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Hunde wildern im Gersdorfer Forst

Ein Reh haben sie zur Strecke gebracht. Kein Einzelfall, sagt Jens Schmidt. Er betreut das Privatrevier. Er will nicht auf Hunde schießen müssen.

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© André Braun

Von Heike Heisig

Striegistal/Gersdorf. Ein Wolf hat zugeschlagen! Das war der erste Gedanke von Jens Schmidt vom Gersdorfer Forstbetrieb, als dieser zu einem tot am Waldesrand liegenden Reh mit Bissspuren gerufen wurde. Schmidt war sich relativ schnell sicher, dass die Ricke keinem Wolfsangriff zum Opfer gefallen ist. Außerdem beobachtete ein aufmerksamer Nachbar, dass freilaufende Hunde das Reh gejagt hatten.

Die von freilaufenden Hunden zur Strecke gebrachte Ricke im Gersdorfer Forst bei Roßwein.
Die von freilaufenden Hunden zur Strecke gebrachte Ricke im Gersdorfer Forst bei Roßwein. © privat

Wie Jens Schmidt erklärt, hatten die Hunde mit der Ricke wohl leichtes Spiel, weil die sich gegenwärtig in der Nähe ihres Nachwuchses aufhalten, ihn schützen. Doch nun wird auch das Kitz qualvoll verenden, prognostiziert Schmidt.

Thomas Reisig, geschäftsführender Vorsitzender des Kreisjagdverbandes Döbeln, hat von derartigen Vorkommnissen in den letzten Jahren nichts gehört. Er kann sich allerdings gut vorstellen, dass mittelgroße bis große Hunde es schaffen, ein Reh zur Strecke zu bringen. Daher verweist er auf die Leinenpflicht für Hunde in Wald und Flur. „Andernfalls haben Halter keinerlei Zugriff auf die Hunde“, begründet Reisig.

Für Jens Schmidt genügt das Jagdgesetz nicht. „Wir sehen fast täglich, dass sich die Hundehalter nicht an die Leinenpflicht in Jagdbezirken halten und die Tiere im Wald frei laufen lassen“, sagt er. Erst kürzlich habe ihm ein Jogger mit Schrecken davon berichtet, dass er sich plötzlich fünf freilaufenden großen Hunden gegenüber sah, während sich der Halter im Krebsteich ein erfrischendes Bad gönnte. Nicht jedem Hundebesitzer will Schmidt Ignoranz oder Böswilligkeit unterstellen. „Möglicherweise weiß der eine oder andere gar nicht, dass es für die Wildtiere riesigen Stress bedeutet, überall Spuren von Hunden – in der Urform also von Wölfen – wahrzunehmen. „Das vermittelt den Wildtieren Gefahr. Sie werden unsicher, flüchten und rennen auf die Straße, was Unfallgefahren mit sich bringt“, veranschaulicht Jens Schmidt. Er kümmert sich um ein vielleicht 200 Hektar großes Privatwaldrevier. Wie er erzählt, sei es dort nicht erst einmal vorgekommen, dass Hunde wildern.

Die untere Jagdbehörde beim Landratsamt Mittelsachsen appelliert an die Jäger, die Hundebesitzer anzusprechen. Nach Schmidts Erfahrungen hat das bisher wenig gebracht. Auch, dass in der Gemeindeordnung Striegistal ein Leinenzwang auf öffentlichen Straßen und Plätze geregelt sei, interessiere die wenigsten Hundehalter. Schmidt sieht deshalb Handlungsbedarf für Tierschutzverbände. Die müssten sich aus seiner Sicht auch um das Wohl von Wildtieren sorgen.

Wer seinen Hund im Wald frei laufen lässt, kann von jedem – also auch dem Waldbesitzer, einem Spaziergänger oder dem Jäger – bei der unteren Jagdbehörde angezeigt werden. Die Ordnungswidrigkeit kann teuer werden, bis zu 1 000 Euro Strafe sind drin.

„In Gersdorf steht der Hinweis auf ein Anleinen der Hunde an jedem Waldzugang“, sagt Jens Schmidt. Er will vielmehr an die Hundebesitzer appellieren, statt ihnen zu drohen. Wildernde Hunde zu schießen, kommt ihn gleich gar nicht in den Sinn. „Das bringt nur Ärger.“ Trotzdem kämpft er auch für den Lebensraum der Wildtiere. „Wer seinen Hund toben lassen will, sollte auf einen Hundeplatz gehen. Dann hat jedes Tier seine Ruhe.“