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Großauftrag für Feuerwehrbauer

Die Görlitzer Brandschutztechniker nutzen das frühere Autohaus in Reichenbach für die Montage von 140 Fahrzeugen.

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© Nikolai Schmidt

Von Anja Gail

Reichenbach. Der gesamte Hof des ehemaligen Autohauses Büchner in Reichenbach steht voll mit mittelgroßen Feuerwehrautos. „Um die 30 sind das so“, erklärt Robin Bartusch, Mitarbeiter der Firma Brandschutztechnik Görlitz mit einem Blick über den Platz. Seit fast einem Jahr betreibt das mittelständische Unternehmen in der Kleinstadt eine Außenstelle, um einen Großauftrag für das Land Hessen abzuarbeiten.

Im vorigen Jahr hat die BTG die Ausschreibung dafür gewonnen. Über 140 Fahrzeuge hat das Land Hessen vom Hersteller Iveco gekauft und danach nach einer Firma gesucht, die diese Fabrikate als Tragkraftspritzenfahrzeuge vorbereiten kann. Dafür müssen sie vor allem mit Signaltechnik versehen, das Innere im Fahrerhaus ausgebaut und die Fahrgestelle für die weiteren Aufbauten hergerichtet werden. „Unsere Kapazitäten in Görlitz reichten dafür nicht aus“, erklärt Geschäftsführer Andreas Neu. Auf der Suche nach einem geeigneten Standort kam er mit Horst Büchner aus Friedersdorf ins Gespräch. Beide Unternehmer sind schon seit Langem befreundet. Das Autohaus hatte seine Filiale in Reichenbach aufgegeben und nach einem Nachnutzer gesucht.

„Der Standort liegt für uns günstig“, sagt Andreas Neu. Die Nähe zur Autobahn und die Zufahrt für größere Transporter, die die Fahrzeuge liefern und abholen können, erweisen sich als Vorteile. Außerdem ist genug Platz da, um die Fahrzeuge außerhalb der Halle abzustellen. Damit war die Sache klar. Bis ins nächste Jahr hinein richten die Mitarbeiter der BTG in Reichenbach die Feuerwehrautos für Hessen so weit vor, dass sie als Basisfahrzeuge für die weiteren Aufbauten bereitstehen. Die Görlitzer Firma kann auch das bis zum Endprodukt leisten. Inwieweit sie dafür bei den Ausschreibungen punkten kann, wird sich zeigen. Für die weitere Entwicklung am Reichenbacher Standort ist insofern noch vieles offen.

Andreas Neu hat die Entscheidung für die Produktion in der Kleinstadt bislang nicht bereut. Es sei wichtig gewesen, die nötige Ruhe und Kompetenz für diesen Großauftrag an einem Ort zu konzentrieren. Dafür wurden drei neue Mitarbeiter angestellt. Drei weitere Kollegen sind aus Görlitz nach Reichenbach gewechselt. Insgesamt zählt das Unternehmen zurzeit um die 70 Beschäftigte. Die Mitarbeiter in der Produktion sind erfahrene Mechatroniker und Konstruktionsmechaniker. Am Standort in Görlitz verlassen im Jahr etwa 220 Löschfahrzeuge der leichten und mittleren Klasse den Betrieb. Jedes zweite davon wird komplett aufgebaut ausgeliefert.

In Reichenbach werden im Schnitt drei Fahrzeuge pro Woche fertiggestellt. Bevor sie vom Hof fahren dürfen, müssen sie entsprechend abgenommen werden. Dafür schickt der Auftraggeber einen Sachverständigen von Hessen nach Reichenbach, der einmal im Monat die Fahrzeuge begutachtet und sämtliche Funktionen testet. Dazu gehören auch Signaltonproben. Das haben Reichenbacher schon bemerkt. Erst mit etwas Verwunderung, denn als vor Kurzem öfters Martinshörner zu hören waren, hatte das bei einigen Kleinstädtern die Befürchtung geweckt, da müsse aber viel passiert sein. Inzwischen ist klar: Immer dann, wenn die Signaltöne sehr häufig erklingen, ist der Fachmann aus Hessen wieder da. Das ist an ein bis zwei Tagen pro Monat der Fall, am Vormittag und Nachmittag, also weder vor der Aufstehzeit noch abends. Über Mittag wird eine zweistündige Ruhepause eingehalten, erklärt der Geschäftsführer. Solche Aufträge wie für das Land Hessen laufen neben der eigentlichen Produktion in Görlitz. Dort bemüht sich die BTG als Hersteller von Löschfahrzeugen inzwischen auch darum, in höhere Fahrzeugklassen einzusteigen. Die Arbeiten werden für europaweite Auftraggeber ausgeführt. Das Unternehmen, das eine lange Görlitzer Tradition im Bau von Feuerwehrfahrzeugen fortsetzt, betreibt inzwischen auch Vertretungen in Polen und Südtirol.

Andreas Neu hat die BTG vor sechs Jahren komplett von einem anderen Partner zurückgekauft und ist neu gestartet. Wenn der 60-Jährige in wenigen Jahren die Geschäfte an einen seiner Söhne übergibt, dann will er der älteste Beschäftigte sein, der das Unternehmen verlässt. Sein Team hat er deshalb Schritt für Schritt auf vorwiegend junge Leute wie Robin Bartusch umgestellt.