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Fridolin, der Knirpsenbändiger

Thomas Oelsner lässt Rabauken rieselnden Schnee spielen und Angsthasen Sieger sein. Nächster Treff: Kinderfestival.

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© Christian Juppe

Von Nadja Laske

Zwischen Tommy und Fridolin liegen zwei Minuten. Höchstens. In Jeans und Shirt steigt Thomas Oelsner in eine bunte Latzhose, drückt sich die orangefarbene Melone auf den Kopf – fertig. „Ich bin ja kein Clown und muss mich nicht schminken“, sagt er und setzt sein Kindergeburtstagslächeln auf. Zehn Jahre alt mag Fridolin inzwischen sein, etwa so alt, wie die Mädchen und Jungen, für die er einmal erfunden wurde. In die Welt gesetzt von Thomas Oelsner, kurz Tommy.

Irgendwie musste es ja weitergehen, damals, als die Leute immer weniger CDs kauften, sondern selbst brannten. Musik wurde heruntergeladen oder einfach im Netz gehört. Das war das Ende eines Erfolgskonzeptes, das Oelsner nach der Wende zunächst wirtschaftlich durchatmen ließ. Als gelernter Maschinenbauer hatte er sich in der DDR das Leben als Diskjockey versüßt. Sein Talent, andere Menschen zu unterhalten, entdeckte er schon in der Schuldisco, da gab er den Moderator und legte Musik auf. Für die sogenannte Pappe, die offizielle Spielerlaubnis für Amateure und Profis, reichte es jedoch nicht, Ansagen zu machen und Bänder laufen zu lassen. Die Prüfungskommission überzeugen konnte nur, wer das Publikum gezielt und durchdacht unterhielt. „Ich habe alle möglichen Lehrgänge besucht – Moderation, Dramaturgie, Regie, Sprecherziehung. Ohne die Nachweise hatte man keine Chance“, erzählt der 54-Jährige. Gegen Ende der 80er Jahre war für den alten Beruf kein Platz mehr im Kalender. Mit seiner Diskothek zog Thomas Oelsner durchs Land und hätte gern so weiter gemacht.

„Aber nach der Wende war bald der Tiefpunkt erreicht“, erzählt er. „Die Leute hatten andere Sorgen, als sich einen Unterhalter zu buchen.“ Weil Not erfinderisch macht, begann Oelsner CDs zu verkaufen. Er eröffnete erst einen „Discoladen“, dann sechs weitere Filialen. „Wir hatten immer die topaktuellen Platten und konnten uns vor Kundschaft kaum retten.“ An der Wand in Tommys Büro hängt gerahmt hinter Glas eine Goldene Schallplatte. Die wurde ihm für 250 000 verkaufte Tonträger des Danceprojektes Brooklyn Bounce verliehen. Eigentlich bekommen nur Musiker, Produzenten und Komponisten diese Auszeichnung, keine Händler. Neben dem CD-Geschäft erwies sich auch der Verkauf von Ton- und Lichttechnik für Diskotheken als geschickt. Denn so langsam erholte sich der Markt, und der Bedarf an Tanzveranstaltungen und Shows stieg wieder an.

„Als wir merkten, dass der CD-Verkauf seinem Ende zugeht, haben wir das Veranstaltungswesen wieder ausgebaut“, erzählt Thomas Oelsner. Mit „wir“ meint er all die Partner, die über Jahre in wechselnden Formationen für Spaß sorgen – auf Schulanfangspartys, Hochzeiten, Firmenjubiläen, Stadtfesten, Messen und an diesem Wochenende beim ersten Kinderfestival im Ostrapark. Thomas Oelsner arbeitet mit der Dance Company Luxor und anderen Künstlern zusammen. Auch auf dem Indoor-Spielplatz Playport im Flughafengebäude ist er regelmäßig zu erleben. Über die Jahre haben sich für die Programme 15 Maskottchen angesammelt. Sie alle tauchen auf – bei Kundenveranstaltungen und Wohnungsgenossenschaftsfesten, aber auch auf privaten Feiern. „Es ist verrückt, was Eltern für ihre Steppkes auffahren“, sagt Thomas Oelsner. Die Zeit der Kindergeburtstage mit Topfschlagen, Sackhüpfen und Eierlauf scheint vorbei. Zumindest auf den ersten Blick. Doch zwischen Hüpfburg und Ponyreiten lugt immer wieder der Reiz des Einfachen hervor. „Ich erlebe Eltern, die förmlich in sich zusammenfallen, wenn ich mit meinem Kinderprogramm beginne.“ So erschöpft seien die von ihren eigenen Kids, die es ihnen kaum erlauben, mal in Ruhe einen Kaffee zu trinken und mit Freunden zu plaudern.

Doch diese Mädels und Jungs brauchen kein Höher, Schneller, Weiter. Sie müssen nicht ständig Mittelpunkt sein. Thomas Oelsner, oder besser Fridolin, lässt sie minutenlang rieselnden Schnee spielen, einen Schneemann vorm Schmelzen retten und Wettkämpfe bestreiten. Gewinner bekommen Beifall und freuen sich ganz ohne Preise und Medaillen. Auf die verzichtet Tommy ganz bewusst. Kinder einbinden, mitmachen lassen, ihnen Aufgaben übertragen, damit packt er die Kleinen, die Schüchternen wie die Rabauken.

Kinderfestival „Tohuwabohu Dresden“, Sa./So., 10 bis 20 Uhr, Ostrapark (am Seehaus) mit Workshops, Spielen, Musik, Tanz, Kinderdisco und Mitmachshows; Familienticket für zwei Erwachsene und vier Kinder: 37 Euro