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Facebook-Fahndung nach flüchtigem Fahrer

Ein Überholmanöver auf der B 169 nahe Gröditz endet mit einem Unfall. Ein Beteiligter geht im Internet in die Offensive.

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© Screenshot: SZ

Von Eric Weser

Röderaue/Gröditz. Es ist eine Situation, wie man sie als Autofahrer am liebsten nie erleben möchte: Während man überholt, schert ein anderer Wagen vor einem aus. Ein Moment, in dem kaum Optionen bleiben. Kevin Richter hat genau das am Montag erleben müssen.

Der 23-Jährige ist auf der B 169 unterwegs. „Ich bin einer Kolonne hinterhergefahren“, erzählt er. Kurz nach der Geißlitz-Brücke bei Gröditz geht die B 169 in eine lange Gerade über. Kevin Richter startet den Überholvorgang. Plötzlich passiert es: Aus der rechten Spur zieht ein weißer Transporter nach links. Kevin Richter lenkt sein Auto nach links, um die Kollision mit dem Transporter zu vermeiden. Kevin Richter und seine Mutter, die mit im Auto sitzt, krachen im Audi A3 gegen den Bordstein.

Bei dem Unfall bleiben beide unverletzt. Anders das Auto: Frontstoßstange, zwei Felgen, Achsaufhängung, Querlenker – alles ist hinüber. Möglich, dass der sieben Jahre alte Wagen einen Totalschaden hat.

Was Kevin Richter besonders wütend macht: Der weiße Transporter hat nach dem Vorfall nicht angehalten. „Er muss mich aber gesehen haben“, sagt der Pulsener. Statt zu stoppen, habe der Fahrer aber draufgehalten. Auch alle anderen Wagen, die mit auf der Straße unterwegs waren, seien weitergefahren.

Der Ärger über das Geschehen auf der Bundesstraße lässt sich auch aus Zeilen ablesen, die Kevin Richter wenig später bei Facebook gepostet hat. „An die Person mit dem amtlichen Kennzeichen RIE PT 72 die heute 14:50 Uhr Unfallflucht begangen hat, nachdem sie mich beim Überholen ... von der Straße gedrängt hat“, schreibt er. „Sei so nett und melde dich bitte bei der Polizei.“ Weiter heißt es unter anderem: „Die Kosten für Reparatur werde ich mir von dir wiederholen.“

Was Kevin Richter sicher macht, dass er zu seinem Recht kommt: Das Kennzeichen des Unfallgegners haben er und seine Mutter sich gemerkt und der Polizei mitgeteilt. Die hat wegen des Vorfalls ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, sagt Sprecher Marko Laske. Dieses könnte sich allerdings länger hinziehen, als gedacht. Glaubt man dem Polizeisprecher, ist das „in den Sozialen Medien benannte Nummernschild ... laut unserer Systeme nicht vergeben.“ Auch im Kfz-Zulassungsportal des Landkreises, wo Wunschkennzeichen geprüft werden können, wird es als „verfügbar“ angegeben.

Ein Umstand, der Kevin Richter überrascht. „Das kann nicht sein“, sagt er. Polizeisprecher Marko Laske rät ohnehin, Ermittlungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft zu überlassen – und nicht auf eigene Faust über die Sozialen Medien zu ermitteln.

Bei der Staatsanwaltschaft Dresden hält man eine Veröffentlichung von Kennzeichen auch für problematisch. Es sei zum Beispiel denkbar, dass das als Nötigung ausgelegt werden könnte.

Weitere Zeugen gesucht

Für Kevin Richter ist das Ganze eine Gerechtigkeitsfrage. „Wenn man einen Fehler macht, sollte man auch dazu stehen.“ Dem Unfallgegner wolle er die Chance geben, sich freiwillig der Polizei zu stellen.

Auch wenn das Kennzeichen anscheinend gar nicht vergeben ist: Er und seine Mutter seien sich bei den Buchstaben und Zahlen sicher. „Vielleicht ist es ja auch ein abgemeldetes Kennzeichen“, sagt Kevin Richter. „Das würde vielleicht erklären, warum er so schnell abgehauen ist.“ Der Pulsener setzt nun darauf, dass weitere Zeugen helfen. So sei ein Landwirtschaftsfahrzeug vornweg gefahren. Vielleicht könne dessen Fahrer zur Aufklärung beitragen.