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Im Kampf gegen Keime

Christoph Kutschker ist der oberste Hygieniker der Elblandkliniken. Er redet auch beim Neubau in Riesa mit.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Diese Spülmaschine sieht aber merkwürdig aus. Sie stammt von Miele, die Front aus Edelstahl glänzt. Aber irgendwas ist anders: Der Geschirrkorb wirkt mit seiner verschlungenen Metallkonstruktion gar nicht wie ein Geschirrkorb – und ist auch keiner. „Das ist ein Reinigungs- und Desinfektionsgerät“, sagt Christoph Kutschker. Der Mann im weißen Kittel und der markanten Brille schaut sich die beiden schwarzen Instrumente an, die im Korb liegen, wo sich anderswo frisch gewaschene Kaffeetassen aufreihen. Was ist denn das? „Das eine ist ein Zystoskop zur Untersuchung der Harnblase, das andere ein Koloskop zur Darmspiegelung“, sagt der oberste Hygieniker der Elblandkliniken.

Das Wichtigste für die Hygiene im Krankenhaus ist die regelmäßige Hände-Desinfektion.
Das Wichtigste für die Hygiene im Krankenhaus ist die regelmäßige Hände-Desinfektion. © Sebastian Schultz

Der 33-Jährige muss das Desinfektionsgerät in der Endoskopie im Erdgeschoss des Riesaer Krankenhauses nicht selbst befüllen und ausräumen. Aber er ist dafür verantwortlich, dass die Geräte immer vorschriftsmäßig ihre Aufgabe erledigen. Regelmäßig gibt es Stichprobenkontrollen, dass die Maschine sämtliche Keime abtötet – und die Patienten nur mit einwandfreien Untersuchungs- oder Behandlungsgeräten in Kontakt kommen. „Dafür lassen wir bei den Kontrollen unter anderem steriles Wasser durchlaufen und prüfen, ob es danach noch steril ist“, sagt Christoph Kutschker.

Bevor er den Raum verlässt, greift der Mediziner zum Spender mit der Desinfektionsflüssigkeit, der in der Endoskopie direkt neben der Tür hängt – so wie gefühlt in jedem zweiten Raum des Krankenhauses. Geradezu reflexartig massiert er die Handflächen, die Fingerzwischenräume, die Handrücken. Das hat er beim Betreten des Raums auch schon gemacht. Und er wird es in der nächsten halben Stunde beim Rundgang durchs Riesaer Krankenhaus noch sehr oft wiederholen.

Als Krankenhaushygieniker, der bei den Elblandkliniken nicht nur für Riesa, sondern auch für Meißen und Radebeul zuständig ist, muss der gebürtige Meißner Vorbild sein. „Die ordentliche Händehygiene ist die absolute Grundlage“, sagt der Mediziner, der auch noch regelmäßig als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie tätig ist und sich sonst um alle hygienischen Fragen der Krankenhäuser kümmert. Gibt es eine Änderung beim Bundesinfektionsschutzgesetz, muss er das genauso wissen wie bei den sächsischen Verordnungen zum Thema. Er verfolgt die aktuellsten Empfehlungen, Richtlinien und Leitlinien, die vom Robert-Koch-Institut kommen, und kümmert sich mit einem Team darum, dass sämtliche Mediziner, Pflegekräfte und alle übrigen Mitarbeiter in den Elblandkliniken auf dem neuesten Stand sind – und sich an die Regeln halten.

„Das ist gerade im Alltag nicht immer ganz leicht“, sagt der 33-Jährige, während er sich beim Blick in die nächste Krankenhausstation schon wieder die Hände desinfiziert. Dabei ist die Grundregel, einmal gelernt, recht einfach: Fünf Anlässe gibt es zur Händedesinfektion. Vor dem Kontakt mit dem Patienten. Danach. Nach dem Kontakt mit der Patientenumgebung – etwa Bettdecke, Schrank, Klingel. Nach dem Kontakt mit potenziell infektiösem Material – etwa der Bettpfanne. Und natürlich vor allen aseptischen Tätigkeiten wie der Blutabnahme oder dem Legen von Infusionen. „Klingt trivial. Ist es aber nicht“, sagt Christoph Kutschker.

Denn was ist, wenn sich nicht nur der Alltag einschleicht, sondern auch noch viel potenzielle Ablenkung kommt? Da redet der Patient, da klingelt das Telefon, da kommt jemand an die Tür, da gibt es nebenan einen Notfall. Der Krankenhaushygieniker behält ein Auge darauf, dass sich die Kollegen trotzdem an die Regeln halten. Denn dort, wo viele Kranke sind, gibt es auch Keime. Und jeder Besucher bringt, ob er will oder nicht, welche von draußen mit: Sie lauern auf Geldscheinen, an Türklinken, Haltegriffen im Bus. „Womit das Immunsystem eines Gesunden schon klarkommt, kann für einen geschwächten Erkrankten zum Problem werden“, sagt der Hygieniker – und empfiehlt auch Angehörigen, vor dem Kontakt mit dem Patienten die Hände zu desinfizieren. Dafür hängt beispielsweise gleich hinter dem Haupteingang ein Spender, in den Patientenzimmern ohnehin.

Allein am Standort Riesa verbrauchen die Elblandkliniken pro Jahr mehr als 4 000 Liter an Hände-Desinfektionsmitteln. Und es dürften bald noch mehr werden: Denn Christoph Kutschker, der in seiner Freizeit im Präsidium des Sächsischen Fußball-Verbands mitwirkt, hat längst einen Blick auf den Erweiterungsbau hinter dem Hochhaus geworfen, der mehr und mehr Formen annimmt. Bei der Ausstattung des Neubaus hat der Hygieniker ein wesentliches Mitspracherecht – genauso wie bei der Gestaltung der neuen Arbeitsabläufe. „Sonst kommt ein Krankenhausbau nicht zustande“, heißt es von den Elblandkliniken. Deshalb war der Hygieniker schon an den Planungen beteiligt: Wie ordnet man Räume aus Hygiene-Sicht am zweckmäßigsten an? Wo kommen Waschbecken hin? Wie passt die geplante Innenausstattung zu den zahllosen Desinfektionsmittel-Spendern?

Momentan beschäftigt ihn auch die Frage, wie sich die Umbauarbeiten im Haupthaus, der dabei entstehende Staub und die Wege der Handwerker mit den Hygieneregeln unter einen Hut bringen lassen: Eine Herausforderung, die Riesa noch einige Jahre erhalten bleibt – laufen dort doch gerade die größten Umbauarbeiten seit Jahrzehnten. Es bleibt spannend. Nicht nur für den Krankenhaushygieniker.