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Hier geht’s Männern an den Bart

Das Geschäft mit der Gesichtsbehaarung ist im Kommen, auch in Dresden. Das sorgt für Konkurrenzdruck.

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© René Meinig

Von Sarah Herrmann

Behutsam schwingt Mohamad Jali, genannt Jad, das Klappmesser. Was andere nur als Waffe kennen, ist für den 28-Jährigen ein Werkzeug, ein Instrument, sein Arbeitsmaterial. Seit einigen Monaten trimmt und stutzt er Männerbärte in dem Salon von Rihana Ibrahim auf der Alaunstraße. Die Syrerin hatte bereits 2017 einen Barbier in der Dresdner Neustadt eröffnet. In diesem Jahr wurde das Geschäft vergrößert. Denn die Nachfrage ist groß, das Angebot auch. Barber-Shops liegen im Trend. In den vergangenen Jahren eröffnen immer mehr Salons.

Vor drei bis fünf Jahren sei der Trend aus Hollywood in Dresden angekommen, schätzt Beatrice Kaden, Geschäftsführerin der Friseurinnung Dresden. „Junge Männer wollen „männlicher“ wirken“, erklärt Kaden den Hype. Zudem gebe ein Bart die Möglichkeit, individueller zu sein. Dabei legen die Männer zunehmend Wert auf ein gepflegtes Äußeres. Deshalb sei auch die Augenbrauengestaltung bei den Herren im Kommen. Wie viele Friseure sich derzeit dem Bart intensiv widmen, kann die Geschäftsführerin nicht einschätzen. Denn nicht immer sind die Salons entsprechend gekennzeichnet. Für viele gehört das Trimmen und Stutzen zum Standardprogramm.

Mohamad Jali sieht das skeptisch. Einigen Konkurrenten gehe es nur um den Profit. „So ist das mit Trends. Einer macht es vor, alle anderen machen mit“, sagt er. Viele würden sich Barbier nennen, ohne die Bedeutung des Begriffs überhaupt zu kennen. So wüssten nur die wenigsten, dass der Begriff nichts mit dem Bart zu tun. Er stammt aus dem Kurdischen und bedeutet Friseur. Entsprechend dürfen in dem Salon auf der Alaunstraße nicht nur Bärtige Platz nehmen. Für Jali hat das Handwerk hingegen etwas mit Kultur zu tun. Als er im Mai 2017 den ersten Salon mit Rihana Ibrahim aufbaute, wollte er ein Stück seiner syrischen Heimat und der kurdischen Tradition nach Dresden bringen.

Sein Handwerk hat er dort gelernt und wendet es auch in der sächsischen Landeshauptstadt entsprechend an. Neben dem Klappmesser gehören auch der Faden und Wachs zu seinen Werkzeugen. Die Wachstechnik dürfte auch den meisten Frauen bekannt sein. Das Wachs wird erhitzt, auf den Bart aufgetragen und dann mit Papierstreifen abgezogen, sodass die Haare samt Wurzeln herausgerissen werden. „Das gibt einen kurzen Schmerz“, sagt Jali. Doch dafür bleiben die Herren länger stoppelfrei. Wer sein Gesichtshaar nicht komplett einbüßen möchte, wird mit Messer oder Faden behandelt. Letzterer eignet sich auch, um die Augenbrauen zu trimmen. Zwischen den Fingern gespannt, säbelt er die feinsten Haare weg. Diese Technik ist es, die den jungen Mann davon überzeugt, dass der Salon auf der Alaunstraße sich gegen die stetig wachsende Konkurrenz durchsetzen kann.

Dabei gibt es allein in der unmittelbaren Umgebung drei andere Barber-Shops, in den anderen Straßen der Äußeren Neustadt noch zahlreiche weitere. Kein Wunder. Das Viertel ist Dresdens Friseur-Hochburg. Im Postleitzahlgebiet 01099, zu dem neben der Äußeren Neustadt auch die Albert-, die Radeberger Vorstadt sowie die Dresdner Heide gehören, zählte die Handwerkskammer Dresden Ende vergangenen Jahres 48 Salons – Tendenz seit Jahren steigend. Doch auch auf der anderen Elbseite ist der Trend mittlerweile angekommen.

Vor rund eineinhalb Jahren eröffnete dort Tilo Weidig den ersten Barbier-Salon, weiter folgten. Die Nachfrage hatte der Friseur sich zuvor ganz genau angeschaut, stutzte und trimmte mehrere Monate testweise im Schaufenster des Herrenmode-Geschäfts „Franz & Emil“. Schnell war klar: Das Geschäft mit der Gesichtsbehaarung läuft. Zunächst dachte Weidig, dass der Hype um den Bart schnell wieder nachlassen würde. Doch noch immer reißt die Nachfrage nicht ab, weitere Salons öffnen.

Carolin Schneider, Pressesprecherin der Handwerkskammer Dresden empfiehlt allen Friseuren, am Ball zu bleiben und sich mit den neuesten Trends auseinanderzusetzen. Entsprechende Angebote gibt es nicht nur bei der Handwerkskammer, sondern auch bei der Friseurinnung. Dort findet am 13. November beispielsweise ein Seminar zum richtigen Umgang mit dem Bart statt. Geschäftsführerin Beatrice Kaden hat allerdings schon den nächsten Trend aufgespürt.

Die ersten Naturfriseure, die auf nachhaltige und pflanzliche Produkte setzen, haben bereits ihre Türen geöffnet – unter anderem in der Äußeren Neustadt. Vielleicht werden sich dort irgendwann die Salons aneinanderreihen. Mohamad Jali wird dem Bart in jedem Fall treu bleiben, egal was gerade im Trend liegt.