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„Ich bin kein Schöne-Bilder-Maler“

Wolfgang Bochnia wird 80. Das hält den bekanntesten Riesaer Künstler nicht von der Arbeit ab.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Dieser Mann wird bald 80? Das mag kaum glauben, wer Wolfgang Bochnia begegnet. Voller Elan rahmt er ein Landschaftsgemälde nach dem nächsten ein: Am Freitagabend wird im Museum aus Anlass des Festtags seine Ausstellung „Art & Weise III“ eröffnet. Bis dahin ist noch viel zu tun. Der Künstler nimmt sich trotzdem Zeit für ein Gespräch mit der SZ.

Herr Bochnia, wie viele Ihrer Werke stellen Sie denn im Museum aus?

Oh, das habe ich noch gar nicht gezählt. Aber rund 70 werden es schon sein. In den Gang kommen noch 15 kleinere Werke. Die gehören zu einem eigenen Zyklus.

Ich sehe hier Landschaftsgemälde, Abstraktes, Zeichnungen: Wie oft machen Sie so eine große Ausstellung?

Seit meinem 70. Geburtstag alle fünf Jahre. Schließlich dauert allein der Aufbau mindestens drei Tage. Die Werke stammen aus den vergangenen zehn, zwölf Jahren. Einzelne sind aber auch schon aus den 90ern dabei – zum Beispiel Ansichten vom Wiederaufbau des Dresdner Schlosses.

Die Landschaften sehen aber eher nach Italien aus. Gehen Sie immer noch so viel auf Studienreisen?

Zuletzt waren das eher Urlaubsreisen. Wobei ich nicht zu den Leuten gehöre, die sich nach der Ankunft auf den Liegestuhl legen. Ich breche gleich auf und fahre durch die Landschaft, um Eindrücke aufzufangen. In der Türkei, in Italien, Spanien, Portugal hat mich das Fluidum der Ortschaften begeistert. Malerisch ist das toll. Die Frage ist natürlich, ob man da im Alltag leben möchte – etwa an steilen Hängen. Das haben wir doch einfacher: einfach rein ins Auto und ab zum nächsten Supermarkt.

Planen Sie schon die nächste Reise?

Nein. Ich habe erst mal genug. Wir mussten einmal am Flughafen eine Nacht verbringen, weil der Flieger ausfiel. So was fällt den jungen Leuchten leichter.

Und Sie ruhen sich als Rentner aus?

Nein. Ich arbeite Vollzeit, was die Malerei angeht. Das ist ein Beruf, mit dem man nicht aufhört. Oft liege ich auch nachts wach und denke darüber nach, wie es am nächsten Tag konkret weitergeht. Manchmal schaue ich auch meine Arbeiten in der Galerie durch. Das verschafft mir Inspiration. Es gibt immer was zu tun! Ich habe auch ein Faible für zeitgenössische Kunst: Da möchte ich schon wissen, was die Kollegen machen. Deshalb bin ich auch im sächsischen Künstlerbund Mitglied.

Haben Sie auch einen Riesaer Künstler, der sie begeistert?

Eigentlich nicht. Aus meiner Generation ist keiner mehr da. Und die Jüngeren kommen alle eher aus der Hobby-Richtung.

Sie selber haben ja zunächst eine Lehre als Werbegestalter, Plakatmaler, Schriftgestalter gemacht ...

Ja. Ein Studium hätte ich mir nach dem Krieg gar nicht leisten können. Mein Vater Walter – Akademischer Maler – war mein Mentor. Später habe ich künstlerische Seminare besucht. Aber schon als Siebenjähriger war ich von der Malerei begeistert.

Das wissen Sie heute noch so genau?

Ja! Ich kann mich noch an meinen Zeichenlehrer aus der Schule erinnern. Mit dem schreibe ich mich heute noch. Der über 90-Jährige ist bis heute kunstinteressiert und hat meinen Werdegang verfolgt. Dem habe ich eine kleine Mappe mit meinen Werken geschenkt. Weil er aus gesundheitlichen Gründen nicht zu meiner Ausstellung kommen kann, werde ich ihm einige Fotos aus dem Museum schicken.

Vor 50 Jahren wurden Sie freischaffender Künstler. Sie sind Rentner. Aber kann man von dem Beruf auch heute noch leben?

Nein. Das ist eine echte Katastrophe. Ich habe gerade erst gelesen, dass 70 Prozent der Künstler auf Sozialleistungen angewiesen sind. Auch die Technik macht es uns Künstlern schwer: Jeder hat ein Handy, macht Selfies von sich oder gleich Fotos von der ganzen Familie – und verzichtet auf Künstler wie Maler oder Fotografen.

Und das war früher anders?

Als nach der Wende die Rechtsanwaltskanzleien und Arztpraxen in Riesa aufmachten, bestellten die originale Malerei für ihre Räume. Heute ordern die Firmen die Bilder meist aus einem Katalog. Solche Werke finden Sie dann überall. Regionale Künstler haben nichts davon. Wenn ich in Dresden auf der Brühlschen Terrasse die Kunststudenten ihre Bilder aufs Pflaster legen sehe, um sie für wenig Geld an Touristen zu verkaufen: Das tut mir weh.

Sie haben hier eine ungewöhnliche Ansicht: eine Mühle in Altriesa. Finden Sie in der Stadt noch genug Motive?

In Riesa ist es mit Motiven tatsächlich nicht so leicht wie in der Meißner Altstadt. Aber ich bin ohnehin kein Schöne-Bilder-Maler: Darin sehe ich nicht die Verantwortung der Kunst. Ich möchte keine Landschaft mit grünem Park und blauem Himmel kopieren, sondern Spannung reinbringen, mit Farben arbeiten, auch mal etwas dazu komponieren: Die Kunst ist frei!

Die Kunstausstellung „Art & Weise III“ von Wolfgang Bochnia im Stadtmuseum wird am 17. August um 19 Uhr eröffnet.

Zu sehen ist sie bis zum 25. November.