Merken

Freital verkauft alte Volkshochschule

Das geschichtsträchtige Anwesen in Hainsberg ist noch gut in Schuss. Nur ein Problem gibt es.

Teilen
Folgen
© Karl-Ludwig Oberthür

Von Thomas Morgenroth

Freital. Sechs kleine Keramikreliefs mit Freitaler Motiven, wohl von einem Kurs übrig geblieben, sind der letzte Gruß der Volkshochschule Freital in ihrem bis Anfang April genutzten Gebäude in Hainsberg. Ansonsten erinnert weder innen noch außen etwas daran, welche beliebte Bildungseinrichtung sich 25 Jahre lang in dem markanten Haus an der Kirchstraße befand. Offiziell, so ist auf einem handgeschriebenen Zettel an der Eingangstür zu lesen, ist die Freitaler Zweigstelle der Volkshochschule Sächsische Schweiz-Osterzgebirge bereits im November 2016 in das City-Center an der Dresdner Straße in Deuben gezogen.

Nun will die Stadt Freital die ehemalige Volkshochschule verkaufen. Das Gebäude gehört ihr erst seit acht Jahren. Zuvor war der Landkreis Eigentümer, der 2009 unter anderem dieses Anwesen gegen Freitaler Flurstücke mit Schulen in kreislicher Trägerschaft tauschte. Die Volkshochschule zahlte seitdem ihre Miete an die Stadt. „Die Kommune hat keine Verwendung mehr für das Haus“, sagt Korina Tillig von der Freitaler Projektentwicklungsgesellschaft, die mit dem Verkauf beauftragt ist.

Bis 2. Januar können Interessenten ein Gebot abgeben, erste Besichtigungen soll es nächste Woche geben. Der Mindestpreis ist auf 128 300 Euro festgelegt. Das, sagt Korina Tillig, sei der Verkehrswert. Dafür bekäme der Käufer ein rund achtzig Jahre altes Gebäude mit einer Nutzfläche von fast 270 Quadratmetern. Das Grundstück, das sich unterhalb der Hoffnungskirche befindet, ist 2 770 Quadratmeter groß. Allerdings ist es nicht uneingeschränkt bebaubar: Die Rohwasserleitung der Drewag Dresden von Klingenberg nach Coschütz verläuft darüber. „Die Rechte sind im Grundbuch vermerkt“, sagt Korina Tillig.

Insgesamt präsentierte sich das Haus bei einer Besichtigung am Freitag in einem ordentlichen Zustand. Das Dach ist dicht, von unten scheint keine Feuchtigkeit aufzusteigen. Die Zentralheizung funktioniert, die Fußböden und Fenster sind intakt, selbst das Kabel für schnelles Internet ist im Keller bereits vorhanden. Eines aber fehlt: der Anschluss an das öffentliche Abwassernetz. Dieser, weiß Korina Tillig, ist nicht ohne größere Investitionen herzustellen. Möglich aber sei er, entweder über ein fremdes Grundstück oder mit einer Pumpenanlage: „Es gibt bereits Vorplanungen“, sagt Frau Tillig. Ein neuer Eigentümer, betont sie, müsse das Grundstück wegen des Anschlusszwanges an den Kanal anbinden. Das ist eine in der Abwassersatzung festgelegte Pflichtaufgabe, vor der sich erst der Landkreis und dann die Stadt jahrzehntelang gedrückt haben.

Bis heute wird das Abwasser in einer Grube gesammelt, die sich neben dem 1935/36 für die Hitler-Jugend gebauten Haus befindet. 1938 bemalte Fritz Junghans, bekannt durch seine Gemälde in der „Rollmopsschänke“, die Frontseite des „Jugendheims Hainsberg“ mit zwei überlebensgroßen, reliefartigen Figurengruppen; ein Auftragswerk, das dem ideologischen Zeitgeschmack Rechnung trug.

Die Bilder wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges entfernt. Auf welche Weise, ist nicht überliefert. Möglicherweise befinden sie sich noch unter den neuen Putzschichten. Nach kurzzeitiger Unterbringung von Umsiedlern, wohl schon ab 1944, war die Freie Deutsche Jugend (FDJ) der neue Nutzer. In deren Trägerschaft wurde aus dem einstigen Heim der Hitlerjugend eine „Station junger Touristen“ mit dem Ehrennamen „Hans Beimler“.

Am 14. Juni 1991 schließlich eröffnete die Volkshochschule Freital dort ihre Unterrichts- und Büroräume. Was alles andere als selbstverständlich war, wurde doch nach der Wende erbittert um die weitere Finanzierung der Volkshochschulen gestritten. Aber das ist längst Geschichte. Wie es mit dem einstigen „Jugendheim“ weitergeht, ist indes offen. Weil es keinen Denkmalschutz gibt, kann ein Käufer das Gebäude auch abreißen und zum Beispiel ein neues Wohnhaus bauen. Wenigstens aber sind die sechs Keramiktafeln gerettet: Freitals Pressesprecher Matthias Weigel hat sie vorsorglich sichergestellt.

Mehr Informationen unter 0351 6479712 oder [email protected]