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Aufregung um die Rettungswache

Patienten und Firmen fragten am Donnerstag pausenlos, wie es um das Großenhainer DRK steht.

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© Anne Hübschmann

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Auf dem Weg zur Rettungswache hat Torsten Freymuth am Donnerstagmorgen die ersten aufgeregten Anrufe erhalten. „Mensch, die denken alle, das DRK geht aus Großenhain weg!“, so der Leiter des Fahrdienstes. Die Nachricht, dass das DRK die Rettungswache nach 30 Jahren ab 1. Januar 2019 nicht weiterführen darf und die Malteser den Dienst vorübergehend übernehmen, hat in der Stadt wie die sprichwörtliche Bombe eingeschlagen. Torsten Freymuth, Geschäftsführer der Rettungsdienst Großenhain gGmbH, weiß das und hat seitdem keine ruhige Minute mehr.

Denn die Rettungswache befindet sich im Herzen des DRK-Kreisverbandes Großenhain, am Bobersberg. Für Außenstehende ist es schwer, da zu unterscheiden, wer denn nun von der Vergabeentscheidung des Landkreises betroffen ist und wer nicht, gibt Mandy Reuschel, Geschäftsführerin des DRK-Kreisverbandes, gern zu. „Das DRK bleibt in Großenhain, aber wir betreiben die Rettungswache nicht mehr, das stimmt“, erklärt sie den SZ-Lesern. Denn zum DRK gehört weit mehr: Mitarbeiter sorgen in den vier Sozialstationen in Großenhain, Thiendorf, Lommatzsch und Meißen dafür, dass es Menschen gut geht. Das DRK Großenhain betreibt außerdem drei Tagespflegedienste in Großenhain, Thiendorf, Lommatzsch, bald in Ebersbach und einen Fahrdienst in Meißen.

250 Beschäftigte sind rund um die Uhr im Einsatz, anderen das Leben erträglicher zu machen. 30 Mitarbeiter hat die Rettungswache, die in einer gGmbH zusammengefasst sind. Sie bekommen nun in den nächsten Tagen Post von Anwälten zum Betriebsübergang, manche nach fast 30 Jahren Berufstätigkeit fürs DRK. Denn ihr Arbeitgeber – die Rettungsdienst Großenhain gGmbH  –  hat den Zuschlag für die übergangsweise Fortführung der Rettungswache bis Juni 2019 nun doch nicht bekommen, obwohl bereits über eine IST-Kosten-Abrechnung verhandelt wurde, so Mandy Reuschel vom DRK-Kreisverband.

Es geht ums Geld, so viel ist klar. „Wir hätten zu den vorgelegten Konditionen der ersten Ausschreibung den Betrieb nicht guten Gewissens weiterführen können“, betont deren Geschäftsführer Torsten Freymuth noch einmal. Der Grund hierfür liegt in der völlig anderen Struktur des DRK gegenüber anderen hierarchisch organisierten Hilfsunternehmen. Das DRK ist weit verzweigt und ein regional aufgestellter Verband. Käme eine gemeinnützige GmbH ins Trudeln, würde sie die anderen unweigerlich mitreißen. Dieses Risiko wollte man beim DRK nicht eingehen. Andere Anbieter, gar Private mit Pharmaunternehmen als Gesellschafter, haben eine völlig andere Risikobewertung. Auch die Frage, warum sich für den Standort Großenhain bei der ersten EU-weiten Ausschreibung auch sonst niemand beworben hatte, kann Torsten Freymuth leicht beantworten. „Man kann sich für alle Standorte bewerben, bekommt aber nur einen bestimmten Prozentsatz nach einem ziemlich komplizierten Verfahren. Da will sich natürlich jeder erst mal die Standorte sichern, die er schon hat“, erklärt er. Nichts wäre schließlich fataler, wenn man seinen Standort dafür verliert und einen anderen zugesprochen bekommt. Diesen Aufwand will keiner.

Nun muss das DRK doch aus der Rettungswache ausziehen, und die Malteser ziehen ein. Und vor Jahreswechsel muss das passiert sein. Die Bürger merken davon nichts – wenn die Malteser die DRK-Mitarbeiter jetzt halten. Sollten die 30 Beschäftigten dem neuen Arbeitgeber nicht folgen, wird es schwierig, die zwei Rettungswagen, das Notarzteinsatzfahrzeug, die beiden Krankenwagen sowie den Rettungswagen Thiendorf zu besetzen. Wie der Betriebsübergang verlaufen ist, wird sich in gut vier Wochen zeigen. Für viele Mitarbeiter ist das momentan schwer. In vielen Zuschriften sprechen sie von „Schmach“, davon, dass die vielen ehrenamtlichen Einsätze jetzt plötzlich vergessen sind oder sie mutmaßen, der neue Arbeitgeber könnte doch etwas anders ticken als das DRK.

Mehrfach wurde berichtet, dass die Malteser in den vergangenen Wochen Spendensammler des Malteser Hilfsdienstes in den Raum Großenhain geschickt haben für die „neue Rettungswache der Malteser“ in Großenhain. Durchgesickert ist auch, dass der Landkreis Meißen in den nächsten sieben Jahren plant, eigene Rettungswachen zu bauen. Denn gegenwärtig gehören die in Großenhain, Katzenberg, Riesa und Lommatzsch dem DRK. Der Landkreis ist nur eingemietet.