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Geldzahlung ohne Schuldeingeständnis

Vor Gericht räumt Meißen zwar keine Fehler bei der Besetzung eines Chefpostens ein. Dennoch zahlt die Stadt einem unterlegenen Bewerber viel Geld.

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© Andreas Weihs

Von Stephan Hönigschmid

Meißen/Dresden. Im Streit um die Besetzung der Stelle des Bauver- waltungsamtsleiters im Meißner Rathaus zeichnet sich eine Lösung ab. Der unterlegene Bewerber Marko Hermersdörfer stimmte am Montag vor dem Dresdner Arbeitsgericht einem Vergleich mit der Stadt Meißen zu. Demnach soll er eine Entschädigung in Höhe von 9 592,10 Euro für die entgangene Stelle erhalten. Der Betrag setzt sich aus zwei Bruttomonatsgehältern von je 3796,05 Euro sowie einer pauschalen Schadenersatzzahlung von 2000 Euro zusammen. Rechtskraft hat die Einigung aber noch nicht, da die Dresdner Fachanwältin Kerstin Rudolph, die die Stadt Meißen vertritt, sich erst noch mit der Verwaltung abstimmen muss. Die Zustimmung gilt deshalb bis zum 20. Juli nur auf Widerruf.

Marko Hermersdörfer hatte die Stadt Meißen verklagt, weil es seiner Meinung nach bei der Besetzung der neuen Stelle eines Bauverwaltungsamtsleiters nicht mit rechten Dingen zugegangen sei. So stimmte am 16. Mai eine Mehrheit der Meißner Stadträte dafür, dass die frühere Chefin des OB-Büros Inga Skambraks die Stelle erhalten soll. Nur einen Tag später wurde ihr Arbeitsvertrag unterzeichnet, der am 1. Juli in Kraft getreten ist. Mindestens ein Teil der abgelehnten Bewerber wurde darüber eigenen Angaben zufolge allerdings nicht innerhalb von 14 Tagen informiert. Dies wäre nötig gewesen, um mithilfe einer einstweiligen Verfügung die Besetzung der Position zu verhindern. Insgesamt hatte es zwölf Bewerber für den Posten gegeben.

Der Hauptvorwurf von Marko Hermersdörfer lautete, dass die Aufgaben für die ausgeschriebene Stelle nicht klar definiert gewesen seien und daher mit einem verwaltungsrechtlichen Deckmantel lediglich eine politische Stelle geschaffen werden sollte. Rechtsanwältin Kerstin Rudolph wies diese Vorwürfe im Namen der Stadt zurück. Stattdessen betonte sie, dass der Fachbereich Bau ähnlich wie das bis 2004 der Fall gewesen sei, wieder in ein Bau- und ein Bauverwaltungsamt getrennt werden soll. „Die Betonung der Ausschreibung lag weniger auf Bau, sondern mehr auf Verwaltung. Es ist uns schleierhaft, welche Angaben dort fehlen sollen“, erklärte die Anwältin, die davon ausgeht, dass Hermersdörfer die Klage nicht von allein initiiert hat. „Der Schriftsatz des Klägers zeigt, dass er wohl selbst nichts unternommen hätte, sondern von Walter Hannot von der Bürgerinitiative ‚Meißen kann mehr‘ angesprochen wurde“, sagte Rudolph.

Vor dem Arbeitsgericht unter Vorsitz von Richter Thomas Guddat betätigte Hermersdörfer dies nicht, allerdings schilderte er verschiedene Telefonate mit Hannot, in denen er Details zum Bewerbungsverfahren erfahren hat. „Nachdem Jörg Schlechte auf Facebook das Foto mit Inga Skambraks und Frank Lassotta gepostet hatte, habe ich Herrn Hannot angerufen. Er hat mir die Hintergründe geschildert und wusste auch, wer die anderen Bewerber sind.“ Obwohl diese Informationen nach außen gedrungen waren, wollte Kerstin Rudolph keinen mangelnden Datenschutz in der Verwaltung feststellen. „Das können nur die Stadträte weitergetragen haben. Die Räte sind allerdings nicht teil der Verwaltung“, gab sie zu bedenken.

Nachdem es in der Verhandlung zunächst temperamentvoll hin und her ging und Richter Thomas Guddat Kerstin Rudolph darauf hinweisen musste, dass sie Marko Hermersdörfer auch mal ausreden lassen muss, war bald klar, dass das Verfahren auf eine Geldzahlung hinausläuft. Der Kläger, der seinen Fall ohne Rechtsanwalt durchkämpfte, sich anscheinend aber belesen hatte, schien sich mit der Besetzung der Stelle abgefunden zu haben und änderte den Antrag in Richtung Entschädigung ab. Als Kerstin Rudolph ebenfalls sagte: „Darüber kann man sprechen“, war nur wenig später die Größenordnung klar. Auch wenn das Gesetz keine Höhe vorschreibt, wusste Hermersdörfer genau, dass in der Regel zwei bis drei Monatsgehälter sowie ein pauschaler Schadenersatz gezahlt würden.