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Fuchs über Hindernis

Am Wochenende fand bei Strauch eine Meisterprüfung für Jagdhunde statt – sie umfasst sage und schreibe 27 Fächer.

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© Kristin Richter

Von Manfred Müller

Strauch. In Deutschland die Berechtigung zur Jagd zu erwerben, ist weder für Zweibeiner noch für Vierbeiner ganz einfach. Letztere dürfen ihr Herrchen nicht einfach in Wald und Flur begleiten und dort nach Herzenslust stöbern und apportieren. Zuvor müssen sie umfangreiche und ziemlich schwierige Prüfungen absolvieren. „Das hat vor allem mit dem Tierschutzgedanken zu tun“, erklärt Peter Palm. „Bei der Jagd geht es ja darum, dem Wild unnötiges Leid zu ersparen.“ Der Großenhainer ist Hundeobmann des sächsischen Landesjagdverbandes, und hat darüber zu wachen, dass die Jagdhunde dieser Funktion gerecht werden. Zum Beispiel dadurch, dass sie ein angeschossenes Tier, das sich im Dickicht zurückgezogen hat, so schnell wie möglich finden und stellen, damit der Jäger es töten kann. Gleiches gilt zum Beispiel nach Unfällen, bei denen ein verletztes Reh oder ein Wildschwein vom zuständigen Jagdpächter gesucht und erlöst werden muss. Ohne seinen vierbeinigen Helfer würde es der Jäger in den meisten Fällen gar nicht finden.

Wildschweindecke gefunden: Peggy Dornig vom Jagdgebrauchshundeverband bläst das Signal „Sau tot“.
Wildschweindecke gefunden: Peggy Dornig vom Jagdgebrauchshundeverband bläst das Signal „Sau tot“. © Kristin Richter
Hundeobmann Peter Palm mit Laub-Bruchzeichen und Prüfungsunterlagen.
Hundeobmann Peter Palm mit Laub-Bruchzeichen und Prüfungsunterlagen. © Kristin Richter

Am vergangenen Wochenende trafen sich sächsische und brandenburgische Jäger in der Gegend um Strauch, um mit ihren Hunden die umfangreichste und schwierigste aller Verbandsgebrauchsprüfungen (VGP) abzulegen – die sogenannte Meisterprüfung. Sie umfasst 27 Fächer in Wald, Feld und Wasser sowie Gehorsamstests. Da muss beispielsweise ein toter Fuchs aufgenommen und über einen Graben zum Hundeführer gebracht werden. Oder ein Kaninchen erschnüffelt werden, das zuvor an einem Strick durch den Wald gezogen wurde. Oder der Hund verfolgt eine künstlich gelegte „Schweißspur“, also eine Blutspur, bis hin zu einer Wildschweindecke, die die Prüfer in etwa 600 Meter Entfernung abgelegt haben. Die Bedingungen sind dabei exakt festgelegt. So dürfen fürs Spurlegen nicht mehr als 250 Milliliter Blut verwendet werden.

Boss von Brackenstern hat damit keine Probleme. Die Nase am Boden, bleibt er fast bis zum Ziel auf der Schweißspur. Die Polnische Bracke lässt sich auch nicht von einem Reh-Wechsel ablenken, der die Spur kreuzt. Kurz vor dem Ziel verliert sie sie zwar für ein paar Sekunden, aber ein gut ausgebildeter Jagdhund weiß, was dann zu tun ist. Er zieht einige „Schnüffelkreise“ und schon hat er sie wieder gefunden. Stolz präsentiert er seiner Hundeführerin die Wildschweinhaut. Dafür gibt es ausgiebiges Lob und etliche Streicheleinheiten von Besitzerin Katja Kolbe-Michauk. „Das war ein echtes Meisterstück“, sagt Prüfungsanwärterin Andrea Salka, die den Parcours mit abgelaufen und die Nachsuche genau in Augenschein genommen hat. Zum Schluss wird – so viel Brauchtum muss sein – der erfolgreiche Prüfungsteil sogar noch mit einem „Sau tot“ auf dem Jagdhorn verblasen. Die Meisterprüfung ist vor allem für sogenannte Allrounder gedacht. Das sind Hunderassen, die nahezu die gesamte Bandbreite der jagdlichen Hilfstätigkeiten beherrschen sollen. In waldarmen Gegenden wie der um Großenhain sind solche Universalgenies besonders gefragt. Und wenn der Hund später zur Züchtung eingesetzt werden soll, ist der Abschluss ein absolutes Muss. „Einen Welpen kann man schon für 500 bis 700 Euro erwerben“, erklärt Hundeobmann Peter Palm. „Hat ein Jagdhund alle Prüfungen bis hin zur Meisterprüfung absolviert, kann sein Wert bis aufs Zehnfache steigen.“ Alle Leistungen, die der Hund erbringt, aber auch alle Schnitzer, werden in den Verbandsdokumenten akribisch dokumentiert. Und das schon seit mehr als 100 Jahren. Nachdem im Jahr 1848 das Jagdmonopol des Adels gefallen war, erzählt Palm, habe jeder Landeigentümer auf seinen Flächen alles Wild, dessen er habhaft wurde, totgeschlagen. Um Ordnung in dieses Chaos zu bringen, wurden später Jagdgesetze erlassen – Sachsen hatte das allererste in Deutschland. Und um mehr Nachhaltigkeit zu erreichen, bedurfte es dringend der Unterstützung durch Jagdhunde. Auf diesem Gebiet erwies sich deutsche Regelungswut über die Jahrzehnte durchaus als Segen. „Ohne Hund ist man nur ein halber Jäger“, sagt Peter Palm. „In anderen Ländern werden wir für unser Jagdgebrauchshundewesen beneidet.“