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Familie muss Katzen abgeben

In der Flüchtlingswohnung der Estabraqs in Leisnig sind Tiere unerwünscht. Ihre beiden Katzen mussten sie deshalb ins Heim bringen.

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© Dietmar Thomas

Von Heike Heisig

Leisnig/Döbeln. Die Mitarbeiter der Tiernothilfe Leisnig und des vereinseigenen Tierheims sind seit Wochen als Tröster gefragt. „Das kann man sich gar nicht mehr mit anschauen. Am Ende weinen wir alle mit“, sagt Leiterin Rosi Pfumfel. Es geht um Familie Estabraq. Die Iraker leben seit drei Jahren in Deutschland, zuletzt in Freiberg. Dort bekamen sie zwei Katzen geschenkt, an denen besonders das Herz von Mutter Hiba hängt. Aber auch die Kinder Ali (8) und Zahraa (9) würden die Tiere lieben und vermissen, erzählt Dirk Näther.

Seine Familie hat sich mit den Estabraqs angefreundet. Der Kontakt sei durch die Kinder, auch die Näthers haben zwei, zustande gekommen. Inzwischen versucht Dirk Näther zu vermitteln, weil er sieht, dass seine neuen Freunde leiden und sich noch nicht so gut verständigen können.

Nachdem der Mietvertrag in Freiberg ausgelaufen war, musste die vierköpfige Familie nach Leisnig umziehen. Dort organisierte ihnen die landkreiseigene Gesellschaft für Strukturentwicklung und Qualifizierung, die Wohnungen für Flüchtlinge anmietet, eine Unterkunft. Die Katzen waren in der Wohnung aber unerwünscht. Deshalb mussten sie Hiba und Alogaili Estabraq ins Tierheim auf dem Leisniger Eichberg bringen. Mitarbeiterin Silke Pfumfel bescheinigt, dass die Tiere gut gepflegt und geimpft sind, der Kater kastriert. „Das kann nicht jeder deutsche Katzenbesitzer vorweisen“, sagt die Tierschützerin.

Doch das hilft der Flüchtlingsfamilie nicht – obwohl der eigentliche Hausbesitzer nichts gegen eine Tierhaltung einzuwenden hat. Dafür aber der Wohnungsmieter. „Generell ist es in den Unterkünften des Landkreises nicht gestattet, Haustiere unterzubringen“, sagt André Kaiser, Sprecher der Landkreisverwaltung. „Dies ist eine grundsätzliche Haltung und gilt bei allen Einrichtungen, die seitens des Landkreises für die vorübergehende Unterbringung von Asylsuchenden vorgehalten werden.“ Weshalb das in Freiberg anders gewesen sei, darüber könne nur spekuliert werden. Eine neuerliche Ausnahme stellt André Kaiser nicht in Aussicht: „Im Hinblick des Gleichbehandlungsgrundsatzes können wir hier nicht anders entscheiden.“

Das ist keine gute Nachricht für alle Beteiligten – und auch für die Tiere nicht. „Wir sehen, dass die Katzen ziemlich verstört sind“, bescheinigt Silke Pfumfel. Sobald die Familie Estabraq in der Nähe sei, würden sich die Tiere an die Gitter des Katzenhauses schmiegen, in dem sie im Moment leben, und den Kontakt zu ihren bisherigen Bezugspersonen suchen. Könnten die beiden Katzen zu ihnen zurück, bekämen sie auch Hilfe von den Leisniger Tierschützern. „Wir würden über den Vereinstierarzt bei der Sterilisation der Katze behilflich sein“, sagt Silke Pfumfel.

Zurzeit befinden sich die Heimmitarbeiter in der Bredouille. Sie haben die Tiere aufgenommen und müssten sie daher vermitteln. Das jedoch wollen sie Hiba und Alogaili Estabraq und deren Kindern, die in Leisnig in die Grundschule gehen, nicht antun. Sie könnten sich vorstellen, dass dann vor allem die Mutter, die so sehr an den Katzen hänge, in ein tiefes Loch falle und sogar gesundheitlichen Schaden nehme. Daher müssten sie die beiden Katzen eigentlich wie Pensionstiere behandeln und fünf Euro pro Tier und Tag nehmen. „Wir hoffen trotzdem gemeinsam, dass sich alles zum Guten wendet“, sagt Dirk Näther.