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Görlitz gedrechselt

Die Stadtbibliothek stellt Arbeiten des Hobbykünstlers Winfried Sieger aus. Viele mit Motiven seiner Heimatstadt.

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© Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Görlitz. Es kann schon mal passieren, dass Winfried Sieger das Mittagessen vergisst. Nämlich dann, wenn er in seiner kleinen Werkstatt sitzt und Figuren drechselt. Dass er das oft und mit großer Leidenschaft tut, sieht man in seiner Wohnung. Hier stehen viele seiner Arbeiten, darunter etliche mit Görlitz-Motiv. So gibt es eine Nachbildung der Altstadtbrücke, der frühere Straßenzug der Berliner Straße mit den damaligen Geschäften bildet die Rückwand eines Regals. Einen Görlitzer Lichterbogen mit Rathaustreppe und Kaisertrutz und sogar einen Flughafen mit startenden und landenden Flugzeugen hat der 76-Jährige angefertigt. Selbst sein Traumhaus hat er sich auf diese Weise verwirklicht, und eine kleine Miniaturvilla mit allen Einzelheiten geschaffen. Einige seiner Arbeiten sind zurzeit in der Görlitzer Stadtbibliothek zu sehen. „Gedrechseltes Görlitz“ heißt die Ausstellung.

Winfried Sieger zu Hause in seiner Werkstatt, wo er gern drechselt. Hier ist auch seine hölzerne Altstadtsilhouette entstanden. Foto: Stadtbibliothek Görlitz
Winfried Sieger zu Hause in seiner Werkstatt, wo er gern drechselt. Hier ist auch seine hölzerne Altstadtsilhouette entstanden. Foto: Stadtbibliothek Görlitz

Winfried Sieger wurde 1941 in Seibersdorf in Oberschlesien geboren. Seine Eltern waren gebürtige Görlitzer, mussten 1944 Oberschlesien verlassen und kehrten zurück nach Görlitz. Seitdem lebt Winfried Sieger an der Neiße, fühlt sich als Görlitzer und mit dieser Stadt verbunden.

Die Liebe zum Holz war immer schon da gewesen. Tischler war sein großer Berufswunsch, doch aus gesundheitlichen Gründen konnte er ihn nicht verwirklichen. Und so studierte er später an der Humboldt Universität in Berlin Jura. Zur späteren Verwaltungsarbeit brauchte er als Ausgleich auch etwas Greifbares, erzählt er. Von einem Bekannten bekam er Drechseleisen und so entstanden erste, ganz einfache Arbeiten, die in der Familie und bei Freunden aber schon gut ankamen. Später, als er seinen Enkelkindern Märchen und Geschichten erzählte, kam er auf die Idee, entsprechende Figuren zu drechseln. Und so entstanden ganze Märchenbücher, außerdem Görlitzer Sagen.

„Während ich arbeite, kommen mir immer die besten Ideen“, erzählt der Rentner. Vieles werde dann anders als ursprünglich geplant. Zum Beispiel sollte der Lichterbogen eine Beleuchtung mit Anschluss ans Stromnetz erhalten, aber mit Batterie kann der Lichterbogen ohne Kabel an jeder Stelle der Wohnung aufgestellt werden. Alles an Winfried Siegers Werken ist pure Handarbeit. Oft zerbrechen kleinste Teile oder müssen drei- bis viermal gestaltet werden.

Bis jetzt hat Sieger im Wesentlichen Stücke zur Dekoration der eigenen Wohnung oder als Geschenke für Familie, Freunde und Bekannte angefertigt. Mit den Jahren hat sich nun aber so viel angesammelt, dass Winfried Sieger sich entschlossen hat, die in der Stadtbibliothek ausgestellten Stücke auch zu verkaufen, sollte es Interessenten geben. (SZ)

Die Verkaufsausstellung „Gedrechseltes Görlitz“ ist bis 20. Dezember in der ersten Etage der Görlitzer Stadtbibliothek, Jochmannstraße 2-3, zu sehen.