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„Gröditz ist meine Vergangenheit“

Gerd Lucke hat seine Kindheit in der Stadt verbracht. Dann ging er weg und wurde ein bekannter Künstler. Nun will er noch einmal zurückkehren.

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© Eric Weser

Von Eric Weser

Gröditz. Gerd Lucke sieht sich in der Scheune des Dreiseithofs um. Es beeindruckt ihn merklich, was er beim Rundgang durch das Gröditzer Kultur- und Vereinszentrum zu sehen bekommt. Wie viel Arbeit in der Sanierung des einstigen Bauernguts steckt, kann er aus eigener Erfahrung ermessen. Denn der 75-Jährige hat viele Jahre selbst im Bereich Denkmalpflege gearbeitet.

Ein Werk von Gerd Lucke: eine Schale.
Ein Werk von Gerd Lucke: eine Schale. © Ulrich Fischer
Ebenfalls von Gerd Lucke: die Kreuzblume für einen Kirchbau.
Ebenfalls von Gerd Lucke: die Kreuzblume für einen Kirchbau. © Ulrich Fischer

Gerd Lucke, Jahrgang 1943, ist Keramiker. Von der Schale bis zur Vase, vom Schmuckziegel bis zum Fries – die Hände des Künstlers haben in den vergangenen sechs Jahrzehnten alles Mögliche geformt. Seine restauratorischen Arbeiten aus der Nachwendezeit zieren Kirchen und öffentliche Gebäude. Seine Kunst ist in Museen zu sehen. Zu DDR-Zeiten hat Lucke viele Auszeichnungen für seine Arbeiten bekommen.

Für manchen in Gröditz ist er eine Art berühmter Sohn der Stadt. Denn Lucke ist in Gröditz aufgewachsen und zur Schule gegangen. Geboren ist er allerdings woanders: in Baschkow, das heute in Polen liegt. Von dort hatte es seine Familie während des Krieges auf der Flucht westwärts verschlagen. Schließlich landeten sie in Gröditz. Luckes pachteten den Bauernhof, der sich einst neben dem Dreiseithof befand.

Den haben schon lange neue Gebäude ersetzt: eine ASB-Außenstelle und dahinter die Villa Röderblick, ein Mehrfamilienhaus. Beim Besuch im Dreiseithof erinnert sich Gerd Lucke an das Gröditz seiner Kindheit. Es sei ein ganz anderer Ort gewesen als heute. Nicht nur, weil die Gemeinde damals noch kein Stadtrecht besaß und die Hauptstraße noch Dorfstraße hieß. „Den Namen trug sie ja auch zu Recht. Es war ein traditionelles Dorf, mit vielen Höfen. Mit einem Schmied, einem Tischler. Es gab jedes Gewerk.“ In der Landwirtschaft sei noch mit Pferden gewirtschaftet worden. Ein romantisches, naturnahes Gröditz hat Lucke vor Augen. Naturnähe ist dem Künstler wichtig. In seiner Wahlheimat an der Ostsee kämpft er als Mitglied einer Bürgerinitiative gegen den Bau von Ferienhäusern in einem Landschaftsschutzgebiet.

Fragt man Gerd Lucke nach seiner Beziehung zu Gröditz, fällt die Antwort zurückhaltend aus. Zwar lebe sein Bruder hier und eine Schwester in Riesa, deswegen komme er ab und an. Doch ein wirkliches Band zum Ort seiner Kindheit gebe es nicht. „Gröditz, das ist meine Vergangenheit“, sagt der 75-Jährige, dessen künstlerisches Talent einst vom Gröditzer Zeichenlehrer Malucha entdeckt worden war.

Malucha war es auch, der den jugendlichen Gerd Lucke zur Töpferlehre in Hohenleipisch vermittelte. Nach der Ausbildung zog es Lucke weg aus der Gegend. Er lebte etliche Jahre in Halle an der Saale, war dort Leiter der Keramikwerkstatt an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein. Mitte der 70er zog Lucke nach Weißenfels um, wo er und seine Frau – ebenfalls Keramikerin – bis vor zehn Jahren lebten, ehe sie nach Born auf den Darß umsiedelten.

Dort hat Jürgen Hoppe ihn zufällig entdeckt. Der kunstinteressierte Gröditzer wusste vom Keramikkünstler und dessen Verbindung nach Gröditz. Als Hoppe vor einigen Jahren beim Urlaub in einer Galerie auf Arbeiten von Lucke stieß, erkundigte er sich bei der Galeristin, ob es sich um den „Gröditzer“ Künstler handelt. Die Galeristin wusste es auch nicht, verwies aber auf Luckes Haus, das nur einen Katzensprung entfernt lag. Jürgen Hoppe fackelte nicht lange und suchte den Künstler auf. Seither besucht Hoppe den Künstler regelmäßig. Eine freundschaftliche Beziehung ist entstanden.

Aus der Freundschaft wiederum sollte auch etwas für Gröditz entstehen. Nur was, war lange nicht genau klar. Die Idee, dass der Keramiker die alte Schwengelpumpe im Dreiseithof nachbildet, ist verworfen. Nun soll es eine Ausstellung mit Luckes Werken geben. Auch dazu war etwas Überredungskunst nötig. Ausstellungen habe er in seinem Leben genug gemacht, sagt Gerd Lucke. Und wäre die Anfrage aus einer anderen Stadt gekommen, hätte er sie wohl abgelehnt. „Ich mache das nur, weil es Gröditz ist“, sagt Lucke – und schiebt mit einem Lächeln nach: „Also ist doch noch eine Bindung da.“ Voraussichtlich im September 2019 soll die Lucke-Ausstellung im Dreiseithof stattfinden.