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Gekommen, um zu bleiben

Die Fluggesellschaft Germania ist der neue Hoffnungsträger des Dresdner Flughafens.

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© Robert Michael

Von Michael Rothe

Dresdens Flughafen hat schon viele Airline-Chefs und deren Flieger zum Erstflug begrüßt, um sie dann Monate später wieder zu verabschieden. Gestern war einiges anders: Der Geschäftsführer von Germania, Herr über 25 Flugzeuge und gut 900 Mitarbeiter, kam nicht in Schlips und Kragen, sondern in Jeans und Turnschuhen. Grund: ein mehrfacher Bänderriss beim Fußball in einer Freizeitmannschaft. Außerdem herrschte eitel Sonnenschein. Und zum Erstflug nach Madeira gab’s die obligatorische Begrüßungsdusche für die Maschine statt nach der Landung erst beim Abflug zur portugiesischen Sonneninsel im Atlantik. Die Boeing 737 mit 148 Plätzen war nämlich bereits am Vorabend gelandet – und so soll es den ganzen Winter über sein.

Karsten Balke, Geschäftsführer der Germania Fluggesellschaft mbH.
Karsten Balke, Geschäftsführer der Germania Fluggesellschaft mbH. © Robert Michael

Auf den ersten Blick scheint das nichts Besonderes zu sein, doch Dresdens Flughafen-Chefin Bettina Ganghofer verbindet mit dieser Übernachtung große Hoffnungen: „Wenn eine Airline anfängt, ihre Maschinen zu stationieren, dann ist das ein gutes Zeichen“, sagt sie. Zumal im nächsten Sommer eine weitere Boeing hinzukommen soll – unter anderem für den Einsatz auf der hochfrequentierten Strecke nach Palma de Mallorca. „Germania ist einer der treuesten Kunden unseres Flughafens und hat Dresden seit der Wende nur wenige Jahre nicht bedient“, so die Geschäftsführerin. Allein bis Anfang Oktober starteten und landeten in Klotzsche rund 117 000 Passagiere mit Germania, die mit den weiß-grünen Maschinen auch als Sachsens Landescarrier durchgehen würde.

„Die Region sehnt sich nach Stabilität im Flugangebot“, weiß Germania-Chef Balke. Und dazu wolle sein Unternehmen einen Beitrag leisten. „Wir wollen hier etwas aufbauen und sind gekommen, um zu bleiben“, sagt der 42-jährige Berliner.

Seine Ansage kommt zur rechten Zeit. Während 18 der 22 internationalen Flughäfen in Deutschland bis Ende September ihre Passagierzahlen im Schnitt um 4,8 (Leipzig um 2,3) Prozent steigern konnten, verzeichnet Dresden ein Minus in der Zwischenbilanz. Grund: Mehrere Linien waren mangels Auslastung wieder eingestellt worden – zuletzt die mit Citijet nach London. Nun steht auch wieder die Germanwings-Strecke nach Hamburg auf der Kippe. „Wir kriegen nicht morgens und abends 80 Leute in die Flieger, die eingesetzten Maschinen sind einfach zu groß“, sagt Flughafen-Chefin Ganghofer.

Germania-Chef Balke ist von ausreichender Nachfrage für sein Angebot überzeugt – auch mit Blick auf Kundschaft in Westpolen und Nordtschechien. Er würde Dresden aber „auch eine gewisse Durststrecke zugestehen“, obwohl sich auch für ihn langfristig alles rechnen müsse. Germania habe große Erfahrungen im Touristikbereich, Zugang zu allen Vertriebskanälen, wolle aber nicht der Platzhirsch werden.

Die Airline ist alles andere als ängstlich. Sie hat auch Ziele im Irak, Iran, Kosovo und Libanon im Flugplan. Die öffentliche Kritik, als einzige Airline regelmäßig vom neuen Regionalflughafen Kassel-Calden – für viele ein steuerliches Millionengrab – zu starten, lässt Balke abtropfen. Auch das vorschnelle Engagement am unfertigen Hauptstadtflughafen BER mit eigenem Hangar hakt Balke als Erfahrung ab. Und ein mehrjähriges Engagement mit eigener Tochter im westafrikanischen Gambia wurde erst durch die Ebola-Seuche gestoppt.

Balke, nach Entlassung seiner beiden Vorgänger seit einem Jahr Chef der mit 3 220 Sitzplätzen siebtgrößten deutschen Airline, schreibt Dresden „eine signifikante Rolle“ zu. Germania erweitert ihr Angebot ab Dresden auf 13 Ziele. Im Winter werden je einmal pro Woche neben Madeira auch die Kanaren-Inseln Lanzarote, Fuerteventura, Gran Canaria und Teneriffa angeflogen, dazu Mallorca sowie in Ägypten Marsa Alam und zweimal Hurghada. Im Mai folgen neue Direktflüge nach Málaga in Spanien, Paphos auf Zypern und zu den griechischen Inseln Kreta, Kos und Rhodos. Den Flug nach Mallorca gibt’s dann täglich.

Heute freut sich der lange gebeutelte Dresdner Flughafen über den nächsten Erstflug: mit der deutschen Tochter der türkischen Airline Sunexpress. Ras Al Khaimah in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist mit sechseinhalb Flugstunden zugleich das am weitesten entfernte Ziel ab Sachsens Landeshauptstadt.

Doch trotz der sonnigen Aussichten macht sich Flughafen-Chefin Ganghofer Sorgen. Der angekündigte einwöchige Streik des Lufthansa-Kabinenpersonals bedroht allein 134 Flüge zwischen Dresden und den Drehkreuzen Frankfurt und München und könnte selbst die auf 1,76 Millionen geschrumpfte Passagierzahl von 2014 in unerreichbare Ferne rücken.