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„Ich würde Rentner nicht mehr damit belasten“

Schrittweise kommt die Steuerpflicht auf Renten. Beraterin Susanne Fritzsche sieht das kritisch.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Franz Herz

Dippoldiswalde. Seit 2005 gilt die gesetzliche Regelung, nach der auch Renteneinkommen versteuert werden müssen. Diese Regelung wird schrittweise eingeführt bis zum Jahr 2040. Mehr und mehr ältere Menschen müssen also immer noch oder wieder eine Steuererklärung abgeben. Über das Thema sprach die Sächsische Zeitung mit Susanne Fritzsche, die die Beratungsstelle des Lohnsteuerhilfevereins „Steuerring“ in Dippoldiswalde leitet.

© Geipel, Erik

Frau Fritzsche, kann man sagen, wer auch im Alter mit Sicherheit vor einer Steuererklärung verschont bleibt?

Nein, das ist so komplex und umfangreich geregelt. Es hängt immer davon ab, in welchem Jahr jemand in die Rente gegangen ist, wie alt er zu diesem Zeitpunkt gewesen ist, ob er noch eine zweite Rente oder anderes Einkommen hat. Die größten Chancen, keine Steuererklärung machen zu müssen, haben ältere Rentner, die vor 2005 in die Rente gegangen sind und keine allzu üppige Rente bekommen.

Hilfe bei der Steuer

Die Gewerkschaften haben 1964 erreicht, dass in der Bundesrepublik Lohnsteuerhilfevereine als Selbsthilfeeinrichtung für Arbeitnehmer eingerichtet wurden, um diesen eine kostengünstige Steuerberatung zu bieten.

Ihr Angebot ist begrenzt, und es gibt ca. 300 verschiedene Vereine.

Susanne Fritzsche leitet die Beratungsstelle Dippoldiswalde eines solchen Vereins, des „Steuerrings“.

Die Diplom-Chemikerin hat die Ausbildung zur Steuerfachgehilfin absolviert und sich 1991 dem „Steuerring“ angeschlossen. Sie spezialisierte sich u. a. auf den öffentlichen Dienst, die Rentenbesteuerung sowie auf Einkünfte aus dem Ausland.Quelle: Wikipedia, Steuerring

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Wer hilft, um genau zu klären, ob ein Rentner steuerpflichtig ist oder nicht?

Jeder kann bei seinem Rentenversicherungsträger eine sogenannte Rentenbezugsmitteilung anfordern. Damit geht man dann am besten zu einem Lohnsteuerhilfeverein wie dem „Steuerring“ oder einem Steuerbüro.

Kann das Finanzamt da nicht auch weiterhelfen?

Eigentlich müssten die Mitarbeiter das auch sagen können. Wenn man seine Steuer-Identifikationsnummer parat hat, sehen sie mit einem Klick, ob man mit seiner Rentenhöhe unter die Steuerpflicht fällt.

Kann ein Rentner vermeiden, unter die Steuerpflicht zu fallen?

Bei entsprechenden Einkünften lässt es sich nicht umgehen, eine Steuererklärung zu machen. Darin können aber auch Rentner, so wie jeder andere Steuerzahler auch, entsprechende Beträge absetzen, beispielsweise für Dienstleistungen im Haushalt oder für außergewöhnliche Belastungen. Man muss auch immer wieder kontrollieren, wie sich die Zahlen entwickeln. Es kann passieren, dass jemand durch eine Rentenerhöhung in die Steuerpflicht hineinrutscht. Oder wenn jemand bisher nicht steuerpflichtig war, aber nach dem Tod des Partners eine Witwenrente bekommt, hat er zwei Renten und wird damit steuerpflichtig.

Wenn jemand durch solche Absetzungsbeträge doch keine Steuer zahlen muss, kann der von der Steuererklärung verschont werden?

Ja, aber nicht von vornherein. Erst einmal muss eine Steuererklärung vorliegen und mit einem Nullbescheid beantwortet werden. Dann kann man beantragen, dass man von der Pflicht zur Steuererklärung befreit wird. Allerdings muss man dann immer noch die Entwicklung der Einkommen und der Absetzungsbeträge genau beobachten. Es kann ja sein, dass man wieder in die Steuerpflicht hineinrutscht.

Was raten Sie, kann man die Steuererklärung alleine bewältigen?

Wenn jemand bisher keine Steuererklärung gemacht hat, würde ich das nicht empfehlen. Die Formulare sind doch zu unübersichtlich. Wer seine Steuererklärung bisher selbst bewältigt hat, vielleicht mithilfe von Software, sollte das auch als Rentner können. Ansonsten bieten wir als Lohnsteuerhilfeverein und auch Steuerbüros ihre Hilfe an.

Was ist der Unterschied zwischen einem Lohnsteuerhilfeverein und einem Steuerberater?

Wir als Lohnsteuerhilfeverein beraten nur im Rahmen einer Mitgliedschaft und wenden uns in erster Linie an Arbeitnehmer, die nur in gewissem Rahmen Zusatzeinkünfte haben dürfen wie aus Mieteinnahmen. Wir machen keine gewerblichen Sachen. Steuerberater hingegen können in allen steuerlichen Fragen beraten.

Was kostet die Mitgliedschaft beispielsweise in Ihrem Steuerhilfeverein?

Der Mitgliedsbeitrag beginnt bei 55 Euro im Jahr und ist nach Einkommen gestaffelt bis zu einer Höhe von 350 Euro im Jahr.

Welche Konsequenzen hat es, wenn jemand keine Steuererklärung abgibt, obwohl er dazu verpflichtet wäre?

Das Finanzamt kontrolliert zunehmend stärker, ob auch Rentner ihre Steuererklärung gemacht haben. Danach kann das Finanzamt auch bis zu vier Jahre rückwirkend eine Erklärung fordern. Da können erhebliche Nachzahlungen zustande kommen.

Beobachten Sie Unterschiede zwischen Stadt und Land?

Im städtischen Umfeld, also Dresden und dem Speckgürtel, sind die Mieten höher. Diese Einnahmen können also zu einer Steuerpflicht führen. Auf dem Land ist das nicht so stark zu beobachten. Hier gibt es aber Fälle, dass Rentner größere landwirtschaftliche Flächen verpachten und deswegen unter die Steuerpflicht fallen.

Mal ganz persönlich gefragt: Was halten Sie von der Besteuerung der Renteneinkommen?

Ich mache seit 28 Jahren steuerliche Beratung. Früher konnte ich mich meistens von jemand verabschieden, wenn er in Rente ging. Jetzt kommen viele nach und nach wieder. Ich finde es nicht schön, dass sich die ältere Generation immer noch damit befassen muss. Ich würde die Rentner nicht mehr damit belasten. Die haben mit ihrer Lebenssituation genug zu tun.

www.beratungsstellensuche.de