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Grundstein von Haus III wiedergefunden

Er und seine Geheimnisse bleiben, wenn das Zittauer Hochschulgebäude in einigen Monaten abgerissen sein wird.

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© Rafael Sampedro

Von Dietmar Rößler

Zittau. Wolfgang Horn kann sich gut an den 25. Oktober 1971 erinnern. „Es war ein trüber, kühler Herbsttag.“ Geregnet hat es nicht, und so war die Erde in der Baugrube gut begehbar. „Das war gut so, denn die Akteure der feierlichen Grundsteinlegung für Haus III der Hochschule standen fünf Meter tief auf der Sohle des künftigen Fundamentes“, erzählt er. „Es war ein bisschen wie in einem Stadion. Für den Rektor hatten wir ein Podest gebaut. Die Säule, auf der der Grundstein angebracht wurde, war schließlich anderthalb Meter hoch.“

dem Grundstein des im Zittauer Volksmund auch „Klugscheißeraquariums“ genannten Hauses III am Stadtring.
dem Grundstein des im Zittauer Volksmund auch „Klugscheißeraquariums“ genannten Hauses III am Stadtring. © Matthias Weber
Der Bau von Haus III.
Der Bau von Haus III. © Archiv Horn
Die Grundsteinlegung 1971.
Die Grundsteinlegung 1971. © Archiv Horn

Als Luisa Görz 45 Jahre später den Stein zum ersten Mal sah, lag er auf gleicher Höhe wie der Fußboden des Gebäudekellers. Die Kauffrau für Bürokommunikation entdeckte den Betonblock mit Datum im Fußboden zufällig im Archiv.

Dabei war er genau das, wonach Wolfgang Menzel schon lange gesucht hatte. Er ist der Projektleiter für die Sanierung des historischen Gebäudekomplexes der ehemaligen Webschule und damit auch mit der langen Baugeschichte des Standortes beschäftigt. Seither vermutet er unter dem Haus Z III die Fundamente des Zittauer Kaiserhauses. Und auch das Auffinden des Grundsteines war ihm wichtig, um ihn möglichst im Ganzen zu bergen.

Davon wusste Lusia Görz allerdings nichts. Seit Kurzem ist sie Sekretärin im Fachbereich Elektrotechnik und damit unmittelbare Arbeitskollegin von Wolfgang Menzel. Das Rätsel wurde erst gelöst, als er in einem Pausengespräch seine Suche nach dem Stein erwähnte.

War es Absicht oder eher doch Zufall, dass ausgerechnet der Kellerraum, wo der Grundstein einbetoniert war, zum Hochschularchiv gehörte? Nachdem sich Wolfgang Horn, der 1971 für den Bau von Haus III zuständige Bauleiter, bei der Sächsischen Zeitung meldete, hoffte Wolfgang Menzel noch, dass dieser ihm helfen könne, die „Suchzone“ nach dem Grundstein einzugrenzen.

Aber Lusia Götz kam ihm zuvor, und so konnte er Horn den geborgenen Stein inzwischen zeigen. Bei der Gelegenheit erfuhr Menzel viele interessante Einzelheiten zur Entstehung des Gebäudes. Unter anderem, dass man den Stein damals bewusst im künftigen Archiv eingebaut hat. Und welche organisatorischen Herausforderungen so ein gewaltiges Bauprojekt seinerzeit bedeutete. So wurde der Stadtring einige Monate über den Innenring umgeleitet. Und bei der Grundsteinlegung sollte unbedingt ein Herr im Zylinder mit aufs Bild. Ein pensionierter Polier, der gegenüber wohnte und das Baugeschehen interessiert verfolgt hatte, besaß einen solchen und durfte dabei sein.

Eigentlich hatte sich Wolfgang Horn bei der Zeitung gemeldet, um mitzuteilen, dass die Bauleute seinerzeit überzeugend informiert wurden, dass auf dem Baugelände keinesfalls Ruinen des ehemaligen „Kaiserhauses“ von Karl IV gestanden haben. Mittlerweile kann er sich allerdings vorstellen, dass es sich dabei um Zweckargumente gehandelt haben könnte. Das neue Gebäude sollte schließlich schnell entstehen. Archäologische Untersuchungen waren da eher nicht gewollt.

„Der Sprengmeister aus der Grube Olbersdorf hatte seine Mühe mit den mit uraltem, zähen Kalkmörtel verbundenen Steinen“, erinnert sich Horn. Und erzählt: „Gesprengt wurde nur im Bereich der vorgesehenen Baufläche.“ Deshalb ist es gut möglich, dass zwischen dem heutigen Gebäude und dem Stadtring noch „Spuren des Kaiserhauses“ in der Erde sein können. Auch unter dem Fundament.

Wolfgang Horn freute sich bei der Begegnung mit Wolfgang Menzel, das neue Lehr- und Verwaltungsgebäude „Z I“ der Hochschule kennenzulernen. Dorthin sind Verwaltung und Rektor aus dem mittlerweile geräumten Haus Z III gezogen.

Ein genaues Abrissdatum des „Aquariums“ gibt es noch nicht. Die Rede ist von Anfang 2018. Aber wenn es so weit ist, und vor allem wenn es an die Fundamente geht, dürfte es spannend werden.

Dem Grundstein droht keine Gefahr. Er ist bereits geborgen, einschließlich der eingemauerten Zeitkapsel von 1971. Sie soll zu einem noch nicht festgelegten Zeitpunkt auf würdige Art geöffnet werden. Es geht übrigens das Gerücht, dass „Geheimnisträger“ seinerzeit in dieser Kupferkartusche Beweise für das Kaiserhaus „verschwinden“ ließen.