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Großer Wirbel um kleine Fläche am Ferdinandplatz

Der Verkäufer des Einzelgrundstücks sieht sich im Recht. Er sagt, er sei der Stadt noch entgegengekommen.

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© Sandro Rahrisch

Von Juliane Richter und Andreas Weller

Nur 350 Quadratmeter ist jenes Grundstück auf dem Ferdinandplatz groß, um das eine hitzige Debatte über den angemessenen Preis entbrannt ist. Die Stadtverwaltung will das Grundstück für rund zwei Millionen Euro von einem Privatmann kaufen – obwohl der Bodenrichtwert nur etwa 650 000 Euro betragen soll. Die Stadtspitze braucht das Grundstück, um auf dem heutigen Parkplatz das neue Verwaltungszentrum errichten zu können. Für den Kauf ist die Zustimmung des Stadtrats notwendig. Doch nicht alle Räte unterstützen das Vorhaben.

Verkäufer des Grundstücks ist ein älterer Herr vom Bodensee, der nicht namentlich genannt werden will. Er möchte sich auf Anfrage der Sächsischen Zeitung zunächst nicht äußern. Allerdings reagiert er aufgebracht, als er auf seine scheinbar überzogene finanzielle Forderung angesprochen wird. Vor allem auch, weil er in seiner Heimat als sozial engagierter Bürger bekannt ist und einen Verein ins Leben gerufen hat, der Einwohnern in schwierigen Lebenslagen hilft. In der Flüchtlingshilfe und im Rotaryclub hat er sich ebenfalls engagiert. Mit dem Bild des geldgierigen Verkäufers passt das wenig zusammen.

„Es ist ein völlig absurder Wert, den die Stadt angegeben hat. Dort ist seit Jahrzehnten nichts passiert“, rechtfertigt er sich. Der Wert des Grundstücks liege eigentlich noch deutlich höher. „Ich bin der Stadt noch entgegengekommen.“ Aus einem vertraulichen Rathauspapier geht hervor, dass die Verwaltung für besagtes Grundstück 1 900 Euro je Quadratmeter ansetzt. Zum Vergleich gibt sie Werte für die nähere Umgebung an. So soll der Quadratmeter an der Centrumgalerie 3 400 bis 4 300 Euro wert sein. Für den Altmarkt werden 2 300 bis 4 000 Euro angegeben. Beim besagten Grundstück mit dem Kaufpreis von rund zwei Millionen Euro würde der Quadratmeterpreis nun aber bei 5 800 Euro liegen.

Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) bestätigt jedoch, dass „der vom Eigentümer aufgerufene Preis nicht so deutlich über einem in jüngster Zeit erzielten Vergleichspreis in der Innenstadt liegt.“ So sei auch ein Grundstück für 5 000 Euro pro Quadratmeter verkauft worden. Deshalb wolle die Verwaltung ja den Deal eingehen. „Auf dem angeheizten Grundstücksmarkt ist die Stadt ein Konkurrent unter vielen“, so der Bürgermeister. „Bei dem Grundstück in Privateigentum sprechen die Immobilienfachleute von einem „Schikaniergrundstück“. Es liegt für den Eigentümer so „günstig“, dass er einen Preis aufrufen kann, der über dem marktüblichen, ohnehin hohen Preis liegt.“

Die Stadt habe die Alternativen geprüft und verworfen. Kauft die Stadt das Grundstück nicht, müsste sie umplanen und auf einen Teil der Nutzungsmöglichkeiten ihres eigenen Grundstücks verzichten. „Ein neues Verwaltungszentrum wird mehr als hundert Jahre stehen“, so Schmidt-Lamontain. „Unser Ziel ist, die Verwaltung am Ferdinandplatz zu konzentrieren. Das bringt viele Vorteile für Bürger, die nur einen Ort aufsuchen müssen.“ Und die Stadt würde auf Dauer Geld sparen, wenn sie angemietete Büroflächen aufgeben und in eigene Flächen ziehen könnte.

Lange Prozesse befürchtet

Den Eigentümer zu enteignen oder ihm ein anderes Grundstück im Umfeld zuzuweisen, könnte zu teuren und langen Gerichtsprozessen führen. Dann müssten wieder preisintensive Büros gemietet werden. „Aus meiner Sicht handelt die Stadt klug und nachhaltig, wenn sie dieses Grundstück kauft“, sagt der Bürgermeister. „Der höhere Kaufpreis relativiert sich.“ Das sieht Linke-Stadtrat Tilo Wirtz anders. Er will den Kauf stoppen und ohne das Grundstück planen. „Die Verwaltung muss nachweisen, dass das Grundstück benötigt wird“, sagt auch Grünen-Fraktionschef Thomas Löser. „Sie darf sich nicht erpressen lassen.“ Das Verwaltungszentrum sei aber eine Chance, im Zentrum die Verwaltung zu bündeln, attraktive Arbeitsplätze zu schaffen und dabei Geld zu sparen.

Spannend ist auch, dass für den Privatmann vom Bodensee der Verkauf längst vollzogen ist. Er verweist auf den von beiden Seiten unterzeichneten notariellen Kaufvertrag. Den gibt es – er gilt aber nur mit dem positiven Stadtratsvotum. Der Rat soll Ende November entscheiden.