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Freiheitsstrafe für Messerstecher

Ein Albaner aus dem Kosovo stand wegen Bedrohung und gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. War es Notwehr?

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© Symbolbild/dpa

Von Helene Krause

Döbeln. Bedrohlich wirkt die Situation im großen Verhandlungssaal des Amtsgerichts Döbeln. Zwei Justizbeamte mit Sicherheitswesten flankieren den Eingangsbereich. Sie sollen die Zeugen schützen. Vorgeworfen wird einem 46-jährigen Mann aus dem Kosovo Bedrohung und gefährliche Körperverletzung. Am 17. Januar dieses Jahres soll der Angeklagte vor der Berufsschule in der Thomas-Mann-Straße in Döbeln einen 43-jährigen kurdischen Türken mit acht Messerstichen verletzt haben. Zuvor bedrohte er nach einem Wortgefecht den Sohn des Opfers mit den Worten: „Ich brech’ Dir das Genick mit meinem Knie!“

Anlass waren längere Streitigkeiten zwischen den Söhnen der Familien, die schon in der Mittelschule Waldheim begannen. Am Tattag, so sagt es der Angeklagte, hätte sein Sohn aus der Berufsschule angerufen und gesagt, dass ihm der Sohn des Kurden etwas antun wolle. Der Kosovo-Albaner aus Frankenberg fuhr in die Berufsschule. Dort ging er in das Klassenzimmer des kurdischen Jungen und stieß die Drohung aus. „Ich hatte mich im Zimmer geirrt“, sagt der Angeklagte zum Tatvorwurf der Bedrohung.

Als er die Berufsschule verlassen hatte, traf er auf dem Parkplatz den Geschädigten. Aufgrund der Drohung, dem Jungen das Genick zu brechen, hatte eine Sozialarbeiterin den Vater des bedrohten Jungen angerufen, damit er ihn abholt. Schnurstracks soll der Beschuldigte auf den Mann zugegangen sein. „Er schlug mit einem Eiskratzer auf mich ein“, sagt der Angeklagte. „Dann zog er ein Messer. Ich wehrte mich.“ Bei dem Gerangel wurde der Beschuldigte am Kopf und an den Fingern verletzt. Als der Kurde blutend in die Berufsschule flüchtete, folgte ihm der Angeklagte und versetzte ihm die Messerstiche in den Rücken, den Oberschenkel und das Gesäß. Zwei Tage war der Geschädigte aufgrund der Verletzungen im Krankenhaus.

Dass der Angeklagte in Notwehr gehandelt hat, glauben weder Staatsanwalt Marcus Schori noch Richterin Marion Zöllner. „Es ist eine Schutzbehauptung von Ihnen“, sagt Richterin Zöllner in der Urteilsbegründung. „Keiner der Zeugen schilderte, dass ein Eiskratzer im Spiel war. Sie waren auf Brass, entweder wegen der Streitigkeiten der Söhne oder weil sie etwas gegen Kurden haben.“ Sie verurteilt den Angeklagten, der bereits 1996 eine Haftstrafe wegen versuchter Vergewaltigung und 2015 wegen Körperverletzung abgesessen hat, zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.