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Experten für Infrarot

Die Dresdner Firma InfraTec produziert Wärmebildkameras und Detektoren. Jetzt wurde sie auch zum Bauherrn.

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© René Meinig

Von Bettina Klemm

Das, was für den Laien zunächst wie ein Kasten mit einem Objektiv aussieht, ist eine anspruchsvolle Infrarot-Kamera. ImageIR heißt das Produkt, das in zahlreichen Varianten in den Reinräumen im Technologiezentrum Gostritzer Straße in Dresden produziert wird. Etwa eine Woche dauert es, bis so eine Kamera fertig und bereit für die Kalibrierung ist. Je nach Kundenwunsch kann sie in völlig unterschiedlichen Bereichen von minus 40 bis plus 1 800 Grad Celsius Verwendung finden.

Detektoren für sehr unterschiedliche Einsatzgebiete sind das Metier von Matthias Heinze (oberes Foto rechts).
Detektoren für sehr unterschiedliche Einsatzgebiete sind das Metier von Matthias Heinze (oberes Foto rechts). © René Meinig

Diese Temperatur messenden Kameras werden in der Forschung und Entwicklung ebenso wie in der Industrie zur Überwachung der Produktion, zur Qualitätssicherung und zur Technologieentwicklung eingesetzt, erläutert Matthias Krauß. Der promovierte Ingenieur ist Geschäftsführer der InfraTec GmbH Infrarotsensorik und Messtechnik. „Auch in mehr als 50 Müllverbrennungsanlagen werden unsere Kameras eingesetzt, um Schwelbrände zu verhindern“, sagt er.

Sein Geschäftsführerkollege Matthias Heinze ist in erster Linie für den zweiten Produktionsbereich zuständig. Das sind Detektoren mit ein bis vier Kanälen. Die kleinen Bauelemente mit kreisrunden Köpfchen haben einen Durchmesser von wenigen Millimetern bis etwas über einen Zentimeter. Aber sie sind reine Alleskönner und in zahlreichen elektronischen Maschinen und Anlagen verbaut. In Anästhesiegeräten beispielsweise identifizieren und messen sie die unterschiedlichen Narkosegase und sorgen so für die Sicherheit bei Operationen. In chinesischen Flughäfen, Bahnhöfen und Behördeneinrichtungen werden Wasserkanonen eingesetzt. Diese Löscheinrichtungen sind mit Flammenmeldern verbunden. Brennt es, stellt sich die Kanone automatisch in die richtige Position, um das Feuer zu löschen. In den USA wiederum fliegen Drohnen über Felder und melden den Landwirten, ob der Boden bewässert werden muss. Auch das geschieht dank der Infrarot-Detektoren aus Dresden. Eine halbe Million Stück wurden im vergangenen Jahr gefertigt.

Krauß und Heinze sowie Entwicklungsleiter Norbert Neumann, das ist der dritte Gesellschafter der InfraTec, verbindet die Infrarotstrahlung, auch als Wärmestrahlung bezeichnet. Sie haben an der TU Dresden Elektroniktechnologie studiert. Ihr Doktorvater war Professor Ludwig Walther, der als Begründer der Dresdner Infrarotmesstechnik-Schule gilt. Krauß nennt ihn eine Koryphäe der Infrarottechnologie im damaligen Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe, der östlichen Industrievereinigung. Der 61-Jährige hatte bereits durch seine Großmutter Gertrud die Vorzüge der Selbstständigkeit erlebt. Zu DDR-Zeiten war es ihm aber als Ingenieur verwehrt, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Nun ergriffen Krauß und Heinze 1990 die Chance. Zunächst suchten sie Kooperationspartner im Westen. Doch schnell stellte sich heraus, sie wären wahrscheinlich nur ein Anhängsel großer Firmen geworden. „Wir erhielten den Rat, es selbst zu machen“, sagt Krauß. Eine großzügige Förderung für technologieorientierte Unternehmensgründungen half ihnen. So bildeten sie zunächst ihr Ingenieurbüro Infra-Tech. Es diente der Vorbereitung zur GmbH-Gründung. Am 24. Juni 1991 wurde die InfraTec GmbH Infrarotsensorik und Messtechnik ins Handelsregister eingetragen. „Angefangen haben wir in angemieteten Räumen der TU Dresden. Kurze Zeit später zogen wir in das Technologie-Zentrum Dresden. Wir haben mit kompakten Multicolordetektoren für die Gasanalyse und dem Handel mit Wärmebildkameras begonnen“, schildert der 58-jährige Heinze die Anfangsphase. Trotz Förderung war das Risiko groß, beide hatten bereits Frau und Kinder. Als große Familie sehen sie sich auch jetzt noch. Ihre Ehefrauen arbeiten in der Firma, einer der Söhne ebenso. Die InfraTec hat rund 200 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von knapp 30 Millionen Euro. Sie unterhält in sechs deutschen Städten Büros und hat Firmenstandorte in den USA, Großbritannien und China.

Sieben bis zehn Prozent des Umsatzes werden jährlich in Neuentwicklungen investiert. Zum Jahresbeginn hat InfraTec ihr Firmengebäude vom Technologie-Zentrum gekauft. Nun ist daneben bereits eine große Baufläche zu sehen. Bis Ende 2019 sollen über zehn Millionen Euro für den Neubau und die Ausstattung investiert werden. Die Reinraumfläche wird etwa verdoppelt. Die Mitarbeiterzahlen sollen jedoch nur moderat steigen. „Wir haben volle Auftragsbücher, es boomt im Moment. Aber wir kennen auch die Höhen und Tiefen des Geschäfts. Deshalb setzen wir auf Automatisierung, um in der Produktion sehr flexibel zu bleiben“, erklärt Heinze. Auch wenn sie in der ganzen Welt unterwegs sind, ist es ihnen wichtig, ein verlässliches Dresdner Mittelstandsunternehmen zu bleiben.