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Großer Bahnhof am Hafen Torgau

Nach dreijähriger Sanierung wird der Umschlagplatz neu eröffnet. Kosten: 18,6 Millionen Euro. Weil der Güterverkehr auf der Elbe sinkt, sprechen Kritiker von Verschwendung.

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© Jürgen Lösel

Von Michael Rothe

Die erste Verlade bleibt dem ersten Mann im Freistaat vorbehalten: Per Kranhub soll Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) am Mittwoch den Hafen Torgau nach drei Jahren Bauzeit neu starten. Vor 100 Gästen – und unter der Bedingung, dass trotz des niedrigen Elbwassers ein Schiff anlegen kann.

Dass der Premier den symbolträchtigen Akt vollzieht, kommt nicht von ungefähr: Schließlich bezahlt der Freistaat, Eigentümer der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO), zu der der Standort Torgau gehört, das Gros der 18,6 Millionen Euro für Kaimauer, Kranbahn, Gleisanlagen, den neuen 25-Tonnen-Hydraulikkran und technische Ausrüstungen. Einen Teil des Geldes steuert die EU bei. 2014 war mit 10,6 Millionen Euro nur knapp die Hälfte für den Ausbau veranschlagt worden. Preistreiber waren auch Kosten für die Infrastruktur der Gleisanlagen und Umplanungen wegen betonaggressiven Grundwassers.

Die Modernisierung ist „wesentliche Voraussetzung zur nachhaltigen Steigerung des Güterumschlages auf die umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene und Wasserstraße“, heißt es von der SBO, einem Verbund von sieben Häfen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Tschechien. „Der Hafen Torgau bietet durch seine trimodale Anbindung und die günstige Lage im Großraum Leipzig beste Voraussetzungen, um als Schnittstelle im Güterverkehr von land- und forstwirtschaftlichen Produkten, Metallen und Rohstoffen sowie von Containern zu agieren“, sagt SBO-Chef Heiko Loroff. Er nennt den Ausbau der Torgauer Adresse „dringend notwendig“. Der alte Hafen sei an der Verschleißgrenze angekommen, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Bis Jahresende würden noch Bahnübergänge im Stadtgebiet erneuert sowie die Gleisanlagen zwischen dem Bahnhof Torgau und dem Hafen instandgesetzt.

Seit dem ersten Spatenstich im Februar 2014 hatte es laut Torgauer Zeitung immer wieder Probleme und Verzögerungen gegeben: mal lag es am Wetter, mal an neuen Auflagen der Behörden. Sogar das Fundament für die Kranbahn musste auf 250 Metern wieder abgerissen werden. „Wegen der erst später festgestellten Verschlechterung der Grundwasserbeschaffenheit waren die Ingenieure gezwungen, eine andere Technologie zur Sicherung der Kaimauer zu wählen“, schrieb das Blatt im Januar.

Niedriger Elbpegel macht zu schaffen

Torgau ist ein Universalhafen für Stück-, Schütt- und Schwergüter sowie für Container, innerhalb der SBO Holz-Spezialist und seit 2007 mit einer speziellen Linie an die norddeutschen Seehäfen angebunden. Laut Plan sollen dort 120 000 Tonnen pro Jahr umgeschlagen werden. Doch oft macht niedriger Wasserstand einen Strich durch die Rechnung. Wegen eines Elbpegels um 90 Zentimeter können Frachter mit 1 000 Tonnen Kapazität auch zum Neustart kaum zur Hälfte beladen werden. „An bis zu einem Drittel der Tage im Jahr ist die Elbe nicht befahrbar und das Schiff für die Wirtschaft ein unzuverlässiger Verkehrsträger“, sagt Wolfram Günther, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag. Tatsächlich ist der Güterverkehr auf der Elbe auf dem Rückzug. Er macht kaum 0,2 Prozent der insgesamt auf deutschen Wasserstraßen beförderten Ladungen aus. In Sachsen wandert nur noch jede 17. Tonne vom oder aufs Schiff.

Dennoch war die Bilanz des landeseigenen Hafenkonzerns mit 155 Mitarbeitern 2017 positiv. Das Plus auf der Schiene kompensierte das Minus auf dem Wasser. Der Gesamtumschlag kletterte leicht auf 2,66 Millionen Tonnen und der Gruppenumsatz erstmals auf über 21 Millionen Euro. Der erneute Fehlbetrag von etwa 300 000 Euro sei „wegen der Abschreibungen auf Infrastruktur normal, das reine Betriebsergebnis aber positiv“, so SBO-Chef Loroff.

Wolfram Günther überzeugt das nicht. Er sieht in der Torgauer Hafen-Modernisierung eine „Fehlinvestition“ und „Verschwendung von Steuergeld“. Der Grüne will Kretschmers Kranakt nicht beiwohnen. Er fühlt sich schon vorher verladen.