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Immer dem Wetter nach

Ein Verein macht aus Sonne, Regen und Schnee im Osterzgebirge eine Erlebnistour. Jüngste Attraktion: eine Sonnenuhr.

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© Frank Baldauf

Von Mandy Schaks

Norbert Märcz ist diesen Sommer kaum aus seinen kurzen Hosen rausgekommen. Und das in fast 900 Metern Höhe, dort, wo meist ein kühles Lüftchen weht, es die Leute hinzieht, wenn über Ballungszentren eine Dunstglocke hängt. Doch selbst in Zinnwald – statistisch gesehen einer der kältesten bewohnten Orte Deutschlands – kam Klärchen dieses Jahr aus dem Strahlen nicht heraus. Das weiß keiner besser als Norbert Märcz, von Beruf Wetterbeobachter und im Ehrenamt Chef vom Wetterverein in Zinnwald-Georgenfeld.

An wie vielen Tagen konnte seit 1971 Ski gefahren werden? Ein besonderer Zaun hinterm Zinnwalder Lugsteinhof verrät es.
An wie vielen Tagen konnte seit 1971 Ski gefahren werden? Ein besonderer Zaun hinterm Zinnwalder Lugsteinhof verrät es.
Auf dem Weg zum Kahleberg veranschaulichen Röhren die durchschnittlichen Niederschläge im Monat.
Auf dem Weg zum Kahleberg veranschaulichen Röhren die durchschnittlichen Niederschläge im Monat.
Norbert Märcz kann sich freuen. Es gab nicht nur Sonne satt. Mithilfe von Klärchen kann auch die Zeit in Zinnwald angezeigt werden.
Norbert Märcz kann sich freuen. Es gab nicht nur Sonne satt. Mithilfe von Klärchen kann auch die Zeit in Zinnwald angezeigt werden. © Frank Baldauf

Bis Ende August konnte die Wetterstation in Zinnwald-Georgenfeld 1 417 Sonnenstunden verbuchen – das sind fast 200 Stunden mehr als im bisherigen Rekord-Jahr 2003. Und bis Mitte Oktober schien kein Ende in Sicht, obgleich Klärchen zuletzt zusehends an Kraft verlor. Erst am Sonntag verabschiedete sich der Sonnen-Herbst mit über sechs Stunden Sonnenschein, wie das Internetportal Wetterkontor informiert. Norbert Märcz freut’s. Besser hätte es für den Wetterverein nicht laufen können.

Dieser überlegte schon lange, den Zinnwalder Wetterlehrpfad zu erweitern und eine Sonnenuhr auf dem Wanderweg zu installieren. Aber die Arbeit, das Geld … „Es hat dann doch zwei Jahre gedauert“, sagt Märcz. Und das war vielleicht gar nicht so schlecht. Denn genau als der Sommer zu Hochform auflief, konnte die Sonnenuhr zeigen, was sie kann. Mit Unterstützung der Stadt Altenberg baute der Wetterverein diese Installation vorm Landmarkt auf. „Hier ist ein sonniger und auch zentraler Platz“, erklärt Märcz. Es ist ein Schmuckstück geworden, das sich dank einer Informationstafel in Deutsch, Tschechisch und Englisch auch selbst erklärt.

Matthias Dube, ein Handwerker aus dem Ort, dessen Frau im Wetterverein engagiert ist, stellte die Sonnenuhr aus Edelstahl in Handarbeit her. Allein den Materialwert beziffert Norbert Märcz mit mehr als 1 000 Euro. „Ansonsten entstand alles in Eigenleistung.“ Es war obendrein eine ganz schöne Tüftelei, verrät der Vereinsvorsitzende. Schließlich soll ja auch alles funktionieren. „Dabei gehen Sonnenuhren kaum richtig“, erzählt Märcz und schmunzelt. „Die Erde eiert.“ Wenn sich der Blaue Planet um die Sonne dreht, ziehe er keinen Kreis, sondern nimmt eine leicht elliptische Umlaufbahn. Dadurch kommt es im Jahresverlauf zu Abweichungen von etwa einer Viertelstunde.

Außerdem ist zu beachten, dass die Sonnenuhr die mittlere Ortszeit von Zinnwald-Georgenfeld anzeigt. Das bedeutet, während der mitteleuropäischen Zeit geht sie vier Minuten nach, in der Sommerzeit ist es noch eine Stunde mehr.

Auf die Sonne selbst ist in Zinnwald-Georgenfeld auch nicht immer Verlass. Im Schnitt scheint sie an 1 488 Stunden im Jahr. Am meisten zeigt sich Klärchen laut Statistik – das Wetter wird seit 1971 aufgezeichnet – übrigens im Mai und Juli. Wer da seinen Urlaub plant, kann auf jeweils 206 Stunden Sonnenschein im Monat hoffen. „Im Juni haben wir in der Regel nicht so viel Sonne“, erläutert Wetterbeobachter Märcz, „weil es dann oft mehr Wolken gibt.“ Ganz rar macht sie sich in der Regel im Dezember. Da ist sie durchschnittlich nur 35 Stunden zu sehen – im ganzen Monat.

Norbert Märcz kann viel erzählen zum Wetter im Allgemeinen und zu dem in Zinnwald im Besonderen. Fasziniert von den Naturschauspielen im Osterzgebirge, fanden sich 2014 Interessierte in Zinnwald zum Wetterverein zusammen. Die Profis unter ihnen wussten, Wetter interessiert viele Menschen, besonders seit der Jahrhundertflut 2002. Und das wollten sie jedermann verständlich erklären. So entstand die Idee für einen Wetterlehrpfad um Zinnwald, der nach Schneehöhen- und Skitagezaun sowie Regenwasser-Installation in diesem Jahr die vierte Station mit der Sonnenuhr erhielt. Und falls endgültig kein Kurze-Hose-Wetter mehr ist, nimmt Norbert Märcz Interessierte einfach mit zur Nebelwanderung.