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Hier die Jungen, da die Mädchen

Vor 125 Jahren wurde in Zittau die Parkschule eingeweiht. Man erhoffte sich kleinere Klassen – vergeblich.

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© Matthias Weber

Von Heike Schwalbe

Zittau. Ein neues Schulhaus muss her! Das forderte der Direktor der 2. Bürgerschule Zittau in den 1880er Jahren eindringlich vom Stadtrat. Abgesehen vom Gymnasium gab es nur die 1. Bürgerschule und die 1811 eröffnete Stadtschule für über 2 000 Schüler, die in vier Gebäuden unterrichtet wurden. Die inzwischen gegründete 2. Bürgerschule hatte kein eigenes Schulhaus. 45 Schüler lernten in einer Klasse.

1993 wurde gut sichtbar auf den 100. Schulgeburtstag hingewiesen.
1993 wurde gut sichtbar auf den 100. Schulgeburtstag hingewiesen. © J. Böhme

Zunächst wurde lange um einen Bauplatz gestritten, den man zuerst hinter der Hauptturnhalle, dann am Zirkusplatz, am Sauplan, an der Marschnerstraße oder in der Innenstadt sehen wollte. 1888 fiel schließlich die Entscheidung. Die Stadt kaufte Land am Zirkusplatz (heute Ottokarplatz) von der Gärtnerei Hoffmann und gab 51 000 Mark dafür aus. Noch im selben Jahr wurde ein Architektenwettbewerb für den besten Gebäudeentwurf ausgerufen, den ein Jahr später der Jenaer Architekt Ludwig Hirsch gewann. 1890 konnte mit dem Bau begonnen werden. Eine feierliche Grundsteinlegung gab es nicht. Baumeister war Oswald Fritsche aus Zittau, der seine Aufgaben sehr genau nahm. Der Verdienst der Bauarbeiter war gering, so bekamen anfangs die Poliere 5 Mark, die Gesellen und Lehrlinge 1,50 Mark und alle anderen 0,75 Mark pro Stunde.

Das Schulgebäude wurde im Neo-Renaissancestil errichtet, mit roten Ziegeln, die auch zum Namen „Rote Schule“ führten. Auf beiden Seiten befanden sich die prächtigen Eingangsportale. Auch während des Baues wurde noch über die künstlerische Gestaltung der Vorderfront gestritten. Im Inneren erfolgte, wie damals üblich, eine Teilung der Schule. Denn Jungen und Mädchen wurden getrennt in den jeweiligen Schulhälften unterrichtet, die nur im Erdgeschoss verbunden waren. In der Mitte gab es den Gang zur Turnhalle, die zugleich als Aula diente, und als Besonderheit einen Lichthof. Im November 1891 wurde der Richtkranz aufgezogen. Der gesamte Bau hatte 435 000 Mark gekostet.

Die feierliche Einweihung der Schule am Park, bald nur Parkschule genannt, fand vor 125 Jahren mit großem Glanz und Gloria statt. Der Schulrat schloss seine Weiherede mit den dem Zeitgeist entsprechenden Worten: „Die Erziehung ist in erster Linie Pflicht des Elternhauses, doch auch die Schule hat ihren Teil daran und durch alle Maßnahmen, auch wenn sie kleinlich erscheinen, will sie die Tugenden üben, die einst den Mann und die Frau zieren sollen. Und so weihe ich dieses Haus zu einer Stätte der Tugend und Bildung für die evangelische Schulgemeinde im Namen Gottes.“

Doch auch im neuen Haus gab es viel zu große Klassen, 35 bis 45 Schüler waren die Regel. Was den Schulalltag betrifft, hatten die Jungen im 8. Schuljahr 27 Schulstunden, die Mädchen erhielten Unterricht in „weiblicher Hausarbeit“. Bis 1916 erfolgten die Prüfungen öffentlich in der Aula.

Zu DDR-Zeiten wurde aus der 2. Bürgerschule die 2. Polytechnische Oberschule. Unterrichtsstunden und Anforderungen waren damals höher als heute. In einem Polytechnischen Zentrum wurden die technischen Fächer unterrichtet. Es gab einen Schulgarten und außerhalb des Schulhauses ein Hortgebäude. Leider wurde in dieser Zeit der Lichthof beseitigt. Als die Wende kam, wurde die Parkschule am Stadtring Mittelschule für Real- und Hauptschüler, seit Sommer 2013 wird sie wieder Oberschule genannt.

Gegenwärtig finden notwendige und umfangreiche Sanierungsarbeiten statt. Derzeit entsteht ein Verbindungsbau am Nordgiebel mit barrierefreiem Zugang. Geplant ist außerdem der Neubau eines Schulflügels an der Max-Müller-Straße. Darum ist die Parkschule vorübergehend in die einstige Burgteichschule umgezogen – bis zu ihrem Rückzug an den Park.

Bei der Recherche zu diesem Beitrag war eine Chronik hilfreich, die Walter Olbrich, einst 17 Jahre lang Direktor der Parkschule, verfasste. Ein Exemplar davon befindet sich im Zittauer Schulmuseum in der Dr.-Friedrichs-Straße.