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Holprige Striegistour

Schlechte Wege und steile Berge nehmen der Route den Flair, den sie eigentlich hat. Gleich beiseitelegen sollte man sie dennoch nicht.

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© André Braun

Von Rasmus Wittrin

Am Anfang radeln wir schnell dahin, im Mittelteil müssen wir unsere Räder viel zu oft schieben und auf der letzten Etappe können wir zeitweise die Hände nicht von den Bremsen nehmen. So könnte man die Strecke zusammenfassen. Dann hätte man die Route aber auch nicht extra abfahren müssen, es hätte gereicht, sich das Höhenprofil bei Google Maps anzugucken.

Um einen ganzen Artikel zu schreiben, reicht Google Maps dann aber doch nicht aus. Und so schwingen Sarah und ich uns wieder einmal auf die Räder, treten kräftig in die Pedale und fahren von Roßwein aus auf dem Fahrradweg Richtung Niederstriegis. Weiter führt die Strecke über Grunau und Böhrigen zur Gaststätte Waldhaus Kalkbrüche und dann über Berbersdorf und Etzdorf zurück nach Roßwein. Etwa 29 Kilometer sind geplant.

Die ersten Meter legen wir im Eiltempo zurück; der Radweg führt direkt an der Mulde entlang und ist daher weitestgehend flach. Ohne große Schwierigkeiten folgen wir den grün-weißen Fahrradwegweisern. Nur einmal fehlt ein Zeichen, kurz nach Roßwein. Dort mündet der Radweg auf eine Straße, ohne dass die Richtung angezeigt wird. Man muss links abbiegen.

Bei Niederstriegis verlassen wir den Radweg und fahren an der Kreuzung nach links Richtung Grunau. Hier bekommen wir einen neuen Weggefährten: Die Striegis, die die Mulde ersetzt. An deren Ufer radeln wir eine ganze Weile entlang. Was sehr schön ist, da es flach ist und sich uns die Pflanzen dank des Flusswassers in vollem, saftigen Grün präsentieren können.

Grunau haben wir schnell passiert, danach geht es weiter nach Böhrigen. Die Straße ist in sehr gutem Zustand. Auch von Autos werden wir kaum gestört, obwohl wir nicht auf einem offiziellen Radweg fahren. Dieser Teil der Strecke gefällt sowohl Sarah als auch mir sehr gut. Er ist leicht zu fahren, ohne dass es dabei langweilig wird und es gibt kaum Kreuzungen, bei denen wir falsch abbiegen könnten.

Das ändert sich ab Böhrigen. Zuerst wartet ein Umleitungsschild auf, das wir als Radfahrer aber ignorieren können. An der Kreuzung nach dem Schild fahren wir nach links, auf die Straße der Einheit und durchqueren eine Baustelle. Dann verlassen wir kurz die eigentliche Route, um den Aussichtsturm Böhrigen zu besteigen. Wir biegen bei der nächsten Möglichkeit links ab, fahren über eine Brücke und nehmen die zweite Straße auf der rechten Seite, die Feldstraße heißt. Diese fahren wir bis zum Aussichtsturm, den wir schon bald sehen können.

Das Türmchen sieht niedlich aus, denken wir uns, ziemlich klein, aber wirklich schön. Als wir jedoch den Hügel, auf dem der Turm steht, hochgefahren und die 142 Stufen hochgeklettert sind, denken wir anders: Atemberaubend die Aussicht und ziemlich hoch hier oben! Der Aufstieg lohnt sich, wir können die ganze Umgebung sehen. Auch interessant: Am Geländer ist auf kleinen Schildchen die Entfernung zu einigen großen Städten angezeigt. Tokio zum Beispiels ist 9063,5 Kilometer vom Aussichtsturm Böhrigen entfernt.

Nach einer kleinen Pause fahren wir zurück zu der Brücke, über die wir gekommen sind. Nach der biegen wir links ab. Nach einer Weile kommen wir in einen Wald, wo der Mittelteil der Strecke beginnt: Gleich beim ersten Berg müssen wir absteigen und schieben. Steigungen auf Wegen mit lockerem Untergrund, wie bei Waldwegen, sind viel schwieriger zu fahren als auf Teerstraßen.

Durch den Wald fahren wir immer geradeaus, lassen uns nicht von abzweigenden Waldwegen beirren. Sarah und ich müssen mehrmals die Räder schieben, weil es zu steil ist. Schade, denken wir uns. Der Weg an sich ist schön, aber als Radweg nicht wirklich geeignet.

Irgendwann haben wir den Scheitelpunkt erreicht und es geht runter. Bei der Abfahrt müssen wir aufpassen, nicht zu stürzen, vor allem wegen des lockeren Untergrunds. Doch wir schaffen es und stoßen schließlich auf eine Teerstraße. Dort fahren wir nach rechts Richtung Berbersdorf.

Wir folgen der Straße, bis linker Hand eine Brücke über die Striegis führt. Diese überqueren wir und biegen gleich danach rechts auf einen Waldweg ab – was sich später als Fehler herausstellt. Denn der Weg ist schmal, holprig und alles andere als eben. Eher ein Wanderweg, als ein Fahrradweg. Er führt am Ufer der Kleinen Striegis entlang, bis der Pfad hoch zum Waldhaus Kalkbrüche führt. Sinnvoller ist es, eine alternative Route zu suchen.

Vom Waldhaus aus fahren Sarah und ich auf der Teerstraße berghoch. Wir bleiben darauf, bis wir — nach einem anstrengenden Aufstieg — auf eine größere Straße treffen, der wir nach links Richtung Berbersdorf folgen. Endlich geht es mal runter, und wir genießen die erste richtige Abfahrt der Tour.

Die Begeisterung löst sich allerdings schnell wieder auf. Denn als wir an der nächsten Kreuzung nach rechts auf die Talstraße abbiegen, geht es wieder berghoch. Und das über eine Strecke von fast zwei Kilometern, was bei drückender Hitze und bereits erschöpften Beinen ziemlich anstrengend ist. Immerhin haben wir genug Wasser mitgenommen.

Wir halten uns auf der Straße links, immer berghoch. Irgendwann ist es dann geschafft: Ein Straßenschild zeigt die Richtung nach Etzdorf an, und der Weg hat keine wirkliche Steigung mehr. Endlich!

Rechts von uns liegen Maisfelder, links abgeerntete Kornfelder. Die Straße ist in gutem Zustand, die Berge eigentlich keine großen Hindernisse mehr — blöd nur, dass wir unsere Energie schon bei den vorherigen gelassen haben. Linker Hand entdecken wir den Aussichtsturm Böhrigen, winken ihm noch mal kurz, und kommen schließlich in Etzdorf an. Dort folgen wir den Wegweisern nach Roßwein. Kurz nach Ortsausgang Etzdorf verlassen wir aber die Hauptstraße und fahren nach links auf eine kleinere Straße, wo weniger Autos fahren. Dafür ist es sehr steil, vor allem mit Kindern ist hier Vorsicht geboten.

Letzten Endes trudeln wir zwar ohne Unfall, aber erschöpft in Roßwein ein. Mit gemischten Gefühlen steigen wir von unseren Rädern ab. Bis auf den holprigen, steilen Mittelteil war es eine sehr schöne Strecke. Der allerdings hinterlässt im Gesamteindruck einen schlechten Nachgeschmack.