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Fledermäuse leben in der Platte

Ein Fachmann fand bei den vom Landkreis geforderten Untersuchungen in Löbau Ost geschützte Tierarten. Trotzdem kann der Abriss der leeren Wohnblocks bald starten.

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© Rafael Sampedro

Von Constanze Junghanß

Löbau. Lautlos huschen sie in der Dämmerung bei den Wohnblöcken Löbau Ost durch die Luft. Vorbei an den Giebeln der Häuser Ecke Mozart- und Lortzingstraße sind Fledermäuse unterwegs, um Insekten zu jagen. Abendbrotzeit bei Familie Flugmaus also. Viele Tiere sind es nicht. Zehn im Durchschnitt. Die kleinen Flatterer beschäftigten jetzt aber mehrere Instanzen. Die Stadt Löbau, die Wohnungsverwaltung und Bau GmbH (Wobau), die Naturschutzbehörde des Landkreises und den Fledermausexperten Arndt Hochrein. Er wurde vorigen Monat von der Wobau beauftragt, um eine vom Landkreis geforderte Überprüfung hinsichtlich unter Schutz stehender Tierarten in den Blöcken durchzuführen. Das hatte die Stadt im Vorfeld versäumt. Laut Kreissprecherin Susanne Lehmann lagen zum damaligen Zeitpunkt der Unteren Naturschutzbehörde keine Untersuchungsergebnisse für die Plattenbauten vor. Die leer stehenden Wohnhäuser in Löbau Ost sollen abgerissen werden. Der Landkreis stoppte das. Oberbürgermeister Dietmar Buchholz (parteilos) und Bauamtsleiter Albrecht Gubsch hatten den Stadtrat darüber informiert. Die Untere Naturschutzbehörde forderte von der Stadt eine Prüfung der artenschutzrechtlichen Belange. Fledermäuse und geschützte Vogelarten könnten im Leerstand Quartier bezogen haben. Und wenn das so sei, käme der Abriss erst mit zeitlicher Verzögerung infrage. Das wiederum hätte Konsequenzen hinsichtlich der Fördermittel haben können. Ullrich Wustmann, Geschäftsführer der Wobau, die die Häuser verwaltet, bestätigte das Ende der Fristbindung für die Fördermittel im Oktober. Der Geschäftsführer hoffte, mit dem Abriss ab Anfang Juli starten zu können, um pünktlich im Herbst fertig zu sein. „Wir gehen davon aus, dass keine Fledermäuse in den Blöcken gefunden werden“, sagte er im Mai.

Arndt Hochrein ist Vorsitzender des Sächsischen Fledermausverbandes. Er hat in Löbau Ost Hinweise auf Fledermäuse entdeckt.
Arndt Hochrein ist Vorsitzender des Sächsischen Fledermausverbandes. Er hat in Löbau Ost Hinweise auf Fledermäuse entdeckt.

Doch nun sind Fledermäuse ebenso da, wie die Mauersegler. Das schrieb bereits ein Leser auf der Facebookseite der SZ und schilderte seine Erfahrung. Er berichtete von einer verirrten Fledermaus im heimischen Schlafzimmer in Löbau Ost. Ein anderer Kommentator wiederum vermutete hinter dem ganzen Hin und Her einen „Schildbürgerstreich“. In der Tat stellte sich bei den Untersuchungen heraus, dass Flatterer vorhanden sind. Darüber hatte Arndt Hochrein, Vorsitzender vom Sächsischen Fledermausverband, die Wobau jüngst schriftlich informiert. Das bestätigt Ullrich Wustmann. Genauer gesagt sind es etwa zwölf Mauersegler, den Schwalben ähnliche Vögel, und um die zehn Breitflügelfledermäuse, sagt der Wobau-Geschäftsführer. Die Breitflügelfledermaus, die als Sommerquartier Fassadenverkleidungen, Regenrinnen und Ähnliches nutzt, fühlt sich in Löbau Ost ganz offensichtlich heimisch. Fledermaus-Experte Arndt Hochrein hingegen hatte damit gerechnet, die Tiere zu finden. Immerhin gibt es allein in Ostsachsen 19 Fledermausarten. Alle stehen unter Naturschutz. Im Plattenbaugebiet ist es nach den aktuellen Erkenntnissen eine Art. Trotzdem bedeutet die Existenz der „Mini-Batmans“ nun nicht das Aus für den geplanten Abriss. Einerseits gehen die Entkernungsarbeiten an den Gebäuden weiter. Die Tiere waren auch nicht in beiden Wohnblocks „eingemietet“, sondern nur in einem der beiden Leerstandsobjekte. Bei diesem soll der Abrissbagger nun ein wenig später anrücken. Wustmann nennt Anfang August als geplanten Zeitraum, wann es losgeht. „Damit kommt es nicht zu einer Verzögerung“, sagt er. Der Landkreis habe dafür bereits „grünes Licht“ gegeben.

Doch was passiert dann mit Fledermaus und Mauersegler? Eine Lösung ist bereits in Vorbereitung. „Wir haben als Ersatzmaßnahme einen Auftrag zum Bau von Fledermausquartieren veranlasst“, erklärt der Wobau-Chef. Die Kästen werden in der nahen Umgebung des bisherigen Standorts aufgestellt. Die Mauersegler dagegen werden beobachtet und könnten bei Bedarf in der Wildtier-Auffangstation des Naturschutztierparks Görlitz unterkommen, bis der Abriss über die Bühne gegangen ist.