auf dem Gelände eingerichtet. An den Wänden und auf dem Tisch – überall Pläne. Hier bespricht er den Baustand und Details mit den Architekten. Da wird jetzt genau festgelegt, wo Steckdosen, Waschbecken oder Heizkörper eingebaut werden.

Was hier entstehen soll, ist nicht einfach nur ein Wohnkomplex: Sondern ein kleines Ortszentrum in diesem Bereich der doch sehr langgezogenen Stadt, stellt sich Architektin Kati Schlegel vom Radeberger Planungsbüro Schubert vor. Mit den vielfältigen Nutzungsarten sei das ein großartiges Konzept und passe auf das Areal. Ein Treff für unterschiedliche Generationen, für Jung und Alt, die hier auch unter einem Dach wohnen können. Für Eltern, die ihre Kinder aus der Kita abholen und noch ein Eis essen. Für ältere Herrschaften, die die medizinischen Angebote nutzen. Gerade in Zeiten des demografischen Wandels wundere sich die Architektin deshalb, dass solche Vorhaben von Privatleuten überhaupt nicht gefördert werden, sagt die Architektin kritisch. Die Bauherren rechnen mittlerweile mit etwa vier Millionen Euro für die Investition.

Vom Baubüro eröffnet sich auch ein guter Blick auf den vorderen Hof. Dort wo gegenüber noch Garagen sind, plant der Investor ein Café: „Das Flachdach wird begrünt und zur Terrasse umgebaut“, so Thomas Schöne. Die wird künftig den Bewohnern im ersten Obergeschoss des früheren Produktionsgebäudes zur Verfügung stehen.“ Für das Café sucht der Bauherr noch einen Betreiber. Er sei da beim Konzept sehr flexibel bei Wünschen von Interessenten. So würde in den Bereich noch gut ein Hofladen passen. Dann könnten die älteren Herrschaften aus dem Wohnkomplex oder aus der Gegend kleine Einkäufe erledigen. Der Hof selbst werde aufgeschüttet, begradigt und zur verkehrsberuhigten Zone. Bei schönem Wetter könnten dort Tische und Stühle zum Verweilen einladen, sagt der Bauherr. Eine schöne Vorstellung, die bis zum Jahresende Realität werden soll.

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