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Görlitz kommt in Mode

Am Untermarkt gibt es ein Shooting mit bekannten Leuten aus der Branche. Und ein Designer will sich hier niederlassen.

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© pawelsosnowski.com

Von Daniela Pfeiffer

Görlitz. Die Beine sehen ein bisschen blau aus, rubbelt mal dran.“ Was Michael Reh sagt, wird sofort gemacht. Ausstatter und Make up-Artist reiben Model Elisabeth kurz an den Beinen, bis sie schön rosig aussehen. Schließlich soll alles perfekt sein. Und als auch noch ein paar Stöße Haarspray versprüht sind, geht es weiter: „Ja, mach was. Spiel mit mir, whatever you wanna do.“

Dass hier ein professionelles Modeshooting stattfindet, wird spätestens klar, wenn man die Namen der Beteiligten liest, die gestern und heute in den Altstadtrestaurants St. Jonathan und Café Gloria arbeiten. Da ist Michael Reh, Modefotograf aus dem Ruhrgebiet, der seit vielen Jahren in den USA lebt. Er war Gastjuror bei Germanys Next Topmodel und hat dort auch ab und an Heidi Klums Mädchen fotografiert. Seinen Kumpel aus Jugendtagen, Karsten von Kuczkowski, hat er auch dabei und auch der ist kein Unbekannter. Der Berliner entwirft Design-Konzepte und Fashion-Inszenierungen für namhafte Kunden, etwa für Galeries Lafayette in Berlin und Dubai. Beim Shooting in Görlitz schaut er, ob die Brautmode, um die es geht, perfekt am Model aussieht. Entworfen wurde die Kollektion vom Berliner Designer Thomas Overesch. Ein paar Görlitzer kennen die schlichten, romantischen Brautkleider schon, sie wurden im April beim Euro Fashion Award (EFA) im Kaufhaus zum ersten Mal gezeigt.

Alle drei Herren waren da Jurymitglieder und alle drei waren vom ersten Tag an in Görlitz verliebt. Hierher wollten sie zurückkehren. „Diese Stadt hat eine tolle Energie“, sagt Michael Reh. „Wir hätten dieses Shooting auch in Hamburg oder Berlin machen können, aber mich persönlich inspiriert Berlin gar nicht mehr, es hat nicht mehr den Charme.“ Von Görlitz ist der Fotograf, der sonst in Miami oder New York fotografiert, hin und weg. „Solche Städte gibt’s in Amerika nicht, das ist fast, als kommst Du nach Disney World.“

Perfekt für Fotos, die Thomas Overeschs Brautmode zeigen sollen. Mit der blonden Jil und der dunklen Elisabeth – beide aus Dresden – ging es deshalb für zwei Tage nach Görlitz. Am perfektesten für die Brautkleider fanden die Modeprofis Hallenhäuser wie die vom Untermarkt.

Hier soll heute gleich noch ein weiteres Modeshooting stattfinden. „Das ist eine PR-Produktion für Ernstings Family“, erzählt Michael Reh, der auch dafür auf den Auslöser drücken wird. Die Gewinnerin eines bundesweiten Modelwettbewerbs wird dafür heute in Görlitz erwartet, sie präsentiert Herbstmode. Neben der Architektur schwärmt Michael Reh vor allem von der Ruhe der Stadt. „Wenn man am Times Square arbeitet, ist das lauter. Hier dagegen gibt es nicht so viele Menschen und nicht so viele Autos“, sagt er. Außerdem sei es in Görlitz völlig unkompliziert, zu arbeiten, weil einem alle Türen offen stehen – vor allem, wenn es um Genehmigungen geht.

Die Begeisterung des Modeteams, zu dem gestern auch der künstlerische Leiter des EFA-Modepreises Andrej Baranow, gehörte, scheint echt und beileibe keine Eintagsfliege. Denn die Pläne reichen weit über ein Zweitages-Modeshooting hinaus. Designer Overesch will in Görlitz ein Ladenlokal eröffnen, in dem er neben Mode auch seine eigenen Wohnaccessoirs anbietet. „Ich habe hier so viele Möglichkeiten und neue Freiräume“, schwärmt er. Bis ein passender Ort gefunden ist, wird er in die dritte Etage des Modehauses am Postplatz ziehen, die ohnehin für diese Zwecke vorgesehen ist. Zusammen mit einer jungen Designerin, die auch beim EFA im April von sich Reden machte.

Freilich gibt Overesch Berlin für Görlitz nicht ganz auf. „Die halbe Woche hier, die halbe Woche da. Es ist ein Experiment. Ich bin quasi der Testlauf für die jungen Designer, die zeitweise nach Görlitz kommen sollen.“ Das alles soll zeitnah passieren, in Berlin ist Overesch schon dabei, ein Teil seines Ateliers aufzulösen.