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Görlitzer Musiklehrer vertonte Goethes Worte gegen den Krieg

Zwei Zeitzeugen notierten ihre Erinnerungen: Gegen Ende des Krieges gab es immer häufiger Luftangriffe auf Zivilisten.

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Im Februar 1945 fanden wir uns, aus Schlesien kommend, in einer notdürftigen Wohnung in Görlitz auf der Bahnhofstraße wieder. Verwandte, Bekannte, Berufskollegen meines Vaters und Geistliche aus unseren Heimatpfarreien. Am Abend des 13. Februar ließ uns Fliegeralarm verängstigt in den Luftschutzkeller flüchten. Während des Fliegeralarms betrat mein älterer Bruder das Dach des Hauses. Er war gerade wegen einer in den Vogesen erlittenen Schussverletzung auf Genesungsurlaub. Schweigsam kehrte er vom Dach zurück. Er berichtete über den blutroten Westhimmel. Jetzt ahnten wir: Dresden war durch einen angloamerikanischen Angriff in Schutt und Asche gelegt worden. Sehr viele Zivilisten wurden Opfer solcher Terrorluftangriffe. Wir dachten an die mahnenden Worte Goethes: „Krieg ist ein schrecklich Ding, Krieg mordet und zerstört dein Glück, das Glück der Völker und dein schönes Vaterland.“ Sie wurden nach 1945 von unserem Musiklehrer Kurt Richter vertont und gehörten zum Standardrepertoire der Schulkonzerte unserer Annenschule.

Dr. Jürgen Wenske, 1945 neun Jahre alt, hat noch immer die Bilder des Luftschutzkellers vor Augen. Der Text daneben ist ein erschütterndes Zeitzeugnis: Eine Frau und ihre Tochter flüchteten aus Liegnitz und gerieten in den Bombenangriff auf Dresden.
Dr. Jürgen Wenske, 1945 neun Jahre alt, hat noch immer die Bilder des Luftschutzkellers vor Augen. Der Text daneben ist ein erschütterndes Zeitzeugnis: Eine Frau und ihre Tochter flüchteten aus Liegnitz und gerieten in den Bombenangriff auf Dresden.

Dr. Jürgen Wenske, Görlitz

Im Frühjahr 1945 kamen endlose Flüchtlingstrecks mit Pferde- und Handwagen durch Schönau auf dem Eigen. Für uns Kinder war das ein Bild der Romantik. Ich war acht Jahre alt und saß täglich mit meinen Freundinnen auf einem Treppenpodest der Gaststätte „Brauerei“. Wir beobachteten das „Schauspiel“ und sehnten den Tag herbei, an dem wir selbst auf so einem Wagen in die Ferne reisen würden. Die Erwachsenen fragten die Vorbeiziehenden: Wo kommt ihr her? Anfangs wurden oberschlesische Orte genannt. Dann hieß es Lauban. Die Front ist schon nah, hieß es, und wir Kinder verstanden das noch nicht. Dann aber kam der „ersehnte“ Tag: Am 7. Mai wurden wir auf einen Planwagen gepackt. Wir fuhren Richtung Prag. Der Tag wurde heiß, aber wir mussten unsere Mäntel anbehalten. Immer wieder gab es Tieffliegerangriffe, wir mussten von einem Straßengraben zum nächsten rennen. Überall lagen Tote, aufgeschlitzte Betten, umgestürzte Wagen. Am Abend kamen wir bei einem Bauern in Hörnitz unter. Von dort sahen wir Leuchtraketen und hörten, dass die Erwachsenen vom Ende des Krieges sprachen. Er war noch lange nicht aus. Im Juli starben zwei meiner Schulfreunde, als sie beim Spielen auf Munition trafen.

Helga Kluge, Görli,tz