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Geselligkeit bei Gericht

Im Amtsgericht gibt es vieles: eine Renter-WG, eine Tagespflege und jetzt noch einen Partykeller für besondere Runden.

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© Anne Hübschmann

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Nein, einen Partykeller will Jens Karitzki aus dem Gerichtskeller nicht machen. Dabei klingt der Name schon etwas verlockend danach. Doch der Feier-Keller liegt – ganz wie der Name ahnen lässt – im ehemaligen Amtsgericht an der Meißner Straße, wo heute ältere Herrschaften ihren Lebensabend verbringen.

Eine Rentner-WG in Großenhain – es gibt sie tatsächlich. Wer sich gern zurückziehen will, kann jederzeit wieder in sein Zimmer gehen.
Eine Rentner-WG in Großenhain – es gibt sie tatsächlich. Wer sich gern zurückziehen will, kann jederzeit wieder in sein Zimmer gehen. © Anne Hübschmann

Vermieten würden die beiden Betreiber des Hauses den Keller mit kleiner Küche dennoch – zu Feiern, die vielleicht auch von Rollstuhlfahrern besucht werden. Denn für die Gäste wäre die Location, wie es heißt, genau richtig. Aufzug, extra breite Türen, durch die man auch mit Rollstuhl kommt, und barrierefreie Toiletten. Ansonsten bleibt der urige Keller mit Ledercouch, Tafel und Justitia als Wandbild eher den Mietern hier vorbehalten.

Bald kommt die Adventszeit, die Bewohner können bei Regen und kühleren Temperaturen nicht mehr so oft im Garten sitzen – da ist ein Feierraum gegen den Stubenkoller genau richtig. Geselligkeit lernen aber auch neue Mieter zuweilen erst hier wieder, erzählt Jens Karitzi. „Viele sind doch lange alleine oder gar nicht mehr herausgekommen aus ihrer Wohnung.“ Wie die alte Dame, die jetzt im ersten Geschoss einer anderen älteren Dame gegenüber wohnt.

Seit sich beide für ein Schwätzchen entdeckt haben, gehen sie auch gemeinsam spazieren. Noch geselliger ist es in der ersten Etage bei der Tagespflege der Diakonie mit dem großen Gerichtssaal als den Blickfang und Treff im Haus. Wer hier wohnt, besucht auch die Tagesgruppe nach Lust und Laune und trifft hier andere Großenhainer. Unterm Dach haben sich drei älteren Damen zu einer WG zusammengefunden, in der auch immer ein Betreuer da ist.

Lucie Klingner ist mit ihren 94 Jahren nicht nur die älteste Dame im Haus, sondern sie war auch die erste Bewohnerin. Zwar sind Abwasch und Putzen hier kein Thema wie in einer Studenten-WG, weil das erledigt wird, aber dafür gemeinsames Kaffeetrinken, Basteln oder Reden. Wer lieber mal alleine sein will, kann das in seinem Zimmer. Sowohl in der WG als auch in der Etage mit den Einzelwohnungen gibt es Kurzzeitwohnplätze, die Familie oft händeringend für ihre Angehörigen suchen. Gerade diese Mischung auf den Etagen macht das Haus so lebendig, fern von monotonen Gängen mit Türen.