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Immer zur Stelle, wenn’s brennt

Lange gab es offiziell nur einen Schulsozialarbeiter in Görlitz. Dass es jetzt mehr sind, kommt vielen Kindern zugute.

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© nikolaischmidt.de

Von Daniela Pfeiffer

Görlitz. Es ist ein großes Glück, dass wir sie haben. Schulleiter Thomas Grahle kann der guten Worte nicht genug finden, wenn er auf Birgit Göhler angesprochen wird – Schulsozialarbeiterin und gute Seele der Grundschule am Fischmarkt. Wo immer es Streit, Provokationen oder Beleidigungen zwischen den Kindern gibt, ist die 58-Jährige zur Stelle. Dafür hat sie Strategien entwickelt. „Frau Göhler ist geschult in Deeskalation, sie kann auch sehr gut die Perspektive des Gegenübers einnehmen“, erzählt Thomas Grahle. Und sie gibt auch Kindern Aufgaben, ein kleines Team hat sie zu Streitschlichtern ernannt.

Seit 2011 ist Birgit Göhler schon in der Grundschule am Fischmarkt – beschäftigt über den Görlitzer Verein Cateedrale als externer Träger. Mit ihr hat die Schule seit 2011 eine Kooperation. Damals hießen die Förderprogramme noch anders, war der Schwerpunkt auf die Entwicklung von Kompetenzen formuliert. Inzwischen ist der eine Fördertopf leer, der Freistaat Sachsen hat ein neues aufgelegt, über das inzwischen einige Schulen in Görlitz einen Sozialarbeiter beschäftigten können – alle angestellt über externe Träger wie den Internationalen Bund oder den Aktiva-Sozialraum Lausitz. Vornehmlich Schulen mit einem höheren Anteil an sozial schwachen Familien und vielen Kindern mit Migrationshintergrund haben so eine Unterstützung bekommen – eben weil es dort oft mehr Probleme als anderswo gibt.

Zwei Sozialarbeiter sind vom Aktiva-Sozialraum Lausitz an die Melanchthonschulen geschickt worden und dort seit August in Aktion: Tino Schmacht an der Grundschule und Susanne Michulitz an der Oberschule. Beide sind hier, um sich um Gewalt- oder Suchtprävention zu kümmern, Projekte zu organisieren, in Krisen einzugreifen oder schlicht Kinder und Eltern in allen möglichen Konfliktfragen zu beraten. „Das kann schon in der ersten Klasse beginnen, wenn sich das Kind morgens vor der Schule nicht von Mama trennen kann“, sagt Tino Schmacht. Dann hilft der 51-Jährige dabei, Strategien zu entwickeln. Auch während des Unterrichts sei man punktuell dabei, um zu sehen, wie sich bestimmte Kinder in der Stunde verhalten: Können sie folgen, brauchen sie Hilfe, wo kann man ansetzen? „Das erfolgt alles auf freiwilliger Basis“, betont Tino Schmacht. Aber in den meisten Fällen wird die Hilfe dankbar angenommen – auch von Lehrern, die gar keine Zeit haben, sich um soziale Probleme zu kümmern.

Konstanze Marschler, Schulleiterin des Förderschulzentrums Mira Lobe in Königshufen, kann das nur bestätigen. Sie ist die einzige, die mit Heiner Seibt schon länger einen offiziellen Schulsozialarbeiter zur Seite hat – vor dem neuen Förderprogramm des Freistaates war Seibt gar der einzige in Görlitz, sogar im ganzen Landkreis. In der Stadt gibt es inzwischen Sozialarbeiter neben den Melanchthonschulen und der Grundschule Innenstadt auch an der Oberschule Innenstadt und der Oberschule Rauschwalde, auch für die Grundschule Königshufen war jemand geplant.

Am Förderschulzentrum in Königshufen hat Heiner Seibt ein eigenes Büro, das Kindern immer offen steht. „Es vergeht auch fast keine Woche, in der wir mal nichts zu klären haben“, sagt die Schulleiterin. Manchmal eben auch mit Hilfe von Polizei und Jugendamt. Umso froher ist sie, sich um diese Sorgen nicht allein kümmern zu müssen. Aber nicht nur für die Probleme sind Schulsozialarbeiter da. „Wir hatten gerade erst ein großes Projekt der fünften bis neunten Klassen“, erzählt Frau Marschler, „mit einer tollen Ausstellung dazu.“ All diese Hilfe, die Schulsozialarbeiter geben können, soll letztlich natürlich vor allem zu besseren Lernergebnissen führen. Dass das tatsächlich diesen Effekt hat, kann Konstanze Marschler bestätigen.

Natürlich ist das auch Birgit Göhlers Ziel. Und sei es, dass sie beim Seilspringen in den Pausen den Kindern spielerisch das Zählen auf Deutsch, Polnisch und Englisch beibringt. Nebenbei gibt sie den Kindern noch soziale Kompetenzen mit auf den Weg: andere nicht auslachen, geduldig warten, bis man dran ist, Spielsachen selbstständig wieder aufräumen. Nachmittags unterstützt sie bei den Hausaufgaben. Zu tun gibt’s immer. So geht es auch Tino Schmacht. Aber er weiß, wofür das alles ist: „Ich bin glücklich, wenn die Kinder morgens mit großen Augen freudig in die Schule kommen und nachmittags mit einem fröhlichen ‚Tschüssi, Herr Schmacht‘ wieder gehen. Dann weiß ich, dass es für sie ein schöner Tag war.“