Merken

Halb so viele Dieselautos auf dem Platz

Die aktuelle Diskussion um Schadstoffe und Fahrverbote zwingt Händler zum Umsteuern. Aber sie bleiben zuversichtlich.

Teilen
Folgen
© Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Von Frank Seibel und Tilo Berger

Zehn Jahre alt, 220 000 Kilometer auf dem Tacho und 6 600 Euro auf dem Preisschild. So geht Diesel. Auch deshalb ist Matthias Volprich ein Fan dieser Autos, die derzeit wieder als „Stinker“ in Verruf geraten in Politik und Medien. Schade, sagt Volprich, der in den vergangenen 22 Jahren gute Erfahrungen gesammelt hat mit Dieselfahrzeugen. So lange ist Volprich in Görlitz schon der östlichste Gebrauchtwagenhändler Deutschlands. Und er ist in seinem Metier ziemlich erfolgreich. Zwölf Mitarbeiter hat die Firma mittlerweile, und alle hoffen, dass ihr Autohaus gut durch die aktuelle Dieselkrise kommt.

Diesel ging immer gut, für beide Seiten, betont er: für ihn als Händler, aber auch für die Kunden. Denn der Diesel läuft und läuft und läuft. Wenn es nach ihm ginge, könnte das auch so weitergehen. Volprich ist auch ganz persönlich ein Dieselfan, weil er damit nicht nur viele Jahre mobil sein kann, sondern auch sparsam. Wenn ein Dieselmotor auf der Autobahn fünf Liter für hundert Kilometer verbrauche, seien es bei einem vergleichbaren Benzinmotor auch heute noch acht Liter, rechnet er vor. Und wenn man dann noch den deutlich höheren Literpreis hinzunimmt, macht man pro Tankfüllung etliche Euro gut.

Aber die Debatte um die schädlichen Stickstoffe, die diese Fahrzeuge ausstoßen, hat die Lage in den vergangenen Monaten zunehmend verändert, hat der Inhaber von „M.V. fine cars“ in Görlitz beobachtet.

Und nicht nur er: Auch Jörg Kaufmann vom Autohaus Löbau bemerkt eine „Kaufzurückhaltung besonders im Gebrauchtwagenbereich. Meine Verkäufer haben einen größeren Beratungsaufwand.“ Kaufmanns Unternehmen mit dem Stammhaus in Löbau und einer Filiale in Zittau hat sich auf die Marken Ford, Volvo und Land Rover spezialisiert, außerdem bietet das Autohaus eine stattliche Gebrauchtwagenflotte an. „Die Gebrauchtwagenwerte gebrauchter Dieselfahrzeuge stehen jedoch sehr unter Druck und der Wiederverkauf ist ungewiss“, hat Kaufmann beobachtet. „Teilweise sind die Kunden aber auch schon selbst gut informiert und lassen sich durch die Anti-Diesel-Politik nicht beeinflussen.“

„Erst Rindfleisch, jetzt Diesel“

Andere Autohändler im Raum Löbau/Zittau winken gleich ab, wenn sie auf das Thema angesprochen werden: „Mal wird gegen Rindfleisch gewettert, mal gegen Geflügel, jetzt sind die Dieselautos dran“, sagt ein Verkäufer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. „Es ist immer etwas Neues, gegen das es geht.“

Dazu passt seiner Ansicht nach das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vor drei Wochen: Deutsche Städte dürfen Fahrverbote verhängen.

„Das Urteil hat uns nicht geholfen“, sagt auch Matthias Volprich vorsichtig. Er will nicht jammern und auch nicht prahlen. So sehr er auch persönlich von Dieselmotoren überzeugt ist, musste er als Händler doch ein bisschen umsteuern: „Früher waren etwa 45 Prozent der Autos, die ich im Angebot hatte, Dieselfahrzeuge. Jetzt sind es eben nur noch 20 Prozent.“ Die bietet Volprich aber noch immer mit gutem Gewissen an, aus Überzeugung. „Die Autofahrer werden doch von der Politik und den Medien verrückt gemacht“, sagt er und schüttelt den Kopf.

Die meisten seiner Kunden würden Fahrverbote auf einigen Straßen in den Großstädten kaum treffen, glaubt Matthias Volprich. Ab 20 000 Kilometer pro Jahr gilt man als Vielfahrer, und für die wiegt der niedrige Verbrauch und der billige Literpreis die höheren Steuern im Vergleich zum Benziner auf. Gebrauchtwagenhändler haben es auch überwiegend mit Kunden zu tun, die sich nicht eben mal einen neuen modernen Diesel für mehrere Zehntausend Euro leisten können. Für sie, sagt Volprich, sei die jetzige Situation besonders unangenehm – vor allem, wenn sie beruflich weite Strecken fahren und dabei auch Großstädte ansteuern müssen, die am meisten Probleme mit Stickoxiden in der Luft haben.

Doch noch ist ja gar nicht klar, wie es nun weitergeht. Rein technisch betrachtet, können Dieselfahrzeuge, die der Euronorm 5 entsprechen, mit einem speziellen Filter nachgerüstet werden. Ob und in welchem Umfang der Einbau dieser Filter finanziell gefördert wird, und ob dies eher die Autokonzerne oder die Bundesregierung aus Steuermitteln bezahlen, das alles sei noch völlig offen, sagen gleich mehrere Händler im Landkreis Görlitz. Aber sie ahnen, dass die aktuelle Krise für sie als Autohändler noch richtig gut enden könnte.

Hoffnung auf Rußfilterprämie

Denn: Frühere Umweltdiskussionen haben sich durchaus belebend fürs Geschäft der Händler ausgewirkt. Die sogenannte Abwrackprämie belebte 2009 vor allem das Geschäft mit Kleinwagen, bei denen die 2 500 Euro Zuschuss vom Staat richtig etwas ausmachten. Vielleicht bringt bald eine Rußfilterprämie volle Auftragsbücher für die Autowerkstätten im Landkreis Görlitz mit sich.

In einem sind sich alle Autohändler einig: „Ohne Diesel wird es auf absehbare Zeit nicht gehen.“